Johann Joachim Christoph Bode
Journal Erstveröffentlichung München 1994 (ars una) Einleitung Aus guten Gründen sage ich hier, daß ich dieses Tagebuch, bloß in der Absicht schreibe, um mich der Vorfälle auf dieser Reise, einst bey ruhiger Zeit zu erinnern! Ich gehe nicht aus, um Etwas zu suchen, das meine Hypothese bestätige; sondern, das, was ich sehe, zu bemerken. Sey es, was es wolle! Ich halte keinen Menschen für boßhaft mit überlegtem Vorsatz. Leidenschaften haben sie alle: Fehler die meisten. Ich kann mich im Sehen so gut irren, wie andre. Aber, ich will aufschreiben, was ich geglaubt habe, zu sehen. Mehr kann kein ehrlicher Mann versprechen. von Weimar ab, um 4 1/2 Uhr, das Wetter Kalt und Naß. Aber, daß ich nach einer Art von Sabbath gehe, muß mich das Wetter nicht achten lassen. Alle Reiter auf Böcken, Besenstielen, und dergleichen Steckenpferden sind so gut vorbereitet, dergleichen nicht zu achten, warum denn nicht ich? Ich werde gerade eben so viel auf unserem Concert finden, als sei Nichts! Des Mittags bey Frau von der Lühe. Hernach bey Frau von Buchwald, um sie um eine Addresse an Herrn von Grimm in Paris zu bitten, die sie sehr gratieus versprochen hat. Abends bey Madame von der Lühe.--- Diese Dame ist mit der Elisa, wegen ihrer Schrift gegen Cagliostro nicht zufrieden. Vermuthlich, weil Lavater nicht glorificirt ist! den 2 ten. Gotha. Mittags, bey Frau von der Lühe, mit Mademoiselle von Hendrichs. Kleinen Straus, über Lavater. Nachmittags im Frei Maurer Klubb. Abends mit von dem Bussche bey von der Lühe. Vormittags hatte ich mich beym Prinz August melden lassen. Dieser Herr ließ mir sagen, ich möge um 11 Uhr kommen, da er die Herzoginn von Weymar erwarte; und möge mit das Gouté einnehmen. Ich ging hin. Die Herzoginn kam 1/2 1 Uhr. Ich sprach erst mit dem Prinzen, über Grimm. - Dann, als die Herzoginn gekommen, ließ ich mich ihr bald zum Abschied praesentiren. Sie war sehr heiter, gnädig und selbst spaßhaft. - Darauf schlich ich mich fort, und glaube, wohlgethan zu haben. Je n'avons rien à faire dans cette noble galère! Des Nachmittags bey der Frau von Buchwald, abermals mit Herrn von dem Bussche wo viel gescherzt und gelacht wurde. Die Dame war diesen Tag so außerordentlich polie, daß sie des Morgens bey mir anfragen ließ, wie ich geschlafen habe. C'est deja quelque chose pour un homme d'aller à Paris! Que ne seroit-il en en revenant! Bey dem Prinzen, um die Herzoginn von Weimar zu empfangen, waren von Rechenstein und Madame und Mademoiselle und Monsieur le fils de Franckenberg und Madame. welcher so außerordentlich höflich war, den Brief, den er uns an Grimm mitgeben wollte, selbst nach von der Lühes Hause zu bringen. J'ai vû quelques Dames être mecontentes de ce que le Prince Auguste ne les avoit <pas> invitée pour être à la réception de la Duchesse de Weimar! Femmes et pretres! que vous êtes avides de toute sorte de Distinction! Dem Bruder Henricus Steffanus habe ich aufgetragen, unter Chrysostomi Führung, die Leitung von Astria zu besorgen, und zwar soll Anaxamander fürs Erste nur 3 bis 4 Glieder aufnehmen, ohne sich mit Ceremonien zu versammlen, und Culterbroth soll gar nicht aufgenommen werden. Die Damen von Gotha haben zum Schein spaßhaft sich die neuesten Moden in Kupfer aus Paris ausgebeten. Ich denke, sie nehmen es nicht ungnädig, wenn ich Ernst aus dem Ersuchen mache. den 3ten Von Gotha nach Eisenach. Mein Herr Reisegefärth scheint den Morgenschlaf mehr zu lieben, als den Abendschlaf. Indessen bringt allerdings der vorausgeschickte Jäger den Morgenschlaf einiger maßen wieder ein. In Eisenach beym Herzog Ernst Ludwig von Braunschweig gegessen, Mittags und Abends. Der Herzog Ludwig von Braunschweig scheint Gefallen an meiner fabelhaften Figur zu finden und mag sich wohl freuen, einen, nach seinem Augenmaße noch dickern Bauch, als den seinigen zu finden. Bey Tische waren: der Herzog von Weymar; Prinz Christian von Darmstadt; Landgraf von Bargfred; ein Graf von Moltke, der schon von Paris zurückkam; der Herr von Wangenheim, der schon voriges Jahr mit Graf Marschall dort gewesen; und beyde Herren haben uns sehr liebreich belehrt, was wir dort zu thun und zu lassen haben. Hierbey erinnere ich mich noch, wie meine Schwester mich so gerne den Buchstaben lehrte, den sie eben in der Schule gelernt hatte. Wie süß wirds uns thun, wenn wir erst andre wieder lehren können: wie zu magnetisiren - oder par Di zu sagen! Logis Au Palais royal: hotel d'orléans; rue Richelieu. Mais cher!! Herr von Hardt. Herr von Witzleben, Bechtolsheim, von Hellfeld, von Kleve und Krauss. Bey Tische sagte unter andern der Herzog Ludwig von Braunschweig vous allez apprendre le metier de pêtit maitre. et je repliquai: Je crains Messieurs que de Gros maitre je ne devienne Menu Maitre. ce qui fesait rien au moins. Nachmittags fuhr die übrige Tischgesellschaft und ritt nach der hohen Sonne, und ich besuchte indessen im Streiberschen Hause, woselbst ich auch Madame Garbei, ehemalige Victoria vorfand. Dann ging ich ins Quartier, um an die Frau Gräfin von Bernstorff zu schreiben, welchen Brief Herr Krause mitzunehmen versprach. Ich ward zur Assemblée gebeten, welche diesen Abend beym Herrn von Pheilitsch war. Des Abends sagte mir der Prinz Christian daß er durch Gespräche mit von Bechtolsheim und von Goechhausen in meiner Muthmaßung über Johnson völlig bestärkt worden. Der Herzog von Weimar will ich soll ihm aus Paris schreiben: er will mir einen Brief an eine Pariser Dame schicken. 4 Um 7 Uhr 1/2 aus Eisenach bis Berka ziemlich. Bis Fach 2 Meilen. schlecht. bis Hunefeld 3 Meilen Chaussée. In Buttler fanden wir ein ganz gutes Essen. Fulda 2 Meilen. Abends um 8 Uhr an. Schrieb gleich an Herrn von Bibra. Nicht zu Hause. Kam aber bald selbst. Der 1779r Johannisberger ist sehr schön!! von Bibra kann das Journal nicht in Jena drucken lassen, wegen Mangel des bequemen Transports der Exemplare; da keine Post von Fulda abgeht. Der Bürgermeister Hinkelbein, Wirth im Storch, schertzt. Er nahm 13 Taler 40 Kreuzer Reichstaler für ein fast ungenießbares Souper. 3 Flaschen Wein, Logis und Caffe für 3 Personen. Denn die Bedienten zahlten besonders. Fulda! Herr von Bibra war unzufrieden darüber, daß Elisa gegen Cagliostro herausgetreten wäre. Ich war gegentheils so aufrichtig, ihm zu sagen, daß ich ernstlich dazu gerathen habe. Bibra schenkte mir die Schrift: Einige Originalschriften des Illuminaten Ordens. Wir brachten den Abend sehr vergnügt hin. den 5ten. Um 7 Uhr aus. bis Neuhoff. 1 1/2 Meilen. Bis Schlüchtern 2 Meilen. Bis Saalmünster 2 Meilen. bis dahin schöne Chaussées. Bis Gelnhausen 2 Meilen schäußlicher Weg. Bis Hanau, den schlimmsten den man sich denken kann, bis auf die letzte Meile vor Hanau, wo es wieder gut geht. Hanau In Hanau um 8 Uhr Abends an. Das wäre unmöglich gewesen, ohne einen voraus gesandten Courier. Diesen Abend besuchten den Herrn von Bussche der Herr Hauptmann Schäurer und Lieutenant Richelmann beym Souper. Es ward bis 2 Uhr gepaunscht!! Das war für Reisende etwas Spät!!! den 6ten. Professor Meyer. Curland. Mittags bey Tische, wo auch ein Professor Meyer war, der aus Berlin kam, wo er die Prinzessin des Herzogs von Curland informirt habe, und sich nun in Hanau etabliren wollte, mit war, hörte ich jemand nach dem Hofrath Leuchsenring fragen. Man stritt mir aber den Namen ab, und wollte Leuchler gehört haben, den es in Hanau nicht giebt. Richelmann Nachmittags besuchten Wir Herrn Richelmann und Oberhofrath Kämpf, und fanden, daß heute eben der Tag seiner silbernen Hochzeitsfeyer sey. - Es sind noch immer die liebenswürdigen Freunde für mich; aber von der Idee, den Arzt Kämpf nach Weimar zu ziehen, bin ich zurückgekommen, weil ich ihn nach 3 Jahren sehr geältert finde. Des Abends aßen wir beym Hofrat Richelmann. in Gesellschaft der Demoiselle Herzog. Richelmanns Charakter und Lebensgeschichte haben ziemlich viel Sonderbares. Von de<r> Letztern hier dieses: Er war Officier; ward reducirt; fand hier eine Frau mit Gelde, aber ziemlich viel älter als er selbst. Er nahm eine Auberge; führte sie gut und mit Renommé. Vor 5 Jahren gab er sie auf, und privatisirt seitdem. Nun plagt ihn die Langeweile. Er ist lebhaft und hat fast romanesque Ambition, ist aber ziemlich bar an Kenntnissen für die Einsamkeit. Als Wirth fühlte er diese Leere nicht, und seine Ambition befriedigte er damals mit Equipagen und Jagden. Diese Ressourcen rinnen jezt nicht mehr so stark. Seine Frau sieht er jezt sehr alt werden, und mag vergessen, daß er mit ihr immerfort gelebt hat. Er ist sehr Hypochondrisch - Eine Krankheit, wovon ihn der Tod seiner Frau auf einige Monate heilen würde! Wie sehr ihn der Wunsch occupirt mag daraus erhellen, daß er mir, als einem Fremden, bey der Gelegenheit da seine Frau mit Mademoiselle redete, und Einiges nicht recht hörte, sagte: Mann denkt, wenn den Menschen Gehör und Gefühl schwach werden, so sey ihr Ende nicht mehr weit; aber, fuhr er fort, indem er sehr betrübt auf seine Frau hindeutete, es ist leider! falsch! Er hat einen Staar sprechen gelehrt, und unter andrem ließ er ihn nach Tisch, da er den Vogel zwischen sich und seine Frau stellte, die Worte häufig wiederholen: Mensch! Bedenke, daß du sterben mußt! Er, glaub ich, hält es für Ermahnung. Sie aber für Staarmatzgeschwätz! - Das sind so die Folgen von Ehen aus Interesse zwischen Personen von ungleichem Alter! Diesen Nachmittag sprach ich mit dem Hofgerichts Secretair Herrn Wachs, über die hiesige Loge die sich gerne wieder activ machen will. Die Brüder fürchten die Dependenz von Cassel. Ich habe ihnen gesagt, wie ich glaube, daß sie es nach allem Fug machen können; und ihnen von dem ecclectischen Bunde meine Meinung gesagt. - Wachs. Urne. Ihm habe ich auch den Auftrag gethan, die Urne auf Stockhausens Grab errichten zu lassen. Und da er dazu, als ein ehemaliger Hörer und Freund von Stockhausen sehr willig war, habe ich verabredet, daß ich ihm die Urne addressiren lassen will, und durch seine Vermittlung habe ich der Witwe Stockhausen und mir eine erschütternde Scene des Wiedersehens erspaart. den 7ten. Morgens früh Besuch von Leuchsenring. Wir sprachen viel über Jesuitismus und Lavaterianismus. Leuchsenring kommt von Zürich und denkt nach Berlin zu gehen. Lavater hat Unrecht, sich gegen diesen scharfsichtigen Mann nicht freundschaftlicher und nachgiebiger benommen zu haben; um so mehr, wenn Lavater, wie ich anfange, immer mehr und mehr zu glauben, in seinen ehrgeitzigen Planen Unrecht hat. Da Leuchsenring Willens ist, gegen Lavater zu schreiben und drucken zu lassen: so werde ich hier nichts von unserm Gespräch, oder vielmehr seinen Erzählungen, herzu setzen. Er versichert mich keine rachgierige, sondern bloß gemeinnützige Absichten, bey seinem Vorsatze zu hegen. Ich gestehe mir gern, daß ich den kleinen Unwillen, den ich gegen Leuchsenring hatte, völlig verloren habe. Die scharfsinnigen und scharfsichtigen Beobachtungen dieses Mannes sind höchst interessant. Seine Unterhaltung läßt einen gerne vergessen, daß man Etwas wider ihn hatte! Ich habe bisher zwischen durch das Buch: "einige Originalschriften des Illuminaten Ordens" gelesen. Dieses Buch ist höchst schädlich und gerät zu großes Licht a) über die Neuheit des Instituts. b) Ueber die Absicht des Stifters c) Ueber seinen Charakter. aa) er wollte herrschen. bb) sich eine Schutzwall bauen um zu glänzen und zu trotzen. Es wird schwer halten, nach dieser Publication regelmäßig fortzuarbeiten! Schade! Sonst hätte es eine Reinigung der Hefte thun können; jetzt muß eine gänzliche Umschmelzung vorgenommen werden! Aber, auch das ist vielleicht gut! Wie froh bin ich, daß ich so gearbeitet habe, daß mich kein Vorwurf treffen kann! Niemand in Ionien kann sich beschweren, daß man ihm Geld abgenommen, zur Frohn für den Illuminatenorden arbeiten lassen, oder sonst den geringsten Mißbrauch von seinen physischen oder moralischen Kräften habe nehmen wollen. Uebrigens, welch ein Beyspiel, von den Arten, wie man geheime Verbindungen errichten, und zu was für Zwecken man sie leiten könne. Welch eine Warnung, gegen monarchische Obere in einer geheimen Gesellschaft. Besonders ist es, daß ich den Spartacus längst vorher, fast richtig beurtheilt habe. den 8ten Vormittags Besuch von Leuchsenring. Darüber, wie gestern gesagt. Gelesen des Nachmittags. Die Jesuiten ein Drama. Enthält feine Blicke in den Charakter dieses Ordens und ist fast durchgängig schön dialogirt. Das Ding kann auf Fürsten wirken! Da mir Hanau gar nicht interessant ist: so bin ich gestern und heute nicht aus dem Hause gekommen. Hanau. den 9ten. Da Herr von dem Bussche hier natürlicher Weise, wegen seines vorigen längeren Aufenthaltes, manche Bekanntschaft und manches Geschäft hätte: so ist unser Aufenthalt bis heute ausgedehnt worden! Sein bisheriger Reisegesellschafter, der Herr Hauptmann Krafft ist ein sehr verständiger Mann, der den amerikanischen Krieg mitgemacht, und manche gute und treffliche Bemerkung gemacht hat. Er scheint mir ein besser Sort zu verdienen, als er hat! Er reiset Morgen nach Holland, weil sein Urlaub um ist. Heut klärt sich das Wetter auf, das bisher mehr unangenehm als angenehm war. Ich erfreue mich einer guten Gesundheit. Wir logiren hier im Kalten Bade. Der Wirth heißt: Kleinböhl. Aus dem Meßkatalogo habe ich den nöthigsten Auszug von Büchern, für Göschen, durch Müller machen lassen. Wilhelmsbad Um 3 fuhren wir ab, über Wilhelmsbad. Hier habe ich mit Vergnügen einige Stellen wiedergesehen, wo ich vor 5 Jahren oft mißvergnügt und tiefsinnig ging, stund und saß. Vielleicht sehe ich dies Bad diesen Sommer noch wieder. Francfort den 9ten. Um 6 Uhr kamen wir an! Ich besuchte sogleich bey Brentano's. Madame war nicht zu Hause. - Madame Göthe, diese wird immer jünger, in Kleidung, Sitten und Gesichtsfarbe. Ich habe eine höchst auffallende Aehnlichkeit mit einer gewissen anderen Dame, an ihr bemerkt. Willemer aß noch den Abend mit uns im Rothen Hause. den 10ten. Des Mittags mit einigen Freunden auf dem Zimmer gespeiset. Spat! - Mit Leuchsenring Besuch bey Madame Brentano. von da in die Comoedie. Den schwarzen Mann. Die Gesellschaft ist noch unter Bellomoschen. Inn der Operette: die Schuh, coul de puîe: war eine Mademoiselle Willmann, eine Contre-Altistin, welche sehr artig sang. Nur, daß mir die Wiener Methode noch nicht so ganz einleuchten wollte. Sie verbrämte fast ein wenig zu viel. Ihre Stimme aber ist schön, und einige Figuren macht sie sehr gut. Sie soll erst 19 Jahre seyn. Und so ist es Schade, daß sie niemand um sich hat, der ihr, durch Kunst oder Neid, weiter helfen könnte. Frau von Vrinz, die mich wiedererkannte, lud mich höchst verbindlich ein, mit ihr zu ihrer Mutter nach Diebourg zu fahren. 3 Meilen von Frankfurth. Ich konnte und wollte es nicht ausschlagen. den 11ten. Heute Vormittag besuchte ich endlich Madame Brentano, auf ihre Einladung allein. Herr Leuchsenring gefällt ihr nicht. Ihre Mutter gefällt ihr auch nicht! An dieser letzteren mißfällt ihr am meisten das Reisen. Sie meint, ihr Vater sey von ihrer Mutter nie geliebt worden. u. s. w. Nach Tische, um 2 1/2 Uhr mit Frau von Vrinz nach Dieburg. Um 7 Uhr kamen wir an. Die Frau von Berberich empfing mich überaus freundschaftlich! Man kann nicht leicht mehr Verstand und feineren Witz und Conversation haben, als diese Dame. Sie scheint für die Magnetiseurs zu seyn. Ich war indessen aufrichtig. den 12ten Heute Vormittag über 1000 Dinge gesprochen, alles rapidement. Auf der Promenade, nach Herrn von Großschlags Garten besonders philosophirt. Dieser Garten ist schön, der Simplicität wegen. Herr von Großschlag hat ihn besonders auf die vortrefflichsten Aussichten, die es da herum wirklich giebt, hinaus gearbeitet, und so, sich der ganzen Gegend umher appropriirt. Frau von Berberich hat mir in ihrem Garten proponirt, künftiges Jahr mit ihr nach der Schweiz zu gehen. Ich habe es nicht abgeschlagen. Kurz vor Tische noch spielte und sang Frau von Vrinz. Es ist eine Capellmeisterin; und hat den rohen Geschmack. Wenn diese guten Damen nur nicht die Gewohnheit hätten: einem ins Gesicht zu loben! Um 1 1/2 Uhr über Allerheiligen, bey Darmstadt vorbey, bis Groß Gehre. 6 Stunden. Station. nach Mainz 4 Stunden. bey Costheim über den Mayn in einer Prahme. Oder, wie man hier sagt. in einer Näe. Um 8 1/2 Uhr in Maynz, wo ich Herrn von Bussche vorfand. den 13ten. Den Morgen fast ganz mit Rullfs verplaudert oder vielmehr, mir von ihm vorplaudern lassen. An diesem Manne sehe ich ein auffallendes Beyspiel 1) vom Glück. Es wollte ihm als Tobacksfabrikant weder in Bremen noch in Eimbeck glücken. Ein Zufall läßt ihn über das Armenwesen nachdenken, und eine kleine Abhandlung herausgeben. Dieß verschafft ihm einen Ruf nach Frankfurth. Hierher ging er 1784 am Ende des Jahres; konnte nicht zum Zwecke kommen, wie jeder Sach- und Menschenkenner voraussehen konnte. Der Churfürst läßt ihn nach Maynz kommen. Und seit einem Jahre hat Rullfs eine glänzende Carriere gemacht. Man sieht in Maynz keinen Bettler mehr. Rullfs hat in dieser Rücksicht Wunder gethan; und hat, bey dem Vertrauen des Fürsten, einen Gehalt von 1800 Talern nebst freyer Wohnung, Holz, Licht, Equipage und Monture; über dem möchte er bald Hofkammerrath werden und 1200 Taler Zulage erhalten. Seine Aussichten sind von dieser Seite vortreflich; zumal er vom Coadjutor alles Gute hoffen darf. 2) Von Fähigkeiten, die oft lange im Menschen schlafen liegen können. Rullfs hat sich mit seinem 46ten Jahre in ein Fach geworfen, wozu man keine Anlage bey ihm vermuthet hätte. und er leistet darin viel. Er hat sogar seinen Ausdruck im lebendigen Gespräch merklich verfeinert. 3) Von der fatalen Wahrheit, daß viel Lob den Menschen berauscht, wie Wein! Aber 4tens) auch von der Consolanten Wahrheit, daß jeder gesunde Mensch seinen Unterhalt verdienen kann, wenn der Staat <für> allerley Arbeit, die auch alte und schwache Menschen verrichten können sorget. Rullfs hat schon verschiedene Fabriken im Gange. Ich will für mein Gedächtniß nur einige Züge hersetzen. Die kleinsten Kinder von über 5 Jahren, arbeiten, lernen, und haben Spielstunden. Es ist ein Philanthropin ohne Posaunen. Die Züchtlinge stehen jetzt schon bey Mondenschein auf, um Wolle zu spinnen weil ihnen, was sie über 9 Pfund die Woche spinnen, bezahlt wird, und sie über die Hälfte dieses Ueberschusses behalten dürfen. Den schaamhaften Armen, wie man diese Leute nennt, gibt RullfsNichts, wenn sie nicht arbeiten; er läßt sie Börsen stricken, filetiren und dergleichen wozu er ihnen die Materialien reichet. Die Protestanten werden in Maynz ein Bethaus erhalten. Ich habe Rullfs gerathen, nicht zu große Toleranz zu verlangen; weil die Reciprocität fürs Erste den Protestanten nachtheiliger werden kann und muß, als den Chatoliken. --- Ich besuchte mit Rullfs die Favorite. Der Garten bedeutet nichts. Aber die Lage, von der man fast ein Paradies übersieht, ist vortrefflich. Sonderbar ist es daß in diesem Garten, der 20 Fuß vom Rhein liegt, gerade da, wo der Mayn hinein fällt, eine Terassenkunst angebracht ist. Da scheint mir die Kunst zu kindisch! Von Stadion traf ich auf der Gasse. Er wollte mich überreden, den Coadjutor zu besuchen; Er, Stadion sey auch den ganzen Nachmittag zu Hause. Ich ging des Nachmittags zu von Eberstein und Stadion, beyde waren nicht zu Hause. Da ich den Herrn von Dobernick und Kraft spatzirend antraf: so gingen wir zu Sitz. und tranken eine Flasche Wein. 1783r. Hochheimer ist sehr schön. So war ich also in Maynz, ohne jemand zu sprechen als Rullfs. Denn der Coadjutor soll nie von mir glauben, daß ich meinetwegen ihm seine Erhebung zur Churwürde gewünscht habe! Frankfurth. den 14ten Heute Morgen sind wir um 9 1/2 Uhr von Maynz gefahren, und kamen um 1 Uhr in Frankfurt an; Also 4 Meilen in 3 1/2 Stunden. Hauptmann Kraft ist Heute früh mit von Dobernick auf dem Rhein hinunter nach Holland gegangen. Ich bin heute nicht weiter gewesen, als in der Comödie. Die Nebenbuler, wo Bissler und seine Frau debutirten. Sie haben sehr gefallen; und wirklich spielte die Frau eine affektirte Alte, sehr brav. Er den Ackerland minder gedacht, aber immer noch gut, und besonders bey dieser Gesellschaft, hervorstechend. Denn die Weiber taugen eigentlich nichts; und Acteurs? Unzelmann macht den Parten im schwarzen Manne und farcirt ihn, zum allgemeinen Vergnügen der hiesigen Kenner. Herr Hegmann spielte heute den alten Abslat richtig und gut. Nur war er anfangs zu phlegmatisch und annoncirte sich nicht. Mir kommt es vor, als ob er alles von der Rolle leihet und ihr nichts wieder giebt. wo ihn die Rolle in Gang setzt, gehts gut. Schweigt aber die: so schweigt auch der ganze Mann, und weiß nicht mehr wer? und wo er ist. den 15ten. Wann wir von hier ziehen werden! Briefe an: Madame la Comtesse. Nota. Herr von Lengefeldt Journal. v. Linston Capitain d'Orville. Negotiant. Schmauser Cöllnischer Agent. von Kessel Hauptmann. Des Mittags bey Herrn Brentano. Hernach nach Offenbach gefahren, mit Madame Brentano, und Franz la Roche. Von Madame la Roche gar freundschaftlich empfangen. Sie ist mit Madame Hastings in Correspondenz. La Roche hält die Hastings für eine gar vortrefliche Frau. Die Erste hat von Herrn von Gemmingen Addressen an die Letzte nach London gehabt, und die Hastings hat der La Roche ihre Lebens und Liebes auch Ehegeschichte sehr aufrichtig, präcis und in sehr angenehmen Style, auf einer Promenade erzählt, wobey sie selbst und Hastings gar Nichts, Herr vonImhoff aber desto mehr verloren hat. Madame Hastings hat gesagt, sie könne nicht begreifen, was die Leute in England von ihnen wollten da sie doch viel ärmer aus Indien zurückgekommen wären, als Andre vor ihnen; indem sie nur etwa 6000 Pfund Sterling Revenüen hätten. Auf die Frage der La Roche hat sie eingeräumt, daß sie mehr Juwelen besäße als irgend eine Dame in England, die Königin ausgenommen, und daß der Werth dieser Juwelen etwa eben so viel betragen möchte, als ihr übriges Capital. Diese Juwelen habe sie in die Bank gegeben, und diese möchten wohl den Neid der Nation erregt haben. Kürzlich hat sie noch geschrieben, Hastings würde nächstens gerechtfertigt werden, und über seine Feinde herrschen. Cagliostros wird zwar jetzt, nachdem Madame La Roche ihn in London persönlich kennen gelernt, und als sie bey ihm gespeiset, die gröbsten Dinge aus seinem Mund gehört hat (zum Exempel die Urincur) für einen schlechten Kerl gehalten; aber - wichtige Medicinische Arcana, meint sie - müsse er doch besitzen! Ich habe Sarrasins Brief aus Basel gesehn, worin er sagt, daß er Gott für die Wohlthat danke, daß Cagliostro nach der Schweiz gekommen, daß er, Sarrasinn, ihm ein bequemes Landguth bey Biel gekauft, woselbst er ruhig und in Frieden leben könne. Er habe ihm vom Magistrat die Erlaubniß ausgewirkt, daß er frei und in Frieden die Arzneikunst zum Besten des Vaterlandes treiben könne. Und glaube er, daß Gott dieses Vaterland durch Cagliostro sehr glücklich machen werde. Was ich von diesem Sarasin denken soll! weiß ich noch nicht. In Offenbach hält sich jetzt ein Mann auf der sonderbaren Aufwand macht, und durch seine pralerische Pracht, viel Aufsehen erregt. Er läßt durchscheinen, daß er der Türk, oder Jude Fränkel sey, der eine Zeitlang in Wien und Brün eben auch so gelebt hat; hier nennt er sich Frank. Spricht von lauter großen Summen; hat eine Tochter bey sich, die aber nie mit ihm isset! Indessen, hat er schon Manches von seinem großen Train abgeschaft. Und ich bin gewiß, er faßt noch einen oder den andern Banquier an die Nase, wo er nicht dem à Ceraso auf den Haspel passen soll. A Ceraso ist jetzt nicht hier, sondern in Stuttgard, wo er auf des Herzogs Jubiläum eine große Fète geben will. Diese Alchimisten und Magnetisten und Orientalisten, haben gewiß ihre Rollen zu einem und demselben Drama zu spielen. Wer nur die Auflösung des Knotens erleben könnte! den 16ten. Vormittags, Besuch von Willmer. Dieser hat mir einen Creditbrief auf 2000 Livres auf Paris gegeben, von dem ich keinen Gebrauch zu machen gedenke. Nachmittags Clubb. Wie die Brüder Kalt und steif sind! 17. Vormittags Besuch vom guten, lieben Jung, aus Homburg. Mittags, mit Jung bey Hetzler. Nachmittags zu Hause; mit Jung. 18. Briefe an: Nagant Charlotte Voight. In Wilhelmsbad, mit einer Gesellschaft hingefahren. Da waren: 1) General von Lengefeld. 2) Obristlieutenant - 3) Capitain. von Kessel 4) ---- von Linston ---- Potateus. 1789er. NB. replique des Königs. 5) Rittmeister von Hutten. Kayserlich. 6) Chevalier de la Motte. 7) Hofcammerrath Koch. 8) Professor Morgenthal. Obstreticus. 9) Willich #. Dieser hat eine Erbin aus Frankfurth, ohne Wissen der Aeltern geheyrathet. Um jemand zu finden, der ihn copulirte, reisete er bis Halle. Dr. Barth, der ihm als ein guter Rathgeber in diesem Geschäft empfohlen worden, wußte es, wie Herr von Willich umständlicher erzählt, so zu karten; daß er ihm 130 Pistolen abnahm. - Das Projekt der Prellerey war so eingefadelt, daß Barth dem Herrn Willich Briefe aus Frankfurth vorzeigte, daß man ihn verfolge, und ihn also in preussischen Händen wissen mache. Doch nahm er endlich die Mühe über sich, ein Kabinetsordre zu erwirken (den er, wie man sagt, selbst schmiedete) und dadurch gegen vor besagte Summe, die Trauung beforderte. O des Mannes, der so schön über die Moral schreibt! Mit Herrn General von Lengefeld über Rudolstadt gesprochen. den 19ten. Heute Morgen ließ sich der Herr von Gemmingen aus Wien bey mir melden. Er kam bald darauf selbst; und wir haben viel über Frei Maurerey und Illuminatismus gesprochen. - Nach Tische wieder bis Abends. Ich bin mit seinen geäußerten Gesinnungen sehr zufrieden. den 20ten Noch hier!! Des Vormittags Herr von Gemmingen bey mir mit von dem Bussche gekannegiessert. Nachmittags nach Offenbach, zur La Roche. Darauf nach dem Forsthause. Die Frau von La Roche bewieß heute einen Zug der Geistes Coquetterie zwischen Gemmingen und mir. Denn mich hatte sie, und Gemmingen wollte sie anziehen. Ich sagte ihr aber meine Meynung über dergleichen Behandlung unter dem Namen der Genlis, deren Kopfe sie zum besehen hohlte. Madame La Roche fühlte es, und nahm mich, um mich zu trösten, allein in ihr ordentliches Zimmer!! Ach du lieber gerader schlichter Menschenverstand, und ungekünsteltes Herz!!! Den Buchhändler Garve fand ich dort, der so ganz vertraulich bekannt that, als hätten wir schon 2 Metzen Salz miteinander gegessen! den 21. Mit Herrn von Kessel, von Linston. Willich, von Hirschen, von Gemmingen, und von dem Bussche zum Scheiben Schiessen nach dem Forsthofe. Ehe ich mit von Gemmingen abfuhr, kam der jüngste Sohn der La Roche, Franz, zu mir, den ich mit von Gemmingen bekannt machte. Dieser Franz von La Roche ist jetzt im 19ten Jahre; schön gewachsen und von sehr anziehender Phisiognomie. Er weiß Sprachen, Geschichte, und sagt selbst, daß er die sogenannten Excercitien mit Nutzen getrieben hat. An gründlichen Wissenschaften mags ihm wohl fehlen; auch Latein soll er gar nicht gut wissen. er hat eine Officierstelle unter den fränkischen Kraistruppen und der Prinz Max hat ihm die erste Vacante Stelle unter seinem Regiment in französischen Diensten zugesagt. Franz sieht aber dort einer sehr langsamen Beforderung entgegen, müßte wohl 12 à 20 Jahre jährlich 20 Louis d'or zu zu setzen haben, wenn es ihm fehlt, und ist auch wirklich als Officier nicht an seinem rechten Platze. Ich habe es ihm einleuchtend zu machen gesucht, daß das Cabinet eine bessre Sphäre für ihn sey; und ihm, und seiner Schwester Brentano gesagt, was etwa dabey zu thun sey. Und Otto von Gemmingen von Gemmingen. (dessen Adresse Hoffenheim bey Heidelberg ist) will auch für ihn sich umsehen; denn Bekanntschaften von der Art hat Otto von Gemmingen gewiß. Dem von La Roche gab ich 60 alte Louis d'or um solche bey seinem Schwager gegen 50 Stück Neue umsetzen zu lassen. Von Gemmingen trieb seine Freundschaft gegen mich heute so weit, daß, als er merkte, daß ich mit dem verzögerten Aufenthalte hier nicht sonderlich zufrieden sey, er sich merken ließ, er wolle gerne Statt des Herrn von dem Bussche mit mir dahin gehen, wo ich die Reisegeschäfte habe. Ein gutgemeintes Erbieten, das ich aber, aus guten Ursachen, auf keinen Fall, und auf keine Bedingungen angenommen haben möchte. Denn recht ernstlich kan der Mann wohl nicht mein Freund seyn, da ich nach meiner Treuherzigkeit, mich ziemlich nachdrücklich gegen die Apostaten erklärt, und nachher erfahren habe, daß er in Wien zur römischen Kirche getreten, und ihn der Kayser, dieses Umstandes wegen aus der Liste der Zubefördernden ausgestrichen habe. Francfurth den 22. Noch hier, ohne zu wissen, wann Wir abreisen werden!!! Wenigstens giebt mir diese Reise Gelegenheit, einige theoretische Sätze aus der Moral, sehr lebhaft zu empfinden. Dergleichen als: 1) Lehrt die Menschen von Kindesbeinen an aufs pünktlichste auch in anscheinenden Kleinigkeiten Wort halten! Durch Leichtsinn über diesen Punkt, wird mehr Unheil und Verdruß gestiftet, als man glaubt. 2) Lehrt sie, sich, wo nur möglich independent zu erhalten! Und wenn sie ja, zur Erringung größerer Zierde, als sie nach ihren einzelnen Kräften erreichen könnten, Verbindungen eingehen: so laßt sie ja nicht herrschen wollen noch sich unter Uebermacht, von was für Art sie auch sey, begeben; sie können sonst auch noch ihr eignes Maaß von Kräften, nach dem Willen oder dem Caprice des Stärkern, vergeblich besitzen, oder anwenden müssen. Was kann ich zum Exempel hier thun? Nichts! Und doch ist Herr von dem Bussche gewiß ein guter, und in manchem Betracht, der Eine Beste unter 99. gewöhnlichen Menschen. Der einzige Fehler aus Hang zur Bequemlichkeit, und aus mißverstandenem Begriffe des Wortes Freyheit leichtsinnig übers Worthalten zu seyn, raubt mir meine Existenz auf Wochen, vielleicht auf Monathe! Ich hoffe zwar, daß die Vorsehung alle Begebenheiten lenkt; aber, giebt uns das ein Recht, unsre eigne, oder andrer Menschen Zeit zu tödten. Und, wie viel ist nicht ein einziger Tag in den Jahren meines Lebens werth? Seine wirklich großmüthige Behandlung erkenne ich übrigens mit Dank. Aber höchst wahrscheinlich versäume ich in Paris Handlungen, deren Folgen keine Summen ersetzen können!! Ich habe heute nicht nach Weimar schreiben mögen; aus Schaam noch von hier zu datiren. Des Nachmittags sind Wir, Herr von Kessel, Herr von Bussche und ich nach Höchstädt gefahren, und haben dort einen Mayn Karpfen gegessen. Der Abend war schön! Herr von Kessel gefällt mir als ein sehr braver, gesetzter Officier. Und Herr von Bussche zeigt mir von Tage zu Tage mehr Kenntnisse, als ich in ihm vermuthet hätte! Und das alles ohne die geringste Prätension. Was sind hier die andern Officiere gegen ihn? Es ist mir eine, wenigstens ungewöhnliche Erscheinung, in einem Manne, so viel Thätigkeitstrieb, mit so viel Bequemlichkeit verbunden zu sehen. Der Mann kann gewiß alles leisten, wenn ihn Ehre treibt. Aber, er wird wenig thun, ohne dieses Motif, denn für andere Motive ist er zu reich! den 23. Gestern Abend um 10 1/2 Uhr langte noch ein Wagen mit fremden Damen an; und heute Morgen erfahre ich, daß es die Mutter des Herrn von dem Busche, die Frau Generalinn von Wangenheim und ihres Fräulein Tochter sey, welche auf dem Wege begriffen ist, nach der Schweitz zur Herzoginn von Gotha zu gehen. Wer des Geldes genug hat, und müßig gehen will, sollte in großen Wirthshäusern wohnen. Sie haben das Angenehme, daß man häufig fremde Bekannte ankommen sieht, die man in weiter Entfernung von sich glaubte. Hier in Frankfurth besonders, wo die Hehrstraßen, nach Frankreich, Italien, der Schweitz, der Niederlande, und um diese Zeit, nach den Bädern durch geht. Daß die Badezeit nahe sey, sieht man schon an dem Zuge der Spieler. Dinèr bey der Frau Generalinn von Wangenheim. Monsieur de Zach ist, sehe ich, bekannter, als ich es vermuthet hätte. Madame de Wangenheim nannte ihn höchst komischer Weise, Monsieur le major d' Astronomie. Drey solcher Namen, können einem Manne einen solchen Schnurrbarth machen, daß ihm die Kinder auf den Gassen nachschreyen müssen, und rufen: Hannswurst!! Abends wieder bey der Frau Generalinn von Wangenheim. den 24ten. Diese Tage habe ich zwischendurch gelesen: Materialien für Frei Maurer.Gewäsch! Vollendeter Aufschluß des Jesuitismuß. Ganz artiges Persiflage eines Ungeweiheten. Wieder gelesen: Vorläufige Darstellung des heutigen Jesuitismus, der Rosenkreuzerey u.s.w. St. Joachims Orden Die Frankfurter N.R.O. Postamts Zeitung vom 21. May Numero. 81. hat einen Artikel unter Grünstadt, den 18. May, daß Ecker von Eckhofen den regierenden Grafen von Leiningen Westerburg zum Großmeister des St. Joachims Ordens installirt habe. -- Niemand an der Table d'hôte kannte den St. Joachims-Orden. Weil aber der Herr Hans Carl Ecker von Eckhofen Canzler dieses Ordens genannt wird, und dieser Hans Carl Ecker von Eckhofen Canzler von dem Orden der Göttlichen Fürsehung war, und man nicht wohl von zweien Ordens zugleich Canzler ist: so glaube ich nicht zu irren, wenn ich diesen St. JoachimsOrden für einerley mit dem Ordre de la Providence halte, der Anfangs sub auspiciis des Prinzen von Sachsen Coburg in Prag, unter dem Namen David und Jonathan gestiftet worden. Die Verwandlung des Namens kann nicht bloß zufällig seyn: so wenig als die zwey Punkte in der EidesFormel der Rosenkreuzer wörtlich einerley durch Zufall seyn können. Dieses billig vorausgesetzt, so muß einem der 5te Punkt des 17ten Kapitels in den Monita secreta sehr auffallen. Vide Vorläufige Darstellung, Anfang. Seite 140. O ihr Protestanten! wollt ihr mir auf die Rückweise (wie Claudius das Renvois übersetzt) merken! Der Abt Joachim hat, oder soll geweissagt haben, der Orden der Jesuiten sey durch besondre Vorsehung Gottes gestiftet, um der Kirche von den Unterdrückungen der Ketzer wiederaufzuhelfen. Dieser Orden der göttlichen Vorsehung ist also ein Orden nach der Weissagung des heiligen Joachims. Gott führe mich gesund zurück, damit ich über diesen Punkt, das Nöthige aufsuchen, und in ein helleres Licht setzen könne! Mittags bey der Frau Generalinn von Wangenheim - Sie kennt die Diedens recht gut. Züge aus dem Noviciat.- Im Noviciat der Strikten Observanz zündete der Haus-Prokurator die Lichter an, mit den Worten: das thue ich zum Gedächtniß derer, die da waren und nicht mehr sind; und die nun wieder sind. In der vorläufigen Darstellung, pag. 118, wird die Stelle Apocalypse. XVII. IX 8. auf die Jesuiten angewendet: und also passen die oben angeführten Worte, sehr gut zu einer Maske. Mir fällt hierbey auch ein, daß der Noviz befragt ward, ob er auch bereits einen andern Orden auf sich habe? Ein hübsches Symbol auf den Umstand, daß die Jesuiten auch niemand aufnahmen der bereits in einem Mönchsorden gewesen war. den 25ten. Heute Morgen um 9 ist die Frau Generalin von Wangenheim weiter gereiset! an Schlosser geschrieben. Madame de Bernstorff. Briefe an: Schlosser in Emmendingen, um die Frei Maurer Schrift: Deduction vom 12/1 May 1781. geschrieben, daß er solche nach Straßburg an Türckheim schicken soll. An die Frau Gräfin von Bernstorff. Mittags und Abends in Bockenheim zugebracht. Lieber Gott! Das ist ein Leben, wie die Bibel von den Menschen vor der Sündfluth erzählt. Und so gehen die Tage hin, und lassen keine Spur des Nutzens nach ! Nur Reue. Des Abends sprach ich in Gegenwart des Hauptmann von Kessel über unser Zaudern, und er drückte mein Gefühl der Ungeduld und des Unwillens ziemlich lebhaft aus - aber - was hat es geholfen? Ich habe die Nacht mit Ueberlegungen hingebracht: kann aber zu keinem Entschlusse kommen, der mir Genügen thäte! den 26. Hätte ich mich nicht bereden lassen, meinen Koffer voraus, nach Paris zu schicken, ich ginge allein, ohne mich länger aufzuhalten, nach Straßburg, vielleicht bis Basel. Ließe Paris Paris seyn, (wie ich meine Börse nicht dahin habe einrichten sollen) wäre am Ende Juny wieder in Brückenau und Ende July in Weimar. Heute Nachmittag Taroc gespielt, und habe bloß, um die Langeweile zu vertreiben, nur durch ein Spiel, das ich nicht liebe, und durch schlechte Karten, noch größere Langeweile gemacht, und den Spaß mit 2 Louis d'or bezahlt. - Man thue immer erst einmal das, was man mit Vernunft nicht will. Es wird mehr Folgen gegen unseren vernünftigen Willen haben, als Wir glauben. Abends nicht soupirt (wie ich hinfüro beständig es so halten werde), und habe besser geschlafen, als die letzte Zeit her. den 27ten Heute Morgen sagt mir endlich Herr von dem Bussche, daß Wir Uebermorgen abreisen wollen. Ich hoffe, es halte Wort, sonst muß ich mich über das qu'en dirait-on wegsetzen und einen andern Plan machen. Denn ich könnte die Schaam nicht aushalten, der Kostgänger eines Reichen zu seyn, um Nichts zu thun. Lieber wollte ich ein Paar Monathe für hiesige Buchhandlung arbeiten, und mich bezahlen lassen! Diese Zeit her gelesen: Materialien für Maurer. Eine andächtelnde, frömmelnde Rhapsodie! Worin der Frei Maurerei Dinge aufgebürdet werden, die sie seit langer Zeit nicht mehr beschuldigt werden kann. Hat sich der Verfasser selbst verstanden: so ist er ein Betrüger: ich hoffe aber, weil er doch der Vernunft noch einiges Recht läßt, er sey nur ein armer Thor, den ein Buchhändler gekauft hat, Ware für den Markt zu liefern. Magazin zur Geschichte der Jesuiten. Eine wahre Folterkammer! Worin das Gute, was mit dem Plunder zugleich hinein geworfen wird, verschimmeln und verderben muß. Entweder Schlegel selbst, oder Robeirius und der Augustiner sind hier die Lombardsverwalter! --- St. Foix Essay sur Paris, ist, wenigstens im Ersten Bande, für einen Fremden kein interessanter Cicerone! -- Wäre ich doch erst Einmal nur in Straßburg: um Briefe zu finden! Lavater Ich will hier eine kleine Anecdote über Lavater hersetzen, die mir Madame de Wangenheim erzählt hat. Voriges Jahr, da ich Lavater nach Gotha gebracht, und ich mich des andern Morgens, nach dem Dejeuné, aus Friedrichsthal weggeschlichen hatte, war die übrige Gesellschaft aufs Schloß gefahren, um Gemälde, Bibliothek und Medaillen zu besehen. Lavater sieht das Fräulein von Wangenheim ein Augenglas brauchen; so gleich sagt er ihrer Mutter: er habe eine Bitte an sie wegen ihrer Fräulein Tochter, die sie ihm nicht abschlagen möchte. Nach der für einen so frommen Mann gebührlichen Antwort, läuft die Bitte darauf hinaus, daß er seine Lorgnette mit dem Oculargläschen vertauscht, und sich dabey ausbittet, die Lorgnette ja beständig als Lavaterisches Andenken zu gebrauchen, und bey sich zu führen. O vanitatum Vanitas! Francfort. May 1787. den 28ten. Menninger. Heute Morgen bin ich um 10 Uhr in die Domkirche gegangen, um einen berühmten chatolischen Prediger zu hören, Namens Menninger. Der Mann hat großen Beyfall unter den Protestanten. Und wahr ist es, daß er die Redner Künste ganz gut anzuwenden weiß; vor allem aber die Figur der Amplification gerne und häufig anbringt. Der Mann muß seine eigenen Absichten bey seinen Predigten haben! Und auch seine Superioren müssen seine Art zu predigen, aus besonderen Ursachen dulden, denn, so sorgfältig ich darauf geachtet, so habe ich doch keine Silbe gehört, die man nur von Ferne auf eine Unterscheidungslehre der römischen Kirche hätte ziehen können. Ja, ich kenne orthodoxe Lutheraner, die ihn für einen Ketzer erklären würden. Er sagte zum Exempel gerade heraus: Eine jede Wirkung von Kräften in der physischen, oder wie ers ausdrückte, lebendigen oder moralischen Welt, sey nicht weniger ein Wunder, als die besondern Erscheinungen in beyden, die wir mit diesem Namen zu benennen pflegten. -- Gleich nach Endigung des Liedes, laß er mit unbedecktem Haupte, das Evangelium! Also hat Gott die Welt geliebt u.s.w. ab. Setzte dann seine Lehrkrone auf, fing mit dem Spruch an, 1 Luc 12, IX. 4-7. Es sind mancherley Kooben, aber --- und 4-6. ward im ersten und v. 7 ward im 2ten Theil variirt. Neue, frappante, oder tief eindringende Gedanken habe ich nicht bey ihm gefunden; aber auch nichts falsches. Eine geplättete Oeconomy of human morals! Bey alledem, sagt mir Madame Brentano, daß er nächstens werde eine Predigt für den Magnetismum drucken lassen. - Geschiehet dies, so maskirt der Mann gewiß aus andern Ursachen, als wahrer Verträglichkeit mit den Protestanten, den chatolischen Bocksbarth. Für den Magnetismum sind hier die ersten Agenten, a) der Probst Dumeix, und ein gewisser Dinar, welcher der eigentliche Hierophant seyn soll. Dumeix, ein Exjesuit, ist ein verschmitzter Kopf, und feiner Wollüstling. Madame Brentano preiset den Mann und seine Tugenden zwar nicht überhaupt, aber doch seine große Mildthätigkeit an den Armen. Und das kann mit dem Uebrigen recht gut bestehen. Der Magnetismus ist eine noch fürchterlichere Erfindung gegen die gesunde Vernunft, als das griechische Feuer gegen die Schiffe. Wofern die Protestanten nicht alles Ernstes und mit aller Klugheit dagegen arbeiten, so haben wir den absurden Wunder- Herzen- Gespenster- Heiligen- und Hierarchieglauben wieder in der Welt, und wer kann sagen, wie weit uns das wieder zurückwerfen würde? Mittags bey Brentanos. Nach Tische abgeredet, daß ich a) für Franz La Roche in Paris zu wirken suchen will, und hierüber mit Madame Brentano zu correspondieren. b) Ueber die Erbschaftssache des Brentano in Hamburg forschen will. Brentanos Erbschafts Sache. Dazu habe ich mir ausgebeten, den Stammbaum. Das Parrere aus Dresden, und den Namen des Advocaten, den der italienische Bruder in Hamburg befragt hat. Ich habe Hüftel vorgeschlagen. Der Notarius, der von 80 bis 83 unter Schwarz gearbeitet hat, wird wissen, ob ein Testament da ist, oder nicht. Auch der Hamburgische Brentano hat von seinem Bruder per Testament geerbt; und das Testament wird verheimlicht. Wäre es für die angemaaßten Erben, warum sollten sie es nicht zeigen! Warum geben sie keine Abschrift von dem Testament des Residenten? Lauter Anschein von Schlichen. Nachmittags machte mir Herr von dem Bussche den Spaaß zu Brentano zu schicken, und sagen zu lassen, er habe abreisen wollen, durch mein Aussenbleiben aber, sey er vermocht, die Pferde wieder weg zu schicken. Ich merkte zwar leicht den Spaß; aber er that mir doch, besonders nach meinen öfteren Aeußerungen weh; und diesen Unmuth konnte ich nicht ganz bergen: sondern sagte dem Herrn Hauptmann von Kessel bey Seite, daß ich nunmehr mich zu einem andern Reiseplan entschliesen müßte. - War es die Folge dieser Aeußerung, oder aus freiwilliger Bewegung! Genug, Herr von dem Bussche kam bald hernach mit Herrn von Kessel auf mein Zimmer, um zu bedauern und als Herr von Kessel sich entfernte, sagte mir Herr von dem Bussche er gäbe mir seine Parole d'honneur, daß Wir den Donnerstag nach Darmstadt gehen würden. Weil er mir zur Ursach dieses Aufenthalts anführt, gegen dem werde der Erbprinz wieder in Darmstadt seyn, und daß er mit dem die Dinge zu verhandeln hat, die ich weiß, wichtig für von Bussche zu seyn, so konnte ich nicht anders, als von ganzem Herzen einwilligen. Auch hat mir Herr von dem Bussche fest versprochen, sich an den übrigen Orten unter Wegs nicht weiter aufzuhalten. Auf ein Papier, von der Farbe dieses Protokolls, worauf ich bey der Gelegenheit, da Herr von Bussche sagt, er könne allerley Hände nach mahlen, meinen Namen J. J. C. Bode, schrieb, fast auf die Mitte des Blattes, schrieb Herr von dem Bussche einige Zeilen, die er mir nicht zeigen wollte. Der Innhalt dieser Zeilen sey aber welcher er wolle: so merke ich hier der Wahrheit gemäß an, daß ich ihn nicht weiß. Auch spaßte ich mit dem Herrn von Kessel, Herrn von Schmauss und dem Chevalier de la Motte darüber, daß es ein Cas perdable sey, auf andrer Leute Rechnung Papier zu forgiren! Hernach gingen wir, Herr von Kessel. Herr von dem Bussche und ich um die Stadt spatziren, und ich war sehr heiter, zu wissen, daß Herr von dem Bussche wenigstens eine gegründete Ursach zu seiner Zögerung habe. Denn bloßer Leichtsinn hätte mich sehr niedergeschlagen machen müssen. den 29ten. Das Wetter ist seit etwa 6 Tagen rechtnigt und kalt und windig! Mittags zu Hause. Nachmittags war Madame de la Roche in der Stadt, die ich auf einige Augenblicke sprach. Dann nach dem Forsthause fuhr. Des Abends war wieder die Frau von Cronenfels mit Gesellschaft bey Tische, und ich munter! Die Frau von Cronfels ist aus Westphalen gebürtig. Hat einen bayerischen Geheimen Rath geheyrathet, und hat sich von ihm geschieden, und dadurch glaub' ich, doch Einen Menschen auf der Welt glücklich gemacht. Heute lernte ich auch ein Ehepaar, das schon seit acht und mehr Tagen neben mir an logirt etwas näher kennen. Herrn Major von Schlegel und Madame. Des Abends noch spät überrascht mich Leuchsenring. den 30ten. Vogelschießen auf dem Forsthause unter der Gesellschaft der Herrn Officiere. Nachmittags kamen Herr und Frau von Schlegel denen Leuchsenring und ich Gesellschaft machten. Eine witzige und lebhafte Frau. - Ein verlachter aber auch verlorener Tag! den 31ten Heute ist dann der Tag zur Abreise! - Nachdem ich heute Vormittag alles fertig gemacht und mich zur Reise angezogen habe, auch nicht anders vermuthen kann, als, wir werden nach Tische abreisen, so heißt es, der Sattler ist noch nicht fertig! Das ist nun leider wahr! Aber es sollte nicht wahr seyn. Es ist zu sichtlich mit Fleiß versäumt. - Besser wäre es 10 Mahl gewesen, wenn man mir gerade zu gesagt hätte, ich muß oder will 4 Wochen in Frankfurth. bleiben So hätte ich darnach meinen Entschluß nehmen und meine Einrichtung machen können. So aber habe ich kein Geschäft unternehmen und keinen Menschen sehen können, weil ich immer denken mußte: Morgen reisen Wir. Francfurth 1787 Juny. 1. Zum Exempel noch heute Morgen ward ich von der Madame Brentano zu einem kleinen Concerte eingeladen; und ich konnte nicht zusagen. Ob ich gleich nachher, des Abends, auf nochmalige Einladung, hinging. den 2. Heute Vormittags hat mir Leuchsenring eine Correspondenz zwischen verschiedenen Männern in Zürich vorgelesen, die sehr interessant ist: das erste Cahier zwischen dem seeligen Hartmann, Professor in Mitau und dem Zunftmeister Burkli. Das 2te, zwischen Lavater und Burkly. Das 3te zwischen Lavater, und Steinbrüchel und Breitinger. Das 4te ein Gespräch zwischen Lavater, und Meister und einem gewissen Abbé, nebst Briefwechsel darüber. In allen diesen 4 Heften scheint mir Lavaters Schaale zu steigen. Nachmittags thaten Wir eine herrliche Spatzierfahrt durch die nahgelegenen Gehölzer. Des Abends, als wir zu Hause kamen, sagte mir Herr Dyk, daß die Herzoginn von Weimar um 9 Uhr angelangt sey und nach mir gefragt habe. Wenn ich an Ahnungen glaubte, so würde ich sagen, meine bisherige Schwermüthigkeit habe mit der Nachricht, die ich diesen Abend, von der Krankheit der Frau Gräfin Bernstorff, beym Schlafengehen erhielt, zusammengehangen. Aber diese Schwermüthigkeit läßt sich natürlich aus der Langeweile erklären, die ich hier dadurch habe, daß ich in meinem Reiseplane gänzlich gestört werde. Die böse schlaflose Nacht aber, war die natürlichste Folge der Nachricht. den 3ten. Diesen Morgen erfuhr ich endlich, daß die Krankheit gehoben sey. Allein, ob gleich die Herzoginn meinte, ich sollte sicher meine Reise fortsetzen, so werde ich doch, auch wenn es Herr von dem Bussche wollte, nicht eher weiter, als bis Heidelberg treiben, bevor ich zuverlässige Nachricht, und zwar mehr von Hufeland, als von der Frau Gräfin <Bernstorff> selbst, habe. Hier kann nicht ein Mal ein Konflikt von Pflichten eintreten; denn der Nutzen, den ich durch meine Reise beziele ist nur bedingt und muthmaaßlich, der Nutzen aber, der immer nöthig ist, den ich als dann durch meine Rückkehr stifte, ist unbedingt und gewiß. Also ruhig, mein Herz, wo möglich, bis dahin! Und dann dem Wink der Vorsehung gemäß, die meinen hiesigen Aufenthalt, wider meinen Willen verlängert hat. Wozu? Das wird sich entwickeln. Heute Mittag, bey Tische, war abermal das Gespräch von dem leidigen Magnetismo! Daß der Herr General von Lengefelt an solcherley Dinge, wie das Umlaufen des Rothlaufs, Besprechen, und Amuleten glaubt, das wundert mich an einem Soldaten eben nicht. Es wundert mich mehr von dem Herrn Obrist. von Radike, der mehr Belesenheit zeigt, und der Gestern auf das Zeugniß des Herrn Grafen von Döhnhoff und seiner Frau (die schön seyn soll) die inLyon, die magnetische Cur gemacht haben, seinen Glauben an dieß WunderWerk verbreiten wollte. Da ich bereits, Gestern besonders, meinen Unglauben gezeigt hatte: so konnte ich heute auch nicht schweigen, da abermals durch ein Paar mir noch Unbekannte jener Glaube abermals gepredigt werden wollte. Diese beyden, welche bey mir saßen, waren dann der Graf Lynaar, der seit einiger Zeit in Jena wohnt, und ein Koburgischer Hofrath, Jenichen. Graf Lynar wollte ganz logisch beweisen, der Herr Jenichen aber durch Autoritäten: Sie waren beyde in Zürich und Carlsruhe, bey Lavater und Beckmann gewesen. Dieser letzte und die Beyden Brüder Lavater sollten gültige Zeugen in ihrer eignen Sache seyn. Endlich ging der Herr Graf Lynar so weit, daß er, ganz glatt zwar, aber doch sagte: Ich spräche, dem jetzigen Modeton gemäß, den Berlinern nach. Meine Antwort: anstatt über Proselytenmacherey den Berlinern nachzusprechen, sprächen diese vielmehr mir nach. Aber, einem Manne, der mir dergleichen Nachbeterey zutrauete, dem hätte ich weiter nichts zu sagen. Da Graf Lynar indessen bald darauf wieder anhakelte, und Nicolai'n gegen Lavater herunter setzen wollte, da ward ich über diese offenbare Parteilichkeit warm; sagte meine Ueberzeugung von beyden, und deklinirte meinen Vor- und Zunamen, mit der Versicherung, daß ich meine Ueberzeugung allemal, und wo man wolle, öffentlich bekennen wolle; auch berufte ich mich auf Leuchsenring, der dabey saß, und nicht läugnete, wie er darüber dächte. Ich finde mich um so mehr genöthigt, von diesem Gespräche die Hauptzüge hier anzudeuten, weil die Anhänger der Schwärmerey zum partheyischen Berichterstatten sehr geneigt sind -, und es einmal nöthig und nützlich seyn kann, mich des Vorfalls deutlichst zu erinnern. Des Nachmittags fuhren wir auf den Chaussées nach Homburg spatzieren, und aßen Abends in Bockenheim bey Frau Richter. H. v. P. Beym zu Hause kommen fanden Wir noch bey Tische Gesellschaft. Da wir noch ein Glas Sauerwasser tranken, kam ein großer, starker Hofmann, H. v. P. und erzählte uns viel, obgleich nicht Vieles, bis um 2 Uhr. Sonntags den 3ten Heute vormittags hat mir Leuchsenring noch Eins und das Andre über Lavater vorgelesen. Witzigen Menschen gibt Lavaters Art sich auszudrücken fast immer Priese. und besonderlich ist es, daß Lavater fast immer mit witzigen Menschen zu thun hat. Mittags fand ich Herrn Postmeister Heumann, aus Bremen, mit seiner Frau, bey Tische, dessen Bekanntschaft ich erneuerte. Des Abends bey Tische fand ich beyde weit entfernt, Lavaters Anhänger zu seyn. Sie sagten, Ihr Prediger Meister sey besser u.s.w. - und doch haben die Brüder Heumann dem Lavater die Chaise geschenkt (wenn ich mich noch recht erinnere) und also sind Geschenke nicht immer Beweise des Beyfalls; wenigstens nicht des dauernden! Die Art zu reisen, dieses Ehepaars ist sehr bequem. Mit zwey eigenen Pferden; einer sehr leichten 2 rädrigten Schaise, mit einer Deichsel, einem bloßen Mantelsack, ohne Koffer, gehen sie; nach Gefallen, von Ort zu Ort, und bleiben, wo sie Etwas zu sehen finden, ohne sich von Außen durch Etwas geniren zu lassen. Nachmittags nach Bürgel. Einem elenden Orte; der aber sehr angenehm am Mayn, zwischen Offenbach und Rumpenheim liegt. Einmal bey Zeiten zu hause. Heute Nachmittag begehrte Stubenrauch (Herrn von dem Bussches Bedienter) Meine Papiere, zum Packen in den gemeinschaftlichen Koffer. Obs Ernst werden soll? Mags meinethalben bis zur Antwort aus Weymar gehen, wie es will!!! Montags 4ten. Vormittags in Weishaupts Apologie des Mißvergnügens gelesen. Lesenswerth ist das Buch. Ein wenig zu redselig. Mittags bey Brentanos zum Essen. Von Madame La Roche erfahren, daß Zimmermann nicht, wie das heutige Blatt StaatsRistretto sagt, nach Straßburg geht; nicht in die Societe harmonique aufgenommen sey. An beydes auch nicht einmal im Traum, gedacht habe: stets der Meynung seines Freundes Marcard bleibe, und an nichts miraculeuese Glauben habe. Der Brief an Madame la Roche ist vom 21 May. Francfurth. Juny. 5. Abends mit Leuchsenring, besonders über Zimmermann gesprochen. Noch hier!! -- Gelesen Gestern Nachmittag und heute frühe: Aufschluß und Vertheydigung der Enthüllung der Weltbürger-Republick. Der geheime Kammerrath ist, nach meiner besten Ueberzeugung, von beyden der Verfasser. Als Enthüller wollte er gewiß den Illuminatenorden, Herrn von Kniggens wegen herunter reissen. Zu diesem Personalhaß, von welchem ich Belege in Händen habe: (die sich in Philos Heften unter von Göchhausens eigener Hand befinden) gab wohl Anlaß 1) Etwas prahlerische Erhebung der Illuminaten und zu schneidende Urtheile über die Rosenkreuzer zu welchen der jüngere von Göchhausen 1782 von den Illuminaten übergetreten seyn sollte: 2) Eine Unterredung in meinem Beyseyn, November 1782. Im Gasthofe dem Monde zu Eisenach wo von Knigge freylich etwas sonderbare Meynungen äußerte. von Knigges und von Göchhausens Charaktere sind unvereinbar! - Wenn man diese Art Streit kalt ansieht, so muß man über die häufigen Mißverständnisse die Achseln zucken. Über von Göchhausen werde ich einst einen besonderen Artikel aufsetzen. Häusliche Widerwartigkeiten; Einsames Leben; Ein im denken oft sehr gestörter Kopf; ein empfindliches Herz, das nicht leicht fand, was sein Bedürfniß war; gebeugter, oft wohl niedergeschlagener Stolz, bey einem sonst sehr redlichen Gemüth, haben, nach meiner Meynung, seiner Denkart eine gewissen Härte, und selbst Bitterkeit gegeben, von der ihm wohl selbst nicht träumt, weil er sich noch immer für so wohlwollend hält, als er gewiß in frühern Jahren war. Er tadelt in der Vertheydigung an den Recensenten (daß Göchhausen wenigstens Verfasser dieser Vertheidigung sey, beweist, nebst der individuellen Originalität seines Styl, auch die Hand der zum Druck geschickten Schrift, wovon ich eine Lage in Händen habe) gerade die Fehler, die er sehr häufig begeht. Die Profession der Schriftsteller hat ihre sonderbaren Gefahren! von Göchhausen spricht sehr keck über die Illuminaten sein Verdammungsurtheil und er kennt sie wahhaftig nicht. Er würde das aber vermuthlich nicht thun, wenn sich Philo nicht als einer ihrer unbekannten Obern bey ihm gerirt und sich ein wenig andringlich um von Göchhausen beworben hätte. Der Philo thut auf mehr als Eine Art dem Orden und der Welt schaden! von Göchhausen muß selbst wissen, warum er so viel von Gottes- und Fürstenlästerungen spricht? Warum er die Worte eines Monarchen als im Reiche der Wahrheit entscheidend, ausgeben will <verstehe ich nicht.> Mittags. Bey Tische saß ich wieder bey Graf Lynar und Jenichen. Ihr Ton war heute milder. Lynar sprach nach Tische viel mit Leuchsenring über Lavater, und fragte denn auch Einmal: ob er das, was er da höre, an Lavater schreiben dürfe? Mich deucht, die Frage war etwas vordringlich. Er sagte mir, er kenne den Verfasser der Enthüllung des Systems der Weltbürger Republik und habe er gemeint, ich sey der Verfasser der Recension im Teutschen Merkur; so, wie er auch von Ludecus wußte, daß ich ihn für jenen Verfasser gehalten habe. Ich hatte ihm aber schon vorher diesen meinen Irrthum gestanden. Er hätte gerne gesehen, daß ich ihm den Verfasser genannt hätte, endlich nur mit dem Endbuchstaben, da ich ihm dann N sagte. Er stellte sich, als ob's ihm wunderte, und gab durch Umschweif zu verstehen, ich würde den Mann wohl an Nicolai genannt haben! Das sind drollige Menschen, die meinen, alle Menschen müßen klatschen! Darmstadt Juny Mittwochs den 6ten. Als ich Gestern Nachtische Herrn von Bussche fragte: Um welche Stunde er zu fahren gedächte?, Und er mir spaßhaft antwortete, "Morgen vielleicht!" da konnte ich nicht anders glauben, als, es reue ihn der Entschluß, mit mir nach Paris zu gehen. Denn so argwohnloß ich von Natur bin: so konnte ich mir doch, schon seit einiger Zeit, das Säumen ohne sichtbare Ursach nicht erklären. Der Erbprinz, auf dessen Retour wir gewartet haben sollten, war, wie von dem Bussche selbst gestand, schon in Darmstadt. Was für eine Ursach nun? Mich aufzuziehen? Das dürfte ich nicht leiden. Die leidlichste Ursache, wäre, und ist vermuthlich, von der Art, daß man solche einem Manne in meinen Jahren nicht gerne sagt. Aber, die könnte ihn noch Monate in Frankfurth halten und für mich wäre es lächerlich, daß ich meine Zeit und Existenz in Frankfurt verschleuderte, da mein Ziel eine nützliche Reise nach Paris war. - also sagte ich ihm, ich sey sonach genöthigt, meinen Plan für mich alleine zu machen. Ich gab, ohne seine Antwort zu erwarten, Müllern Anweisung, meine Sachen aus dem gemeinschaftlichen Koffer wieder aus und in meine Schaise zu packen, und um 6 Uhr 2 Pferde zu bestellen. Mein ernster Vorsatz war, ohne Aufenthalt nach Weimar zurück zu gehen. - Als ich darüber war, die Sachen zu diesem Ende in Ordnung zu bringen kam Herr von dem Bussche auf mein Zimmer, und versicherte mich, es wäre sein fester Wunsch und Vorsatz, die Reise mit mir zu machen. Er habe zwar Unrecht mit seinem Zaudern; aber er wolle es wieder einbringen. Ich möchte dies Aufsehen nicht machen u.s.w. Da ich die Pferde einmal bestellen lassen: so möchte ich voraus nach Darmstadt gehen, wohin er heute Abend gewiß auch kommen wolle: aber ich müsse zur Sicherheit meine Sachen wieder in seinen Koffer packen lassen. Damit es gewiß sey, ich ginge nicht zurück. Ich thats; um so mehr und lieber, da ich gleich darauf erfuhr, daß der Herzog von Weimar nach Darmstadt gegangen, der den Sonntag aus Weimar gegangen, und von dem ich also später Nachricht von dem Befinden der Frau Gräfinn Bernstorff erhalten kann. Da heute Morgen der Herzog schon um 8 Uhr nach Maynz ritt; ich kein Kleid hatte, um mich bey Hofe präsentiren zu lassen, so bin ich nach Dieburg gegangen, und bin, ohne dort jemand gesprochen zu haben, gegen 5 Uhr wieder hier gekommen. Der Weg durch den Thiergarten ist höchst angenehm! Heute Abend ist groß Concert im Opern Hause; wohin ich jetzt gehe. Es ist hier alles, auch die Eingänge zum Bosket und zum Comoedienhause mit Soldaten besetzt. Es sind allerdings schöne Leute, gut gekleidet und gut revenirt, aber es giebt eine sonderbare Idee von dem Verhältniß zwischen dem Volk und seinem Fürsten, wenn er so zahlreiche Wache um sich hat; und, doch bin ich sicher, daß der Erbprinz von jedermann geliebt wird. Zum Concert ward ich eine Stunde zu früh geschickt. Da es um 6 Uhr angesagt war, ging ich 1/2 Stunde früher, um einen dunklen Platz zu bekommen. Zwischen ganz fremden Personen sind 1 1/2 Stunden im Halbdunkeln eine lange Weile. Ich hatte noch kein Kleid, und daher wollte ich unter den dicksten Haufen gehen. Im dunkeln aber, da ich, besonders, nicht affectirt scheinen und fragen wollte, kam ich nur drey Bänke von der fürstlichen Loge zu sitzen. Als beym endlichen erat Lux die Herrschaften erschienen, und sich das Parterre, wie beym Seegen erhub, entdeckte mich der Prinz Christian, der es der Herzogin W. und der Erbprinzessin sagte. Dies embrassirte mich wirklich ein wenig, unterdessen wars nicht zu ändern. Das Amphietheater, bestehend aus Parkett, Parterre, 2 Reihen Logen und einer Gallerie, ist artig gebaut, und sehr hübsch erleuchtet. NB. Durchaus mit Wach<s>licht! Der Vorhang ist edel und simpel; eine apollinische Leyer die rings um sich her Stralen verbreitet. Aus der ganzen Einrichtung hätte man großen Morgue vermuthen sollen, das Parterre war mit 16 Mann Garde inwendig besetzt. Im Parquet setzten sich bloß 3 hohe Officiere. In der ganzen ersten Reihe Logen saßen an einer Seite 5 Hofdamen, und an der andern Seite 5 Cavaliere. Die zweite Ranglogen waren voll von Frauenzimmer; etwa 6 Mannspersonen waren im Parterre. War es Mangel an Neugierde oder am Musikgeschmack? Oder ist man hier von Musik gesättigt? Oder das schöne Wetter. Zu leer war es! Als sich alles gesetzt hatte, ging der Vorhang auf; und bis zum ersten Streich der Sinfonie war so viel Zeit die Disposition des Orquestres zu übersehen. Es war in Form eines Amphie Theaters gestellt und vortheilhaft geordnet, nur daß die beyden dirigierenden Violinen den Rücken zum Parterre kehrten. Das ganze Instrumentalpersonal war uniform, in Grün mit roten Parements gekleidet. Es besteht größerstentheils, wie mir hernach die Frau Erbprinzess erzählt, aus Liebhabern, und der Erbprinz selbst führt eine Geige mit an; (dieß erklärt die Uniform und den Rücken nach dem Parterre, glaub ich!) Für diesen Umstand ist das Orchester außerordentlich gut disciplinirt. Die Sinfonie aus D. Dur. bestehend aus einem Satze, that vortreffliche Wirkung. Die Nuancen zwischen Fortefortissimo bis zum Pianissimo waren richtig, und Crescendo und decrescendo schön; nur war die Temperatur in der Stimmung nicht allemal glatt genug, zu mahl in den schnellen Disgressionen. Die Herrn trugen ein fremdes Kreuz nicht wie gute Christen! Die Sinfonie geendigt trat Mademoiselle Schröder zur Theater Seitenthüre sehr feyerlich auf und sang eine Cantate, oder Scena patetica, mit vielem Affect - in der Gesticulation. - Viel Umfang hat sie nicht <das zweigestrichene> a wird ihr schon sauer, und tiefer als <eingestrichenes> d habe ich nichts von ihr gehört. Kurz, es will nicht viel mit ihr sagen, ob sie gleich prima Donna ist. Nach ihr präsentirten sich ein Paar Waldhornisten zu einem Doppelconcert. Recht gut! - Der Vorhang fiel. Ob das Concert gleich im Theater war, so applaudirte doch niemand, als die 6 fürstlichen Hände in der fürstlichen Loge; das thut kleinen Effekt. 2ter Act. Eine Cantate a l'honore dell Verno, della bella venere è del potente Amor. Ziemlich lang und einige Stellen ausgenommen, im Ganzen etwas langweilig. Sechs Sängerinnen figurirten in 2 Gruppen; an jeder Seite des Theaters 3 und einige Sänger hinter ihnen. Ich, und ich glaube auch zuweilen die Sängerinnen fühlten den Abgang des Claviers. Nach der Musik rufte mich der Herzog von Weimar an die Loge und sagte mir die erfreuliche Nachricht von der zuversichtlichen Besserung der Frau Gräfinn <Bernstorff>; die mir Herr von Wedel auch bestätigte, weil er noch den Tag der Abreise Frau von Schardt gesprochen habe. Die Herrschaften bezeigten sich alle sehr gnädig und der Erbprinz sagte, ob ich die vor 5 Jahren angefangene Bekanntschaft bereits vergessen hätte, und hoffe er, ich werde solche erneuern und fortsetzen. Ich muß hier noch bemerken, daß hier die Leute nicht gewissenhafter sind, wie anderwärts. Müller, der entweder in Allerheiligen für Chausségeld, oder am Thore für Sperre Gestern, ein Louis d'or anstatt eines 12 Kreuzer Stücks hingegeben, hat es von keinem wiederbekommen können. Betrüger ist einer aber wer? weiß ich nicht. Im Concert sahe ich 5 fürstliche Kinder, und ich konnte nicht begreifen, woher die kommen? Alles 5 allerbeste gesunde Gestalten und Gewächse. Zwey Prinzessinnen davon, habe ich hernach erfahren, sind dem Prinz Carl von Mecklenburg, der sich hier noch diesen Monat etabliren will. Die Erziehung von allen 5 soll in guten Händen seyn! Desto besser! Darmstadt. Juny. 1787. den 7ten Heute Morgen um 7 Uhr kam der Jäger des Herrn von Bussche von ihm geschickt, mir zu sagen, er habe Kopfschmerzen, und könne also erst Morgen den 9ten kommen. Er kam nun freylich eine halbe Stunde nachher selbst an, mit dem Herrn Hauptmann von Kessel. Aber, es war nicht weniger, als delicat gegen mich, daß er mir nur eine halbe Stunde Unruhe machte. Wozu so etwas? Vielleicht heißt so Etwas, Nichen machen! In meiner unruhigen Lage war es mehr! - Wir wurden alle drey zu Hofe gebeten. Herr von Grosschlag war mit Madame auch da. Die Tafel war sehr gut; und man sagt, sie sey so beständig, um so mehr, da solche vom Landgrafen gegeben wird. Fräulein von Bodé machte mich zwar mit Fräulein Jennissons bekannt. Aber, aus der Bekanntschaft konnte nicht viel werden. Ich hatte also, ganz unbekannt mit meinem Nachbar, von Schrautenbach, Langeweile genug. Nachmittags ward Parthie gemacht, nach 2 Gärten, davon der Eine eine hübsche Orangerie hat, zwey sehr schöne Castanien Alleen, von solcher Dicke ich diese Art Bäume noch nirgend gesehen habe; übrigens - Der Prinz Christian sprach verschiedenes mit mir darüber: wie die Frei Maurerei künftig besser einzurichten sey? Und er billigte meine Vorschläge und Plane. Ich werde immer mehr inne, daß einzelne Personen den Verbesserungsplan genehmigen werden. Aber, ich muß mit der Einführung bey einzelnen Logen anfangen müssen. Ganze Corpora werden allerley dagegen einwenden, Scheinschwierigkeiten suchen, und im Grunde Nichts weiter dagegen haben, als daß sie nicht herrschen sollen; obgleich die Erfahrung sie lehren sollte, daß herrschen unter freyen Menschen und Brüdern von keiner Dauer seyn kann. Auch dieses fand der wirklich edle, gute Prinz wahr! Der 2te Garten, den wir sahen, und woselbst eine Collation gegeben wurde, gehört dem Erbprinzen, und ist von Herrn von Möser, (Minister) angelegt worden. Er ist ganz im modernen Geschmack und hat auch eine Ruine! Sie mag nun wohl nicht so viel zu unterhalten kosten, als dem bürgerlichen Pralhanns ein Clandestine Mariage, aber dafür ist sie auch dadurch sehr ruinirt, daß die Papeln, die damals, als man diese Ruine neu bauete, noch klein waren, und also die freye Aussicht verstatteten, ihr jetzt über den Kopf gewachsen sind; Auf dieß Accidenz scheint der Improver keine Rücksicht genommen zu haben. Mir scheint es doch fast, als ob man selbst die Labyrinthischen Gänge zu viel haben könne. Aber mags meinethalben in den Gärten so bleiben, wenn nur die moralische Welt nur die geraden Wege einschlagen wollte! Vor der Façade des Gartenhauses ist es desto lieblicher. Nahe davor ein Weiher, darhinter die Hehrstraße von Heidelberg nach Frankfurth; also lebendig. Hernach eine schöne Pläne von Kornfeldern, die mit einem Walde bekränzt ist, hinter dem man einen kleinen Theil vom Rhein erblickt. Die Gebirge des Rheingaues schließen dann den Horizont. Das ist wahre, schöne Natur. Das Hauptzimmer im Hause hatte Steins's Porträt zum Caminstücke mit Attributen der Wissenschaften! die ich ihm nie würde gegeben haben. Aber, so ists mit aller ertheilten Ehre. Es ist fast immer die Unrechte!!! Von hier gings nach dem Exercierplatze, wo ein Bataillon exercirt hatte, und der Herzoginn die Honneurs machte. Eine Ehre, die ehe durch den kalten Abend theuer scheinen mochte. Auch ich bezahlte die Ehre, mit den Damen auf einer Art von Wurstwagen zu fahren, durch die Kälte durch etwas Langeweile, durch die kümmernde Betrachtung, wie sehr die Menschheit durch stehende Armeen als Maschienen in der Hand der Großen, erniedrigt wird; und durch die nicht ungegründete Besorgniß, daß mein Stuhl auf dem Wagen unter meiner Last einsinken, und ich gerädert werden könnte. - Größere Pedanten, als die Officiere, giebts doch gewiß in der Welt nicht. Mir sprach hier ein Officier eine halbe Stunde von der Kunst zu salutiren vor!! Abends wieder bey Hofe suppirt. In der Zwischenzeit sprach ich mit dem Prinz Christian von den Absichten des Herrn von dem Bussche und er drückte sich lebhaft darüber aus, was sein Bruder seyn müßte, wenn er solches nicht agreirte. Die Prinzessin George, welche gerne und sehr gut spricht, ließ mich zu sich nieder sitzen, um, wie sie sehr gnädiger Weise sagte, auch von mir zu profitiren. Und, ich glaube, sie hat ihren Zweck bey mir erreicht; denn ich hatte nicht Gelegenheit, weder ein Ja oder Nein in die Unterredung zu mischen. Wir waren also beyde, parfaitement à notre aise. O Raynal! Villaison, wie würdet ihr gefahren seyn. Da ich Frau von Großschlag etwas näher zu bemerken Gelegenheit hatte (bey Tische) so habe ich gewünscht ich möchte sie im Streite um Großschlag, mit der Frau Gräfin von Werther im Conflict gesehen haben. Die Frau Erbprinzessinn, die sich heute einige Male sehr herablassend mit mir unterhielt, zum Exempel über Musik, über Lectüre, über den Fehler der Gegend daß sie so sandig, und also oft übeln Staub habe, u.s.w. ist von einer angenehmen Vivacité. Ihre Person ist äußerst liebenswürdig. Hübschen Mund und Nase, sehr sprechende Augen, die Augenbraunen fast ein wenig stark. Schade! daß man ihre Stirne, vor der Modefrisur, à la moutonie nicht sehen kann, so wenig, als die wahre Farbe ihrer Wangen. Von ihren Händen zu schließen, muß sie von edelm Teint seyn. Daß sich doch die Damen so hintergehen lassen! Die Erfinderinn der so aufgedunsenen Fichees war gewiß arm und wollte Reichthum vermuthen lassen. Nun sind die reichen die Düpee der listigen Armen! Die wahre Modestie bedarf keiner List! Die gepüfften Modisten aber gleichen den Kaufleuten die am Bankerot stehen, und Kutschen und Pferde zulegen, um ihren Kredit noch hinzuhalten, indessen, daß der sichere Capitalist seine prunklose Haushaltung fortfürth. den 8ten. Freytag. Heute Vormittag gegen 12 Uhr kam der Marggraf von Baden an mit seinen 2 Prinzen und zwey Begleitern, kurz darauf auch der Prinz Louis von Nassau-Usingen. Die MittagsTafel war also über 50 Couverts. Der Marggraf von Baden erinnerte sich meiner, mit der HerzensGüte, die ihm so eigen ist. Noch vor der Tafel invitirte die Prinzess George zu einer Lustparthie nach Braunshardt. Die Royalen und Wurstwagen thun bey solchen Gelegenheiten gute Dienste, denn sie schleppen eine hübsche Anzahl Menschen, und lassen den fürstlichen Personen Raum, ein wenig von der steifsten Etiquette nachzulassen. Das Haus zu Braunshart ist für eine Campagne sehr bequem eingerichtet. Es können allein oben 15 Herrschaften logiren, und ihre Cammer-Personen gleich im Hinterzimmer bey sich haben. Das aber muß, des zu häufigen und also lästigen Besuches wegen, abhalten, sich an diesem, sonst ganz angenehmen Orte aufzuhalten. Der erste Stock ist mit Geschmack möblirt, und ohne Pracht oder nur Prunk. Die Superportes sind von Seekatz, und sehr brav, als Pinselarbeit; nur, Schade! daß unter den Stücken kein Zusammenhang, und jedes für sich isolirt ist. Da sieht man hier einen Aenaeas der seinen Vater aus Troja trägt, und dort ein modernes Schäferstück!! Der Garten an sich hat eigentlich Nichts Unterscheidendes. Um einen Hügel von etwa 50 Fuß hoch zu haben, hat man ihn machen müssen. Der Prinz George, ein Herr von viel Geist und Thätigkeit, hat zwar ein klein Bosquet angelegt, allein der sandige Boden wird seinem Wunsche nicht sonderlich entsprechen. Es wird diesem Bosquet gehen, wie dem Labyrinthe zu Borstel. Es wird in der Kindheit sterben. Der eigentliche Garten besteht aus Compartemens von Hagebuchen, 12 Fuß hohen Hecken. Der Herr von Walbrun hatte die Gefälligkeit, mich herum zu führen, und die recht artig versteckten Schauckeln und andre dergleichen Spielplätze zu zeigen. Eine sehr hübsche Salla Serena ist da, wo wohl 150 Personen zum Essen Platz haben. Aber der Fußboden ist aus Quadersteinen. Schrautenbach. Ich machte hier nähere Bekanntschaft mit dem Obrist von Schrautenbach. Er will Lectüre; er liebt die Poesie; und besonders Klopstocks Werke. Ist aber dabey Philosoph und nicht schwärmerisch. Die Musik treibt er als Kenner; denn er hat die Composition studirt. Hätte ich mich durch das trockne Stillschweigen dieses Mannes, bey Hofe, abschrecken lassen, so hätte ich eine ganz falsche Meynung von ihm behalten, so aber, da ich auf demselben Wagen mit ihm kam, und ihn auf mehr als einer Seite anzapfte, hatte ich das Vergnügen einen angenehmen Nachmittag zu machen. Er wünschte die italiänische Uebersetzung des Messias zu haben, und ich werde ihm solche besorgen. Die Prinzess George macht gegen Jedermann die verbindlichste Wirthinn. Der Herzog von Weymar war den Vormittag mit dem Prinz Christian auf den Bergschlössern, auf dem Melibockus und zu Auersbach gewesen, und kam nach Braunshart geritten, ohne von der Ankunft der baadischen Herrschaften etwas zu wissen. Jedermann bewundert ihn hier, wegen der Leichtigkeit, womit er die fatiquen erträgt. Aber durchgängig wird er geliebt, wegen seines ungenirten, muntren Betragens, und wegen der Ungezwungenheit, womit er von Ernst zu Scherz und von Scherz zu Ernst übergeht! - Seiner und der Herzoginn gnädigen Benehmen gegen mich habe ich gewiß die vorzügliche Aufnahme zu verdanken, die ich an diesem Hofe genossen habe. Heute Abend nach Tische beurlaubte sich von Kessel. Und der Herzog von Weimar kam noch express zum Herrn von Bussche und mir, um uns eine glückliche Reise zu wünschen. den 9ten Sonnabends. Müller weckte mich eine Stunde später, als ich bestellt hatte, und dadurch geschah es, daß die Herzoginn schon wegfuhr, eben als ich aus dem Hause trat, um ihr noch beym Abfahren meine Aufwartung zu machen. Wir wurden schon um 8 Uhr wieder zur Tafel geladen. Ich ging ins Bosket und genoß daselbst einen sehr ruhigen, heitern Morgen. Hernach schrieb ich am Journal, bis der Herr Oberschenk von Ponikau beym Herrn von Bussche zu Besuch kam und so lange blieb, daß Wir eben miteinander nach Hofe kamen, da man sich schon zur Tafel setzen wollte. Da die fremden Herrschaften weg waren so war es eine mehr und ungezwungnere Unterhaltung bey Tische. Ich saß bey dem Fräulein von Bode, und zwey Brüder Jennisson hatten ihre Schwester in der Mitte, da nun die fürstlichen Personen gleichfalls beyeinander saßen, so machte das hübsche und schalkhaft witzige Fräulein von Brettlach, das beym Herrn von Bussche saß die Bemerkung, die Familien hätten sich beyeinander gesetzt. Ich machte mir darüber bey der von Bode ein Compliment, aber ich glaube, Herr von dem Bussche ward durch seine Bestimmung zum Teutschherrn verhindert, seiner Nachbarinn, die er wohl leiden mag, eine pointe über die 4te Familie zu geben. Nach Tische wollten wir uns beurlauben, aber die Herrschaften wollten, wir sollten den Abend noch wieder zur Tafel kommen. Beym Caffé schlug die Erbprinsseß Litzen, und spottete über die Rangsucht der Gesandten, und über die Verlegenheiten, in welche sie solche zuweilen setzte. Als sie aufstund, um auf den Wall, am Schloß zu gehn, wollte ich mich wegbegeben, allein die Prinzessin befahl, ich sollte mitkommen. Dieser sogenannte Wall, ist ein ziemlich kleiner Fleck von Laubholz beschattet, wo sie sich mit ihren Damen setzte und jede ihren Arbeitsbeutel hervornahm. Sie sprach viel mit mir über Weymar, und sie verstund meine fast einsilbigen Antworten, sehr richtig. Sie ergoß sich in ein aufrichtiges Lob über die weymarischen Herrschaften beyde. Sie hat einen liebenswürdigen Ton, auch gegen ihre Damen. Herr von dem Bussche war derweilen zum Erbprinzen gegangen, um über die Angelegenheit zu reden, wegen welcher wir eigentlich hier sind. Als er wieder kam, führte uns Herr von Wallbrun zum Modell des Schloßes; welches den Tempel Salomonis gewiß hinter sich zurückläßt; wo nicht an Reichthum des Goldes und Silbers, das hier freylich nicht so auf den Gassen, als die Steine umher liegt, wie uns die Adepten sagen, daß in Jerusalem der Fall gewesen seyn soll; aber gewiß an Menge der Wohnungen, und bequemern Einrichtung. Ich möchte wohl den Kosten Anschlag des Baumeisters sehen; um daraus die Ideengröße des Bauherrn zu messen. Er führte aber nur zwey Seiten davon auf, worin noch keine Fenster sind, und ließ es Selbst liegen, weil er vermuthlich anfing, einzusehen, daß er es selbst nicht vollenden könnte, und die Nachfolger selten ein angefangenes großes Unternehmen, nach dem ersten Plane ausführen mögen. Ich sah auch noch die lebendige Landkarte von dem darmstädtischen Lande, die wie ich glaube, nach der Erfindung eines Schweitzer Generals, von Piffer, gemacht wird. Ich denke, ich habe davon in Madame La Rochens Reise nach der Schweitz etwas gelesen. Die Arbeit zu beschreiben, dazu habe ich jetzt nicht Zeit. Aber man sieht eine Große Strecke Landes à vue d'oiseau; und es ist sehr angenehm in einem Zimmer, fast jeden Acker Landes in seiner wahren Lage zu übersehen. Ich ging darauf die Herrn von Hess und Merk zu besuchen, fand aber Niemand zu Hause. Hernach machte ich in von Walbruns Hause mit dem Herrn Oberschenk von Ponickau eine Parthie Ombre bis zur Abend Tafel; die Wir hernach erst endigten. Die Prinzessinn verwickelte mich in ein Gespräch über die unbekannten Kräfte des Menschen, das ich, um es nicht zu tiefsinnig werden zu lassen, auf Glück und Unglück in der Liebe lenkte, und ihr dadurch Gelegenheit gab, über diese Dinge sehr feine Gesinnungen zu äußern, und ich glaube, sie ist darüber mit mir nicht unzufrieden. Nach der Tafel bezeigte mir Fräulein von Bode ihren Beyfall und Fräulein von Bretlach, daß sie ganz andrer Meynung sey als ich. Ich hatte nämlich gesagt, "es sey nur halber Schmerz, zu lieben und nicht wieder geliebt zu werden, solange der geliebte Gegenstand glücklich sey. Wenn aber die Liebe wahr und gegenseitig, und eine absolute Trennung einträte, leide man ganz: Nicht nur für seine eigne Person, sondern man trüge auch das bekannte Leiden der Geliebten Person ebenfalls mit." Hierin meinte Fräulein von Brettlach hätte ich Unrecht. Und ich schließe daraus, daß sie auch nicht lange für sich selbst leiden würde. Bey der Beurlaubung, waren beyde Herrschaften äußerst herablassend, und besonders die Prinzessinn sagte auf eine Art, die nichts von den gewöhnlichen Hofpolitessen an sich zu haben schien: wir möchten sie ja, auf der Rückreise zu Auersbach besuchen. Ich wäre undankbar, wenn ich nicht eine lebhafte Erkenntlichkeit von hier mit wegnähme. Heute Nachmittag, machten wir unsre Cour bey der Prinzess. George, die wir am Rahmen bey einer hübschen BändchenStickerey fanden. Ich muß hier noch die Anmerkung machen, daß, einige Nuancen abgerechnet, die Erbprinsses viel Aehnlichkeit mit der Frau von Vrinz hat. Eben die Lebhaftigkeit; eben die Art sich auszudrücken; und, ich glaube, eben den Kleinen Zug zur Schwärmerey, in der Sentimentalität, die aber bey der Prinzessinn ganz frey von aller Affection ist. Sie ist, wie ich höre, äußerst Wohlthätig, aus Weichheit der Seele; und hat viel, fast zu unbegränztes Vertrauen auf die Güte der Menschheit. Eine lobenswürdige Schwäche in einer jungen Prinzessinn! Möge es ihr immer glücklich ergehen! den 10ten. Heidelberg. Morgens früh um 5 1/2 Uhr ab, über Heppenheim nach Heidelberg, wo wir um 12 Uhr anlangten. Hier sehnte sich mein Herz nach Briefen; aber Mieg, der bald zu uns kam, hatte keine. Wir setzten uns nun um 4 Uhr in einen Phaeton und fuhren nach Mannheim zum Schauspiel, wo Faust von Stromberg gegeben ward. Ich habe wenig von dem Schauspiele genossen, weil ich mich in die Loge der Frau von Seckendorff begab, mit der ich um so mehr allerley zu besprechen hatte, weil wir gleich von dem Komödienhause wieder einstiegen und nach Heidelberg zurückkehrten, wo wir um 10 1/2 Uhr wieder anlangten, und zu Abend aßen, nämlich Herr von dem Bussche Hofrath Erb und ich. Während der Komödie ging ich nach der Loge des Herrn Otto von Gemmingen, woselbst ich Herrn Schwaan fand. Der letzte ging mit der Frau von Seckendorff. Beyde Herrn sagten viel zum Lobe der Frau von Seckendorff. auch mir hat es geschienen, daß ihre Widerwärtigkeiten ihren Charakter sanfter und noch gefälliger gemacht haben. O, das große Bilden in der Herzen Unglück! Wie sehr verkennen dich die Menschen! Ganz vorzüglich hat es mir von der Frau von Seckendorf gefallen, daß sie so viel Theil an dem Unfall der Afrikanerinn nimmt, und wirklich Plane macht, ihr hartes Schicksal zu mildern, ohne darauf zu achten, daß sie sich solches selber zugezogen hat. Der Plan, daß der Herzog von Weimar, und Herr von Wedel etwas für sie thun möchten, scheint mir nun freylich eben nicht leicht. Doch will ich selbst versuchen, ob von der Weichheit des Letztern nicht etwas zu erhalten stehe. Dem Ersten etwas darüber vorzutragen, finde ich aber ebenso vergebens als unschicklich! Ich muß für mich selbst anmerken, daß Wein und Fachinger Wasser für mich zu stark sey, indem es mich heute fast überrascht hätte! Ich bin seit langer Zeit her nicht so echauffirt gewesen, als heute von einer Flasche Deidesheimer Wein mit Fachinger Wasser, nach dem fahren in der Morgen und Mittagshitze, bey Tische getrunken. den 11ten. Montags. Vormittags bis 12 Uhr geschrieben, und jede Minute sehnsuchtsvoll Briefe erwartet. Aber noch leider! Vergebens. Gott, was soll ich daraus schließen. Mein Herz pocht, und ich muß streben, es zu verbergen! Laß mich hier noch die Personen aus Darmstadt hersetzen. Damen: Frau von Schrautenbach: Oberhofmeisterinn Fräulein von Bode - von Bretlach. - von Jennisson. Herr Oberschenk von Ponikau spricht gut französisch, war sehr poli. - von Walbrun. Cammerherr - von ----- Bruder in der Regierung - geheimen Rath von Welsenhutter. Fräulein vonLüdas, bey der Prinzess George. Nach Tische fuhr Herr von dem Bussche mit Mieg und Erb nach Schwetzingen, und ich, der ich Schwetzingen schon oft genug gesehen habe, blieb hier und machte Besuch im hohenschen, fuchsischen und miegschen Hause. Ein leerer Tag! den 12ten. Heute frühe stiegen wir aufs Schloß, um dort zu frühstücken. Mein Herz sagte ein manches O! und Ach! bey den vortreflichen Gegenständen welche die Natur hier aufgestellt hat. Man sieht von hier fast eben so auf die Stadt hinunter, als von den Bergen bey Carlsbad, nur daß der Neckar mehr bedeutet, als die Töpel, und daß sich hier das Thal in eine unbegränzte Ebene, nach Speyer und Mannheim hin, eröfnet! Das Ganze, ohne noch die Ruinen des Schloßes mit zu rechnen, prägt der Seele ein Bild ein, das groß und dennoch sanft ist. Nur ich darf, meines Schwindels wegen, nicht von jähen Höhen a vue d'oiseau sehen. Weil ich dieß heute Morgen, an ein Paar, nach meiner besten Ueberzeugung sehr sichern Stellen, wagen wollte, fing es an in meinem Kopfe zu wirbeln; und im Schloßkeller noch besorgte ich, hinzusinken. Dieses Gefühl eines annahenden Schwindels hat mich den ganzen Tag über nicht völlig verlassen. Ich muß also dergleichen Plätze meiden, und von Anhöhen ehe die entfernten, als die nahen Gegenden sehen. Das Schloß war eine große Masse von Steinen, woran viele Menschen lange Zeit gebaut haben müssen; Wenn man die Dicke der Mauren, und den Fleiß ansieht, womit die Quadersteine so richtig gehauen sind, daß solche mehr durch ihre Flächen, als durch den Kitt gebunden zu seyn scheinen, so findet man leicht, daß Bauherr und Baumeister für die Ewigkeit bauen wollten. Aber, da liegt es! Zerstört; nicht von der still nagenden Zeit, sondern von der übermüthigen Ehrsucht eines französischen Ministers. Man sieht noch die Brechen, welche die Franzosen hineingeschossen, und noch die Stellen, wo sie gesprengt haben; und denkt sich dabey die Wuth ergrimmter Feinde, die, wie Hunde in die Steine bissen. Die große daliegende Masse, eines noch zusammenhängenden Segmentes von einem runden Thurm aber, zeigt von der unbegreiflichen Macht der Natur, womit sie, unbemerkt von dem spähenden Geiste des Menschen, Keime entwickelt, und Felsen niederschleudert. Wenn jemand die Kraft berechnen wollte, die erfordert würde, dieses durch den Blitz abgerissene Segment des Thurms, von der Stelle zu bewegen, und die dazu addirte, wodurch dieses Stück losgerissen werden mußte: so würde man sich vielleicht einem etwas anschaulichern Begriff von der Kraft der electrischen Materie nähern, und von der Schnelligkeit der Bewegung, die vielleicht die universelle Federkraft der ganzen Natur ist. Aber, was ist mehr zu bewundern? Diese Kraft selbst, oder daß die, seit so viel tausend Jahren auf dem Erdboden lebende Menschheit, noch so wenig Zuverlässiges davon weiß? Und doch nennt sich dieß raisonirende Würmchen: Herr der Schöpfung. O Pfuy! - Wie weit ist der Mensch noch von dem Punkte der Vollkommenheit zurück, zu der er gewiß in seinem Geschlechte noch auf diesem Planeten bestimmt ist. Wie langsam sind; genau betrachtet, seine Fortschritte in Entdeckung und selbst in dem Wirken der bildenden Künste. Dieser Langsamkeit schreibe ich es zu; daß die Basreliefs (meistens arabequen) womit die Pfosten der Thüren und Fenster gezieret sind, ganz modern scheinen. Nur die Statuen der Fürsten an den Facaden machen dem neuern Style Ehre! Der Keller unter dem Schloße ist schön gewölbt, hat verschiedene Abstufungen, die in den Felsen gehauen sind, und dabey lebendiges Quellwasser. Der Vorrath von Wein ist nicht groß, und braucht auch freylich nicht zu seyn. Er besteht aus den gesammleten Winzerhucken, aus der Nachbarschaft. Das große Faß ist eben so leer, als das Spiegelbergische und ungefehr eben so groß, wie jenes und das Königsteiner. - und alle drey haben ihres Gleichen viele unter den Menschen Köpfen. Von der Treppe zum Ess und Rittersaale, habe ich ein Paar Blumen Geranium gepflückt und will sie trocknen, zum Andenken, daß heut zu Tage der Ritterweg über Blumen geht. Beym Heruntergehen, machten wir einen Besuch bey Mieg. Hier ward viel über Spartacus und seine Absichten, bey Erfindung seines Systems gesprochen. Mieg gab mir über manche meiner Bemerkungen, und auch über die Recht, daß Spartacus von dem Augenblicke an, da er Mitarbeiter angenommen, nicht mehr berechtigt gewesen, ohne deren sämtliche Zustimmung etwas zu publiciren. Ich darf eine Maschiene, auch wenn ich sie auf meine Kosten erbauet, und selbst erfunden, nicht mehr nach eignem Gefallen zerstören: so bald ich ihren Gebrauch auch andern erlaubt oder mitgetheilt habe. Denn sie haben Einrichtungen auf diesen Gebrauch gemacht. Es ist nicht erlaubt, auch selbst aus Ambition andre Menschen zu Narren zu haben! Wir fuhren nach Rohrbach zum Pfarrer Herrn Erb zum Mittagessen, und blieben dort bis 7 Uhr. Der Pfarrer ist nie verheyrathet gewesen; Eine seiner Schwestern führt ihm die Haushaltung; und hat noch eine Schwester bey sich. Beyde zeigen viel Verstand. Unter den 2 Niecen und 2 Neveus hat die jüngste, von ungefähr 9 Jahren, ein entschiednes Talent für die Musik. Sie hat ungefehr 6 Monathe Lexion, und spielt ziemlich schwere Claviersonaten mit viel Precision. Schade, wenn durch Mangel an einem guten Meister dieß Talent vergraben bleiben sollte. Hierher bekam ich endlich die sehnlichst erwarteten Briefe von Weimar nachgeschickt. Gott sey Lob, daß die Gefahr so übergangen ist! Ich werde also bis Straßburg, fürs Erste, mitgehen, und bis dahin sehen, ob die entsetzliche Langsamkeit, die durch die eingetretene warme Witterung noch größer werden zu wollen scheint, mir die Hofnung läßt, im August wieder zu Hause zu seyn. Wo nicht? so kann ich mir nicht helfen, zurück zu gehen. Paris zu sehen, und dort Nichts thun zu können, wäre schon an sich, in meinem Alter, lächerlich! Wenn also gar noch höhere Pflichten dazu kommen, so bin ich vor mir und vor der vernünftigen Welt gerechtfertiget, wenn ich auch wankelmüthig vor denjenigen scheinen sollte, die meine Motive nicht wissen. den 13ten. Mittwochs. Gestern Abend, ward der Entschluß, "heute frühe weiter zu reisen", abermals wankend, indem gesagt wurde, der Wagener, der eine neue Achse mache, sey nicht fertig geworden. Sollte dieses eine Erfindung seyn: so möchte ich fast gleich zurück! Aber erst will ich mich, bis zur Entscheidung der Wahrheit, gelassen erhalten. Diese Liebe zur Ruhe ist unbegreiflich. Was ich davon begreife, ist, daß keine Delicatesse für einen Freund dabey ist. Von Gestern will ich hier noch einen originalen Schwätzer, Namens Stauch, Oberförster in Rohrbach, der sein Metier zu verstehen scheint, anmerken. Der Herr von dem Bussche erkundigte sich bey ihm über verschiedene ins Forstwesen einschlagende Dinge, besonders über das Rindenschälen, und den damit für den Eigenthümer verknüpften Vortheil. Das, aus den Antworten erhellende Resultat war. Ein Fuder geschältes Holz kostet 3 Taler. 1 ditto Rinde 12. 4 Fuder also, die sonst um 12 Taler zu geben scheinen, trugen in dieser
Gestalt 3 Fuder Holz à 3 Taler .9. das Obige - 4 = 5. Der Vortheil wäre also, ohne Landwirtschaftliche Rücksichten auf die Fabriken, Nichts, oder vielmehr nachtheilig. Da aber doch diese Art von Holzbenutzung von Partikuliers hier betrieben wird: so muß ein Fehler in der Berechnung stecken; der sich bey Versuchen in Herrschaftlichen Waldungen, bald entdecken würde. Die beste Zeit des Schälens ist, wenn der Saft so in die Bäume getreten, daß die Knospen gerade im Ausbruch stehen; tritt darauf deren Zeit ein so kann ungefehr nur 14 Tage gearbeitet, und muß dann ausgesetzt werden, bis um Johanni da der zweite Trieb einsetzt. Bey nasser Witterung gehet es länger an. Es ist wahrscheinlich, daß die Arbeit des Schälens wohlfeiler, und der Vortheil größer sey, wenn man die Rinde gemalen verkaufte.- Hier ist eine Fabrique des gobelins. Es soll die Einzige außer Frankreich seyn. Sie liegt am Berge, ohnweit dem Schlosse. Die Forellen kosten hier das Pfund 1 Taler. Auf einer Reise 1787. Fortsetzung. Carlsruh. 1787. Juny. den 15ten. Ehegestern aßen Wir bey Kirchenrath Mieg zum Abschied. Gestern Morgen, anstatt um 4 Uhr abzureisen, wie bestellt, fuhren Wir 5 1/2 Uhr aus; und dennoch waren wir, um 9 1/2 Uhr in Bruchsal. Ich habe heute mein Journal, bis den 13ten eingesiegelt und es durch Herrn Possemann, den Wirt in den 3 Königen zu Heidelberg, an die Frau Gräfinn von Bernstorff geschickt. In Bruchsal aßen Wir zu Mittage bey dem geheimen Rath und Kammerdirecktor, van der Beck, und der 4. von der Gesellschaft war, Herr Joachim. Geheimer Sekretair des Fürst-Bischofs. Ein Paar sehr würdige Männer. und Illuminaten. van der Becke ist aus Münster gebürtig, und gut mit Sprickmann bekannnt. Wir blieben bis 5 1/2 Uhr und kamen etwas nach 8 Uhr in Carlsruh an. Der Kurier hatte bereits den Herrn Professor Wucherer eingeladen, den wir also vorfanden. Beym Abendessen sprachen Wir über das Magnetenwesen. Bey aller Redlichkeit dieses Mannes, biaisirte er dennoch über diese Sache. Ich verhehlte ihm meinen Unglauben nicht, und dennoch schien er, Anfangs, das Wunderbare dabey zu glauben. als ich mich endlich mit aller meiner Lebhaftigkeit dawieder erklärte, sagte er uns mit scheinbarer Schüchternheit, und gleichsam ins Ohr: er halte Nichts von der ganzen magnetischen Kunst; er wäre überzeugt, es sey dabey viel Unsinn und viel Betrug: aber in seiner Lage sey es für ihn gar nicht rathsam, sich darüber zu erklären. Er sey versichert, der Glaube an diese Wunderdinge, der jezt in Carlsruhe herrsche, werde bald aus der Mode kommen. Was ich aus seinen Reden und Aeußerungen habe zusammen setzen können, besteht ungefehr in Folgendem: der Marggraf findet Gefallen an dieser vermeintlichen Entdeckung; und Böckmann, der im Fache der Wissenschaften so ungefehr das Ohr seines Fürsten hat, magnetisiert seine Ehefrau, zum Amusement seines Herrn. Madame Beckmann ist Somnambule; doch hat sie, nach Wucherers Aeußerung, eben nichts Wichtiges entdeckt. Ueber die Krankheit ihres Kindes soll sie verordnet haben. Das wäre denn auch noch eben so übernatürlich nicht. Beckmann hat nicht gerne viel Zuschauer bey seinen Manipulationen an seiner Frau. welches denn auch weise genug gehandelt ist. - Wucherer hat sich magnetisiren lassen; der Effect war, daß er einschlief und ihm die Feuchtigkeiten aus Mund und Nase flossen. Der Herzog war bey dieser Szene gegenwärtig. Beckmann war nach der Schweitz verreiset, war aber diese Nacht wieder gekommen. Da ich ihn des Vormittags und hernach noch einmal Nachmittags besuchen wollte, war er nicht zu Hause, und habe ich ihn also nicht gesprochen. Heute Nachmittags besuchte ich das Fräulein Caroline von Ilten. Sie freute sich ordentlich, Jemand aus Weimar zu sehen. Da ich Carlsruh schon ehedem ziemlich besehen habe, so ging ich nur auf eine kurze Zeit in die Lesegesellschaft, und dann ins Logis (Darmstädter Hof bey Klein) und schrieb Briefe, nach Weimar. Brief an Frau Gräf - Voight - Ludecus. Wucherer aß des Mittags bey Uns auf dem Zimmer, und Wir hatten ein Diner, das ein Minister auf die Tafel bringen lassen könnte. Wucherer ist sehr fleißig. Seit dem letzten October hat er schon 24 Mal gearbeitet. Was die Neuheit einer Sache nicht thun kann. Er hat Serenissimum Timoleon gebeten, ihm zu den letzten Heften zu verhelfen; denn bis dahin hat er nur bis Nro. 5. Er hat solche aber nicht erhalten, weil Germanicus keine mehr ausgeben will, sondern die Sache für geendigt ansieht. So, wie in diesen Gegenden Alle. Aber, wie kann man das? Darf man das? Heißt das nicht, die Hand vom Pfluge ziehen. O Menschen! Menschen! Wann wollt Ihr einmal richtig über Eure Pflichten urtheilen? Kann mir Jemand, (den Landesherrn ausgenommen,) befehlen, das Gute nicht zu thun? Und muß man nicht glauben, derjenige, der so leicht ein angefangenes gutes Werk aufgiebt, müsse bey der geäußerten reinen Absicht, noch geheime Nebenabsichten gehabt haben, und nun, da er deren Erreichung bezweifelt, den ersten besten Anlaß faßt, um sich zurückzuziehen? O Spartacus! Wie mag dich es schmeicheln, eine solche Anzahl Menschen am Faden deines Willens gezogen zu haben! Und nun deine Pantins in einen Winkel zu hängen! Aber, wird dirs nicht einst einfallen, daß schnöder Gebrauch so vieler Geisteskräfte, so vieler Menschen Zeit, eitel verwendet, die schlechteste Wirtschaft in der moralischen Welt sey? den 17ten. Sonnabends. Des Morgens um 4 1/2 Uhr ausgefahren, und über Rastadt, Stollhofen, Bischofsheim und Kehl nach Straßburg, einen Weg von 20 Stunden gegen 12 Uhr des Mittags zurückgelegt. Nach Tische besuchten Wir: die Türkheims, den Prinz Friedrich von Darmstadt, mit Korten, und gingen auch zu Salzmann. Nachher fuhren wir noch durch die Rumpertsau, eine schöne Promenade, unter schönen Alleen von Linden auf einer Insel, zwischen dem Rhein und der Ill. - zwischen les Contades, einer Fußpromenade, wie der ziemlich unbedeutenden Wohnung des Marschalls dieses Namens; dann durch ein Dorf Schellen, über eine kleine Anhöhe, von der sich die Stadt und die Gegend nach dem Schwarzwalde sehr angenehm praesentirt. Bald darauf, als Wir zu Hause gekommen waren, kam der Ammeister Tirckheim und führte uns spatzieren, über la Place Broglio, (Promenade in der Stadt) und eine Strecke um die Stadt wodurch ich bis zum Sinken müde ward. Als ich schon im Bette lag, besuchte mich noch der Kammerherr von Hoben; Amtmann von Steinbeck, in Holstein, der seine Kinder aus Collmar, aus Pfeffels und Thiebaulds Pension geholt hatte. Er sagte mir, er habe in Colmar gehört, Leopold Stolberg sey gestorben. Ich hoffe, es soll nicht wahr seyn! den 18ten Sonntags. Plessig. Früh um 8 zu Türkheim, und mit dem nach der Kirche, wo Plessing, sehr bilderreich, aber in schöner Sprache predigte. Es ist ganz gut, darauf zu dringen, (nach dem Gleichnisse vom königlichen Gast- oder Abendmal) daß die Menschen die von Gott angebotene Seeligkeit annehmen mögen - Aber noch besser wäre es, in einer verständlichen Sprache die Mittel und Wege zu lehren, wie die Menschen zu dieser Seeligkeit gelangen könnten. Es liesse sich sogar sagen, es wäre kein schlechte Haushalter, wer die Aufsicht seines Ackers, und sein Vieh, einem königlichen Schmause vorzöge. Und eine junge Frau alleine daheim zu lassen um beym Könige zu Abend zu essen, wäre fast unzärtlich, und legte fast ein zu großes Gewicht auf dergleichen Ehre. So könnte man auch sagen, die Vergleichung Gottes, mit einem Könige, der darüber zürnt, daß die geladenen Gäste ihre häuslichen Pflichten ihrem Vergnügen vorziehen, sey nicht ganz schicklich. Aber - man ist einmal gewohnt, diese Gleichnißrede Christi in diesem Sinne zu nehmen! - - Nach der Kirche fuhr ich mit Salzmann zum Graf Lützelburg, dem Chef der hiesigen Magnetiseurs, fand ihn aber nicht zu Hause. von da ging ich mit ihm zu Plessig, dem Freunde vom Seeligen von Medem. <Weil> dieser die kleine Schrift, über den verstorbenen Bruder der Frau von Recke von Neuem auflegen lassen will: so habe ich mit ihm die Abrede genommen, daß ich ihm dasjenige mittheilen will, was mir Elise an Papieren versprochen hat; und ihren Briefwechsel mit ihrem Bruder, heraus zu geben, damit Plessig daraus ein Ganzes machen könne; Und habe es dabey zur Bedingung gemacht, daß Salzmann sich mit Göschen darüber vergleichen möge! Plessig war nicht so ganz damit zufrieden, daß Frau von der Recke die Schrift gegen Cagliostro herausgegeben habe. Er meinte, ihre vorige Geisterstimmung habe ihm besser gefallen, ob er solche damals gleich ein wenig minder zur Schwärmerey schwebend gewünscht hätte. So viel merke ich hier, daß Jederman, der nur einen Keim von Schwärmerey im Kopfe hat, durch Cagliostros und die Magnetiseurs erwärmt und wenigstens schwebend erhalten werde; Ob die Leute gleich nichts weniger, als deutlich wissen, was sie wollen. Gut heißen mögen sie diesen Unsinn nicht so gerade zu, aber untersuchen müsse man doch, meinen sie: man wisse doch nicht, was dahinter stecke! Und während den Untersuchungen, die sich natürlicher Weise mehrentheils auf Erzählungen von Leuten gründen, die gerne haben was Außerordentliches sehen und erfahren wollen, oder doch wünschen, andre möchten von ihnen dieß glauben, gewinnt die Tradition wie eine Schnelavine immer mehr Gewalt. Dazu kommt dann die Furcht, vor solchen Männern, die ans Wunderbare glauben, und nützen oder schaden können, und hindert, daß die Fehler Sehenden das nicht sagen, was sie als Täuschungen, oder als noch Etwas Schlimmeres entdeckt haben. Unterdessen haben die geheimen Machineurs Zeit ihre Absicht zu erreichen, und alsdann die Sache als weiter nichts mehr nütz, fallen zu lassen; und dann spricht man nicht weiter davon, anstatt daß man alsdann noch weiter forschen sollte, zu was Ende die Farce gespielt sey, um durch Erfahrung, für ähnliche Fälle klug zu werden. Man läßt jetzt sogar schon den ersten lächerlichen und betrügerischen Ursprung des Magnetisirens aus den Augen, und achtet nicht darauf, daß der Unterschied zwischen dem, was man jetzt dabey sucht, und dem, was Mesmer hinein legen wollte, unendlich groß ist. Die königlichen Commissarien erklärten Mesmers Magnetismum für eitel, und nun erst legte man übernatürliche Kräfte hinein. Daß dabey Absichten seyn müssen, sieht ein kleiner Haufen. Der größere aber, worunter viele redliche Herzen aber nicht die hellesten Köpfe seyn mögen, denkt nicht einmal das, und noch weniger daran, die Natur dieser Absichten zu ergründen. Mittags bey Tirkheim auf seinem Landguthe in Rumpersau, mit Metzler. Beyde sind überzeugt, daß Jesuiten im Spiele sind. Der grand Orient de France, nimt zwar die hiesigen, als fraternisirend an, weigert ihnen aber seine Cahiers. - Sie sprechen hier von Niederlegen, ich habe es aber aus guten Gründen wiederlegt. So viel sehe ich, daß sich die Zeit eilig nahet, wo gereinigte Hefte, und bessre Plane, Eingang finden werden. Wenn nur Arbeiter da wären!! Bey Tische sahe ich den alten Tirkheim und seine Frau; ein paar sehr ehrwürdige und noch muntre Personen, obgleich der Vater über 80 Jahre alt ist. Madame Tirckheim, des Jüngern ist eine geborene Schönemann aus Frankfurth, welche etwas zu Werthers Leiden beygetragen haben soll. Nach Tische, Promenade aux Contades und von da in die Comödie: Le bon Pere. - Zum Abkühlen in der Sommerhitze Intermezzo, ein Italiänischer Buffo. 3 Baßarien, ein guter Buffo und unverschämt prima! Darauf la Fete du Village. Schöne Composition von Giltry, aber à la française gekreischt und ät gesungen. Abends war Herr Hess, von Gotha angekommen. Er ist äußerst hypochondrisch, der arme Mann! den 19ten Montags. Der Ammeister hat mich durch ein Billet beym Comte de Lützelbourg angemeldet; da ich aber hinschicke, ist er nicht zu Hause. Salzmann sagte mir heute Morgen: es sey wahr daß die Somnambulen sich zuweilen Sachen verschreiben die, wenn man sie ihnen gäbe, sie gewiß tödten würden. Deswegen sey immer ein Arzt dabey, der die Sache untersuchte, bevor man sie gäbe. Hieraus leuchtet schon viel hervor. Aber, Voltaire sagt: schon, on ose tout dire, à des hommes capables de tout croire. Des Mittags beym Prinz Friedrich. Ein Herr, dessen Charakter ich kurz, durch Vergleichung mit dem Prinzen Carl von Hessen Kassel, zeichnen kann. Wo er nicht ganz die Wendung des Kopfes des letztern hat, so hat er doch ganz sein gutes Herz, seine Naiveté, und seinen Hang nach Vervollkommnung durch Uebernatürliche Kräfte. Ach, wenn wir doch durch bloße Formeln, ohne andre Beschwerlichkeiten, als etwan beten, und dergleichen leichte Sachen, unsern Geist (den bösen Leib kann man ja nicht zwingen, den läßt man den Zügel schießen!) zur höchsten Vollkommenheit bringen könnte! Das wäre so angenehm!! - Er läugnete es mir gar nicht, daß er die Schrift des Assumo unterschrieben habe; und wunderte sich, daß sein jüngerer Bruder davon nichts habe wissen wollen. Mit dem Prinz Louis ist er eben so unzufrieden als sein Bruder Christian. Er rieth mir: ja genau, doch ohne wiedrige Vorurtheile, auf den Magnetismuß zu merken; und meinte, es könnte wohl ein Mittel der allgemeinen Glückseligkeit seyn, oder werden. Nach Tische erhielt ich, durch ein ordentliches Billet Zutritt zum Baquet. Der Graf von Lützelbourg empfing uns beyde, obgleich Herr von dem Bussche kein Billet hatte, sehr höflich, und sprach von der Sache mit viel Onction. Er war ehedem Obermeister des Capitels zu Straßburg. Hat aber seit etlicher Zeit niedergelegt, und hat die Societé harmonique gestiftet. Er wollte die Loge bereden, diese Societé zu adoptiren, und das Magnetisiren zu treiben; da diese aber nicht wollte: so stiftete er diese besondere Gesellschaft, wozu sich dann einige Brüder geschlagen und die Loge verlassen haben. Unter die letztern gehören die beyden Tirckheim. - Harmonique ist die Gesellschaft genannt, weil die Herrn die Sache bildlich, unter dem Verhältnisse der Harmonic (nicht harmonie) anschaulich machen wollen. als 1:2; 3:4. 4:5. u.s.w. 1:1 Unisonus ist das Reinste, 1:2 das nächste darauf, dann 2:3; dann 3:4. - u.s.w. Verhältniß. Sich mit jemand durch Hände Berührung in Rapport setzen, heißt, nach ihnen, eins dieser Verhältnisse, nicht nur unter diesen zwei, sondern gewissermaaßen, unter der ganzen Gesellschaft der Handelnden und Leidenden bewirken. Der Graf von Lützelburg gab dadurch, daß er jede dieser Personen, so wie sie ankamen, von der Schulter bis zu den Daumen herunter fuhr, den allgemeinen Ton, die Stimmung, oder den Généralrapport, an. Er machte mich aufmerksam, auf einen Soldaten, der sich an einen, im Hofplatz stehenden Baume in Crisis gesetzt hatte, und mit verschlossenen Augen ins Zimmer geführt wurde; dieser sprach, mit verschlossenen Augen, als ob er wachte, und verlangte einen seiner Cammeraden, der am Baquet saß, zu magnetisiren. Lützelbourg sagte: dieser Somnambuliste magnetisirte besser, als sie alle, ob er gleich nichts davon gelernt habe. Ich habe ihm genau zugesehen: so, daß ich die Handgriffe wohl genau nachmachen will. Wenn aber, wie sichs einige Meister Magnetiseurs merken lassen, eine Inspiration dazu gehört: so möchte ich wohl vergebens arbeiten! unter die Letzten gehörte wohl, Clesiglin, der jüngste Schwiegersohn des Grafen von Lützelburg und ein gewisser Zinar. Dieser Zinar war erstlich im Rapport mit einer Somnambule, die, als ich dazu kam, auf Fragen, die er ihr über eine Patientinn an der Schwindsucht auf drollige Weise that, sehr drollig, und meistens dumm, antwortete. Sie verordnete nemlich ein wiederholtes Aderlaß, und, wenn ihr das nicht hülfe, so wär's aus mit ihr! Er sagte ihr einige fast schlüpfrige Dinge vor, wobey sie artig lächelte. Als sie einige Fragen nicht beantwortete: sagte er ihr: sie solle und müsse antworten! Es wäre wohl eine artige Somnambule, die eigensinnig seyn, und nicht gehorsamlich antworten wolle. Er habe mehr zu thun, als sich lange mit ihr aufzuhalten! worauf sie dann antwortete, aber, weder gehauen noch gestochen. Dieser Zynar behandelte dennoch eine Frau (der weile er einen andern Magnetiseur mit ihr in Rapport setzte) die durch Zeitverlust bald ein Auge verloren hätte. Er legte ihr die Hände um den Kopf; dan die Linke im Rücken, und die Rechte auf die Brust; dann tiefer herunter auf den Unterleib, das Halstuch, weiles von Seiden, zurückschlagend. NB. Seide soll das fluide magnetique aufhalten. Die Frau zeigte, wie es der Zinar vorhergesagt hatte, einige Zuckungen; dann Calmirte er sie wieder, wie der Kunstausdruck, für gewisse Bewegungen mit der Hand ist, und ließ sie gehen, zum Baquet. Er ließ sich darauf von der Somnambule sagen, wann sie geweckt seyn wollte. und das traf dann gerade zur rechten Zeit; um an dem Baquet noch den Creys zu dirigiren. Das Wecken geschah, indem er ihr einige mahl ins Gesicht hauchte, dann zweymal ihren Mund mit den Fingern der rechten Hand kniff, wornach sie die Augen aufthat, und nach meiner Meynung, das vorige Lächeln fortsetzte. Das unbeschreibliche Spiel am Baquet beym Schluß, war mir sehr merkwürdig, und verdächtig. So viel ist gewiß, daß Ein Schalk, der mit einer solchen Somnambüle einverstanden wäre, die redlichsten und klügsten Menschen hintergehen könnte, wenigstens. Das Kind, welches ein Auge verloren hatte, und wovon Clinglin mir vieles in Ansehung des zweyten Auges sagte, wäre in der That ein Beweis für die Sache, wenigstens, als physisch betrachtet. - Hierüber künftig mehr! Abends waren wir in der Militair-Loge des Herzogs von Crussillon; der auch die Sache als französischer Duc et pair behandelte. den 2oten. Des Morgens früh Besuch von Ehrmann, Director der Handels Compagnie, der mir verschiedene Papiere über Cagliostros und den Magnetismum versprochen hat. Hernach der Mayor Meyer, der ein Theosoph geworden ist, und den Auszug aus dem Tagebuche einer magnetischen Cur geschrieben hat, wie er sagte: aus dem Munde jener Somnambule. Wers glauben kann! Hernach kam Tirkheim der jüngere, der sehr vernünftig über, obgleich gläubig an den Magnetismum sprach. - Vom alten Tirckheim erhielt ich zum Lesen, die Introductions Rede, und die Axiomata, bey der Initiation eines Mitgliedes der Societé harmonique. NB. diese letzte manipulirt; die Lioner agiren, durch Beten, Wollen, und bloßes Ansehen. Des Langes in Paris soll Chef oder Directeur der Magnetiseurs nach Mesmers System seyn. Drey Systeme sind also schon da! Mittags aß ich am öffentlichen Tische mit Hess. Schmutzig und schlecht. Nachmittag sah ich Monument de Chevalier de Saxe, und den Münster. Hernach Comedie mittelmäßig! La guerre ouverte, ou ruse pour ruse. Abends bey Salzmann. den 20ten Reiseten wir bis Luneville. den 21ten bis Bar le Duc. Wein hier, ist gut zum Burgunder machen. den 22ten bis Epernay. schrieb an Frau Gräfinn von Bernstorff. den 23ten. bis Meaux. den 24ten Paris. Wir kamen an gegen 2 Uhr. Die Anmerkungen auf diesem Wege, hat der Herr von dem Bussche gemacht, von dem ich solche gelegentlich erhalten werde; um sie mit meinem Gedächtniß und mit Reichhard zu vergleichen. Logis im Hotel du Parlement d'angletterre rüe Coqueron. Es soll eins der besten seyn, ist aber höchst sallop. Carrosse de remise. par jour 15 sous Valet de place - 2 sous Nach Tische visite bey Grim. ist zu Genf. - de Langes - nicht zu Hause. - Sieber will Morgen kommen, und mit mir den Coffre von der Douane einlösen. Herr von dem Busche war mit allem, was er hier vorfand, so mißvergnügt, daß er sogleich wieder fortwollte. Ernst oder nicht Ernst, so war die Art, mit der er es äußerte, drückend für mich; denn es steckte doch immer darin, daß ich ihn zu dieser, ihm so unangenehmen Reise verführt hätte! - Dieses Mißvergnügen dauerte über Essen, Miethwagen, Bette u.s.w. fort, bis nach der Oper wir ins Vaux-hall kamen; Nun änderte sich's. - Die Oper Iphigenie, von Gluck, ist in einem so neuen Style geschrieben, daß michs wundert, wie solche den Parisern hat gefallen können! Die ganze Oper ist mit Recitativen, Arien, Chören und Tänzen so gearbeitet, wie ich schon vor 1772 mit Herder, in Hamburg auf dem Baumhause darüber gesprochen habe, daß diese Dinge, zur Erregung der höchsten Leidenschaft verbunden werden könnten. Nur war, die Ouverture nicht mitgezählt, der Anfang so hoch gespannt, daß der Ton nothwendig erst wieder sinken mußte, ehe er bis zur höchsten Stufe sich erheben konnte; und mir, als einem Kinde der Natur, ließ entweder der Komponist; oder, die platte Manier des Vortrags der Sänger, besonders im Recitatif, das sonst übrigens durchgängig mit Instrumenten begleitet war; oder die äußerst übertriebenen Gesticulationen (die immer im höchsten Grade der Uebertreibung mächtig beklatscht wurden); oder die querpfeiferartigen kreischenden Stimmen besonders in der Höhe von zweigestrichenen F g a , oft Zeit zu Reflexionen. Uebrigens versteht man die Sänger, bey allem ihren Schreyen eben so wenig, als die deutschen. Die Maschienerien sind sehr schön, so, wie die Aufzüge und Tänze! 7 Livres 10 Sous der Erste Platz. Des Abends Vauxhall, darin 1) Promenade. 2) Feuerwerk. 3) Kindertanz. Hierüber hat Madame la Roche in ihrer Reise nach Paris schon gesprochen. Nur die einzige Anmerkung muß ich hier machen, daß sie über die sehr frechen Freudenmädchen gar zu sanft spricht. Sie hätte besser gethan, nichts darüber zu sagen. Ehrliche Weiber, mit guter Bedeckung von Männern und Brüdern zur Noth, aber züchtige Mädchen können dahin nicht gehen. Die Mädchen die dahin kommen und auf der Gallerie um den Tanzsaal der Kinder sich herumdrängen, sind tausend Zudringlichkeiten ausgesetzt. Ihre Art, sich zu kleiden sieht an einigen gut genug aus; nur das Schminken; die großen Blumensträusser, an den, durch den Zwang der Mode bekleideten Busen; die, wie nasses Gewand an den Hüften anliegenden Röcke, sind der aushängende Kranz, und an den meisten ist der sehr ärmliche Flitterstaat, ein betrübtes Zeichen, daß sie auf dem Wege zum Hospitale schon weit vorgerückt sind. Dieser letzte Gedanke macht wahrhaftig Schauder und Ekel. den 25ten Morgens Visite, bey Graf Ludolf. Misa du Renis und des Langes. Er bezeigte Vergnügen, mich zu sehen. Gab mir, um mich unterdessen daß er einen Brief schreibe, und einige Leute (Er war auf seinem Bureau comme trésorier général) abfertigte, Briefe, mich zu unterhalten, diese waren: NB. NB. ankommende Briefe a) von Frau Gräfin von Bernstorff. 11 May. von der Recke: 20 Aprill. Wiedemann 5 Juny. Herr Voigt - 14 May. & Billiet von Olderdorp 18 May. Nachher war er sehr freundschaftlich; sagte, der Convent sei rompû, aus Mangel an Cooperateurs. Indessen, wären viele wichtige Memoirs eingelaufen; doch sey meins darunter das Wichtigste, und setzte, nach französischer Art, mit <Uncial>-Buchstaben an die Häuser zu schreiben, hinzu: car Mr. vous seul faites tout un Convent. Er bat sehr, und hofte, Wir würden, weil Wir doch Einmal hier wären, doch wenigstens ein Paar Wochen bleiben, um Paris zu sehen; er sey wegen der Veränderung des Ministerii sehr beschäftigt, doch hoffe er, in etwas Zeit von 4 Tagen soviel Muße zu gewinnen, um sich mit mir nützlich unterhalten zu können. Er würde auch Anstalten machen, mich zu logiren u.s.w. Und da ich ihm sagte, wir wären schon ganz gemächlich eingerichtet, und würden wenigstens 14 Tage bleiben: sagte er, er wolle mir Morgen früh um 9 Uhr Jemand schicken, über den ich nach Gefallen disponiren, und durch die Archive und besehen, und durchlesen könnte. Von da fuhren wir weiter, um zu erfahren ob Richie und Mylord Inverory noch da wären, weil mir Héron ihre Auberge, a l'Empereur, aufgeschrieben hatte; und auch um Herrn von Bernstorff in der immensen Rüe St. Honoré aufzusuchen. Als wir bald am Palais Luxembourg angekommen waren, brach an der Kutsche die eine Feder, welches uns zwang zu Fuße zu gehen. Wir machten also eine ziemliche Tour jenseits der Seine, und zurück über Pont neuf durch Louvre. Pont neuf ist schön, aber die Dresdner Brücke ist größer und schöner. Das Louvre aber ist das größte und schönste Gebäude, das ich noch gesehen habe. Wir hatten Gelegenheit zu bemerken, daß in dieser Stadt das Auskramen (ètaler avec ostentation) auf den höchsten und lächerlichsten Grad gestiegen ist, wovon sich aber die guten Pariser vermuthlich nichts träumen lassen; sondern alles so thun, weil es so seyn muß und Ton ist. Nicht weit vom Pallais Luxembourg von der Façade rechter Hand, hat ein Häuschen von 6 Spann breit, die Ueberschrift: à l'hotel du St. Esprit. Der Ueberschreiber muß sich den St. Esprit unter der Gestalt einer Taube gedacht haben, der oben einfliegen könne. Jedes Haus hat seine Ueberschrift; in Buchstaben, von 2 Schuh hoch die Meisten. Buden, Kramläden, oder Boutiquen gibts gar. Alles ist Magazin. Magazin, du Bas de soye (die man nach aller Wahrscheinlichkeit mit 2 Dutzend Paar auskaufte). PARIS. à la Mode. Juny. 1787. den 26ten. Magazin d'allumettes habe ich zwar noch nicht gesehen, zweifle aber nicht, daß ichs finden werde, so wie ich mehr herumfahre. Diese Inschriften, und die Gesticulationen auf dem französischen Theater, da keiner das Wort Desespoir ausspricht, ohne die Hände über dem Kopfe in die Höhe zu spreitzen, daß es ein Y bildet, und keine Sängerinn den Schlußpunkt eines Recitatifs von der 8n zur 5ten fallen läßt, ohne eine Maxima auf der 8n zu halten, beruhen auf dem Einen und nämlichen Sinne des Auskramens. Ein Kerl, der, als wir aus Palais Royal weggingen, einen Pudel zu verkaufen hatte, der Herr von dem Bussche gefiel, und solchen für 8 Louis d'ors ausbot, gab uns seine Addresse, worin er sich Medecin des chiens, u.s.w. nennt. Die Savoyarden au Pont neuf, welche die Schuhe den Fußgängern abbürsten, haben bey ihren kleinen Fußtritten Bretter mit Renseignements, betreffend das Scheeren der Hunde, welche die Ostentation eines kleinen Meisters verrathen würden, wenn es in Paris, nicht le Ton universel wäre. Wir kamen um 1 Uhr auf die Promenade im Palais Royal. Diesen Pallais zu bauen, war überhaupt und an und für sich, aber ich glaube auch, in Absicht auf die Finanzen, eine große Idee. Er verdient in aller Rücksicht eine ausführliche Beschreibung, die ich nicht, am allerwenigsten hier geben kann. vide: Almanach de Paris. Vielleicht kann ich sein planes Verhältniß noch nach Schritten ausmessen. Jetzt scheint mirs, er sey merklich größer, als das Louvre, und in sich 1:3. Inwendig, ringsherum laufen Arcaden, unter denen sich die Magazine allerley Art, und Caffehäuser und Restaurants befinden. Keine Messe, die ich kenne, hat so brillante Kräm und Kaufläden und Gewölbe, wie manns anderwärts nennt, was man hier Magazine nennt. Dieß würde schon einen großen Conflux von Menschen hinziehen müssen. Allein dieser Conflux wird noch um ein gar Merkliches durch die, nach meiner Meynung sehr fein eingerichtete Promenade, vergrößert. Frau von la Roche hat diese beschrieben. Ich will für Heute nur noch hinzufügen. Wenn Law's System noch bestünde, oder wenn ein armer Savoyard durch irgend einen GlücksFall des Vormittags etliche Millionen in Besitz bekäme, der dürfte nicht aus dem Palais royal gehen, um seine Nacktheit durchaus zu kleiden, so reich und bunt, wie es der erhitztesten Phantasey einfallen könnte; er braucht nicht hinaus zu gehen, um eine Wohnung zu suchen; um solche zu mobliren; um Küche und Keller in Stand zu setzen, und er kann alles das in wenig Stunden bewerkstelligen, und in seiner eignen Einrichtung, noch an eben dem Tage als ein Seigneur spatzieren gehen, und auf die üppigste Weise Soupiren und sich schlafen legen. Nachmittags fuhren wir bey Herrn Sieber vor, weil der Mann so gefällig gewesen war, Heute Morgen mich zu besuchen und meinen Coffre von der Douane zu besorgen, und setzten hernach unser Nachsuchen nach dem Herrn von Bernstorff fort. - Nachdem wir solches ganz vergebens gefunden, fuhren wir nach dem Arsenal und so weiter, um die Bastille, nach Les grands danseurs du roy. Hier sind Lüftespringer; dann Comödie, oder Farce, worin das T<r>agödieren des Orestes und Pylades, in der gestrigen Oper, von einem Schustermeister und seinem Garçon recht gut parodirt wurde. Das Uebrige: Possen! Aus der Comödie nach Palais royal, um hier zu spatziren, und das unglaubliche Getümmel anzusehen. Es ist eben heller Mondschein, welches den Spatziergang unter den breiten Lindengängen sehr mahlerisch macht. Ich ward müde und Wir setzten uns bey ein wohlgekleidetes Frauenzimmer, welches deutsch sprach: unsrer Nation aber, durch das, was sie sagte keine Ehre macht. Herr von dem Bussche findet eine sonderbare Art von Vergnügen daran, die Menschen zu necken! und die armen Schafe scheinen das eben nicht hoch zu nehmen. Ich ging endlich vor Müdigkeit und Durst in ein Kaffe und nahm ein Paar Glas Limonade. Hierzu reicht man ein Brödchen, welches die meisten in ihre Limonade oder in ihre Framboise tunken, und so, ob es gleich meistens St. Louis Kreuzer waren, ihr Soupé auf eine wohlfeile Art machten. à 8 Sous etwa 3 Gute Groschen. den 26ten. Heute Morgen kam, wie Herr de Langes versprochen hatte, Monsieur le Sage. Oder Misa du Renis zu Uns. Er blieb bis 11 Uhr, und sprach sehr vernünftig. Um gleich zu thun was etwa geschehen kann, habe ich ihm zum Copiren gegeben a) die 14 Zeichnungen von neuen Teppichen. b) Auszug aus den Gesetzen des Chapters of Royal Arch. Um 11 Uhr zu Monsieur de la Ville, Gothaischen Legations-Sekretair, der in Abwesenheit des Herrn von Grimm dessen Geschäfte besorgt. Der liebe Mann, ein Natif de ce païs-cy, nous fit antichambrer, und begleitete im tiefsten negligé einen Besuch durch die Antichambre, da er Uns kaum im Vorbeygehen mit einem air de Protection grüßte. Nachher war er artig genug! (Wir waren um diese Zeit von ihm beschieden.) Er meinte Monsieur de Grimm avec qui il vivait despuis 4 ans, würde bald wieder kommen, wie er einen Courier von der Kayserinn von Rußland erhalten, den er, de Ville, ihm nachgeschickt habe. (Wenn ers vor vielen Geschäften nicht vergißt.) Nach dem Banquier des Herrn von dem Bussche welcher La Faber & Dörner heißen. Ich bin neugierig zu erfahren, ob dies Hamburger sind. Von hier machten wir einige Tours in Palais Royal; es war aber, verglichen mit Gestern Abend, leer. Nach Tische fuhr ich bey Delessart vor, und fand daselbst Briefe: von der Frau Gräfin von Bernstorff de dato 1 Juny. Voigt - 4 Juni - Nagant - 25 May Charlotte Greve 25 May. Wir fuhren nach den Tuileries, und hier laß ich erst meine Briefe, ehe ich mich nach Etwas anderm umsah. Herr von dem Bussche will das höchst unrecht gefunden haben, und fodert, ich sollte es ins Tagebuch, als eine Incongruité der ersten Größe, zu meiner Beschämung, aufschreiben. Wenigstens wären wir hierdurch so spät nach der Opera gekommen, daß wir bey der 6ten Repräsentation des Königs Tarare, keinen Platz mehr hätten bekommen können. Wir fuhren also nach les ambigu comiques, wohin ich nicht wieder komme. Nach diesem Spiel machten wir einige Touren auf den Boulevards, und gegen halb Zehn war ich im Logis, schrieb und erwartete den Herrn von dem Bussche. Die Tuileries ist ein herrlicher Platz, mit hohen Bäumen bepflanz<t>, und Gängen zum Spatzierengehen. Der Hauptgang zieht vom Louvre durch das Wäldchen auf die Statue Equestre de Louis XV. Ein sehr edles Werk, welches in Natura gesehen zu haben mich sehr freut. Es ist in Kupfer gestochen. Ich habe die Anmerkung gemacht, daß sowohl den Herr von dem Bussche als mich hier außerordentlich dürstet. Wahrscheinlich kommt das von der mit Salz und nitrösen Theilchen geschwängerten Luft. Das Wasser, außer dem, daß es trübe aussieht, fürchte ich, weil es dem nicht daran gewöhnten Fremden Fieber machen soll, wenigstens Diharröen; und beydes, käme mir, wegen der Kürze, die ich hier nur zu bleiben hoffe, ungelegen. Das Eau du Roi wird spärlich im Hause gereicht, denn es kostet Geld. Der Caffé ist höchst schlecht. Chocolade ebenso. Auch des Essens wegen möchte ich niemandem rathen, nach Paris zu gehen. Wenigstens ist es bey den Restaurateurs schlecht. Das Beste Essen hier, sind Früchte. Der Gestank in den Gassen, besonders in den vielen engen, die dabey hoch sind, ist fast unausstehlich; und daher den Franzosen das parfumiren und die eaux de senteur zu entschuldigen. Aber womit mögen sich die Gecken, ihre Nachahmer in frischer Luft entschuldigen, wenn sie die Nasen ihrer Nachbarn mit Gerüchen peinigen? den 27ten. Vormittags Besuch bey den Herrn von Aubermesnil. Philaleth. Monsieur Bondy. Receveur General, Chef du Conseil des Philalethes. Monsieur Beyerle. alle nicht zu Hause. Herrn von Bernstorff haben Wir endlich ausgefunden; und werde ich ihn heute Nachmittag oder Morgen besuchen. Champs elisées diesen Morgen. Eine wohlthätige Idee, den armen Einwohnern einen schattigen Platz, zum Spatzierengehen, und frische Luft einzuathmen zu verschaffen. Es sind lauter schöne Ulmen, die in Quinconce gesetzt sind. Der Jardin de la Pompadour hat Gräben de verdure, und der Oha! nach dem Elisée wird sehr gut zu Wandfrüchten gebraucht. Uebrigens sind die Gärten die ich noch gesehen habe, ganz in dem alten Geschmack; gerade lienigte Alleen, und Parterres. Aber groß, und in ihrer Art schön. Alles das erkennt mein Verstand, aber mein Herz bleibt leer, und das, glaub' ich, ist der Fall bey den meisten. Nachmittags einige Visiten, nachdem wir mit dem Graf Ludolf im Palays Royal, bey einem Restaurateur gegessen hatten; dann nach Fauxbourg Saint Martin, unter Mont martre, wo wir das Locale von den Amis réunis besahen; hiervon in einer besondern Beylage. Dann nach den Italiens, wo eine Mademoiselle Renauldt, sehr artig singt; eine schöne Stimme, und sehr reine Intonation; besonders nimmt sie die hohen Töne, zweigestrichene b, c, d auf eine Art auf, wie ich noch selbst von der Todi, nicht gehört habe. Es ist noch eine Frau da Madame < > , von der das Publikum viel macht. Nicht so ich. Nach der Comedie Italienne, wie manns nennt, werde ich so oft nicht kommen, denn man muß größerer Liebhaber von den französischen Vaudevilles seyn, als ichs bin, um des ewigen Gekrächze nicht müde zu werden, und die mit unter sparsamlich vorkommenden Arien, mit Begleitung sind kein Ersatz für die Langeweile. Abends Promenade au Palays royal, und Souper aux Beefstecks beym engländischen Restaurateur. den 28ten. St. Roc Geschrieben an Madame de Bernstorff. Monsieur de Schardt und Herrn Ludecus. Vormittags L'eglise de St. Roc. Die älteste in Paris. Es ist ein herliches Großes Gebäude. Die Façade, von nicht ganz reiner Ordnung, stößt auf eine enge Straße. Man muß also den Kopf sehr zurück beugen, wenn man das Peristil ganz sehen will. Bis an die Kirche steigt man 15 Stuffen. Die Kirche selbst hat zuwenig Licht. Hier hat Maupertuis ein Monument an der Wand. Worin der große Friedrich Friedrich III genannt wird. So unachtsam in einem Epitaph von einem so bekannten Könige zu sprechen, ist fast unverzeihlich; und nur Eitelkeit kann daran Ursach seyn, wenn es nicht Unwissenheit seyn soll. Die Leute meinen, wenn sie ihre eigne Nation kennen, so kennen sie alles wissenswürdige! Comte de Ludolf Nach Graf von Ludolff. seine Adresse ist durch ein Couvert, à Monsieur Henry Ackermann, Banquier à Mayance. Ihm habe ich zum durchlesen gegeben a) Essay aux Philalethes b) Einleitung zu meiner Apologie von Weisshaupt. Ludolf ist sehr warmer Freund von Spartacus, und meint Timoleon habe ihn vernachlässigt und in der Noth stecken lassen; habe ihm keinen Schutz bey dem Minister in Regensburg gegeben, und selbst die zugesicherte Pension sey letzlich nicht erfolgt. Er meint Baco di Verulam werde sich seiner nachdrücklich annehmen, und ihn, sobald er könne, an einen guten Platz stellen. Wenn alles das seine Richtigkeit hat: (wie ich doch, in Ansehung der aufgehaltenen Pension, gerne bezweifle, weil es nichts weiter betrift, als Geld) so hat Timoleon gewiß mehr Menschenkenntniß, als Baco di Verulam. Graf Ludolf (Lucretius), ist ein junger, feuriger Mann, findet es Groß, das Spartacus eines Tages, bey Erblickung eines Kreuzes, zu ihm sagte: "O, wie glücklich war der Mann, der sich einen solchen Anhang, und aus wenigen so viel machen konnte!" Ich aber finde nur den ambitieusen Menschen darinn, der gerne Chef einer Sekte seyn will; der aber nicht berechnet hat, daß ein Chef einer Sekte es nicht achten muß wenn er nicht hat, wohin er sein Haupt lege. Necker würde ein schlechter Thomas Münzer, und Thomas Müntzer gewiß kein Necker geworden seyn. Um 11 Uhr zum Archif des Misa du Renis. Monsieur Le Sage war da, welcher eigentlich Archivarius ist, und noch ein anderer Bruder an dem le jour war, und der mir sagte, man habe Ma planche mit viel Vergnügen gelesen. Ich habe die Caissons vom Templier und von den Rose-Croix und was dahin einschlägt, durchgeblättert, und mir einiges ausgezeichnet, wovon ich gerne Copey haben möchte. Ob ichs bekomme? werde ich sehen. Noch scheinen mir die Herrn nicht die Höflichsten oder Zuvorkommendsten nicht zu seyn. In gar großer Ordnung waren die Sachen im Archive nun eben nicht. Die Cahiers waren zwar numerirt, lagen aber in großer Unordnung unter einander. Auch habe ich von manchem Hefte Doubletten, weit voneinander liegend gefunden. Die Conventsacten befinden sich nicht hier, sondern im Hause des Monsieur de la Langes. Ich werde erwarten, ob er mich auf eine honette Weise in Stand setzen wird, sie zu lesen. Wenn er es auch so macht, wie die andern: so bin ich seyn Diener! Ehegestern schon habe ich drey besucht, die mich nicht wieder besucht haben. Monsieur Bondy's Bedienter oder Schweitzer sagte zwar, wenn ich seinen Herrn sprechen wollte, müßte ich vor 9 Uhr kommen: aber ich habe bey ihm nichts zu suchen; er mag übrigens Geschäfte haben, wie er will. Die beyden andern sind hier auch fremd; und haben also nichts mehr zu thun, als ich. Daß man doch der französischen Eitelkeit fröhnte!! Mittags aß Graf Ludolf bey uns. Ich befand mich aber auf der Promenade schon nicht wohl, sodaß ich mich, statt auszugehen ins Bett gelegt, und von all dem Getreibe und Gewühle ein wenig ausgeruhet habe. den 29ten. Frau von der Recke. Heute Vormittag empfing ich Briefe von Frau von der Recke, über Straßburg, durch Salzmann. Bey Erblickung des Packets freuete ich mich auf gute Nachricht von Weimar, aber leider! vergebens. Ob ich die Commission von Mietau werde besorgen können, das scheint mir sehr zweifelhaft, weil es mich in Bekanntschaften verwickeln möchte, die ich des Aufwandes wegen, an Zeit, Gelde, für Garderobe und Complimenten, eben nicht wünsche! Lucretius Rath wird mir die beste Auskunft geben. Lucien<nes>. Gegen Nachmittag fuhren wir hinaus, um dem Könige seine Maison mustern zu sehen. Wir nahmen den Weg über Lucien<nes>. Lieu de plaisance de Madame du Barry. Den Garten erlaubt die bekannte Dame nicht zu besehen, weil sie darinn unbesehen spatzieren gehen will. Der Pavillon aber wird gezeigt. Dieser Pavillon scheint nicht sowohl prächtig, als höchst elegant; und ist höchst Luxuriös. Der Vordersaal, wie man hineintritt, ist ein langlichtes Rechteck. In jeder Ecke steht eine schöne kleine Statue, auf einem gerifelten Postament, die einen Fruchtkorb hält, der als Flamb<e>au dient; weiß und schön vergoldet. An jeder Wand ein Spiegel, vor dem ein durchgeschnittener Kronleuchter, hart an, hängt, so, daß er durch den Schein des Spiegels ganz rund da zu seyn scheint. Die Sessel sind durchgangig weiß und die Ueberzüge gleichsam Camayenblumen. Es thut eine sanfte, wollüstige Wirkung. Die kleinen Seiten-Boudoirs des Rechtecks sind elegant, und haben eben nichts auszeichnendes, als schöne Spieltische, als Schach und dergleichen Das Rechteck hat einen Marmorfusboden. Der Hauptsall ist boisirt. Die Launier schön, und mit außerordentlich schönen und eleganten Vasen von weissem Marmor, und BlumenTöpfen von Sever Porcelan besetzt. In dem einen Nebenzimmer sind die vier Wände mit 4 allegorischen Gemählden, der Freundschaft, der Treue, der Liebe, und des Genusses, und dem Sinnbilde von Hymen bekleidet. Diese Gemälde sind schön, von sanften Kolorit, und von schmelzendem Lichte. Kurz das Ganze ist höchst reitzend. Nachdem wir wieder heraus gegangen waren, und der Schweitzer, als Wir in den Garten gehen wollten, uns sagte: er habe nicht die Erlaubniß, uns den Garten sehen zu lassen, und dieß also Gelegenheit gab, ein Paar Worte mit ihm zu sprechen, sagte ich ihm: der Pavillion sey Superbe, mais la paîsage qu'on en decouvre est imcomparable, antwortete der Schweitzer, da<s> sey eben das, was der Kayser gesagt hätte. Da haben sich also der Kayser und ich re<n>contrirt. Wie stolz kann ich nicht seyn. Aber es ist auch wahr, von diesem Pavillon, der hart an den Wasserwerken liegt, die das Wasser aus der Seine auf einen Aquaduc treiben, der es ferner nach Marly, und wie man mir sagte, von da nach Versailles bringen, übersieht man das reichste Thal, das ich noch jemals gesehen habe. Hart am Fuße fließt die Seine in zwey Armen; zur Linken sieht man St. Germain en Laye und ein Ende von Marly. Vor sich eine weite Ebene mit vielen angenehm liegenden Fabriken; an der Rechten wird das Gesicht durch den schönen Calvair gehindert weiter zu sehen; und den ganzen Horizont, vorwärts, begränzen sanfte Hügel. Alles ist cultivirt. Ein gegenwartiger Engländer wollte es mit Schwetzingen vergleichen. Ich aber bin der Meynung, daß er sich um 15/16 irrte. Es kostete mir viel Mühe, mich von dieser schönen Aussicht in die reizendsten Gefilde der edelsten Natur los zu reißen. Wir fuhren nach Marly, und aßen da bey dem Schweitzer, an der Barrière. Es kostete Mühe, etwas zu erhalten, weil heute viele Menschen hier Station machten, die die Revue sehen wollten. Wir aßen im Freyen. Marly ist ein Garten, oder Park, im alten Geschmack. Alleen, Wasserwerke, Bedeckte Gänge, Statuen von Bronze und Marmor; rund umgeben mit Gehölzchen. Das Hauptgebäude liegt an einem sanft abschüßigen Hügel in der Mitten, nebst zwey Neben Gebäuden. Davor ein Parterre, das ehedem Wasserbehälter hatte, die jezt trocken sind. Hier hätte man sich die schönste Aussicht in das große vorliegende Thal menagiren können, man hat aber lieber am Rande Bäume gepflanzt, und sich dadurch die Aussicht gesperrt. Um das Parterre liegen lauter Pavillons, worin ehedem die fremden Gesandten wohnten, wenn sich der König hier aufhielt. Jetzt kommt der König nicht her, und le tout s'en ressent. Hier versamlete sich die Leibwacht des Königs, wovon der Duc d'Anghien Chef ist. Jeder Gemeine davon ist Officier mit Patent. Jeder davon hat das Ansehen eines Gentil-homme, viele davon in den Gliedern haben Orden du St. Louis. Herr von dem Bussche aber bemerkte, daß das Corps in Reihe und Gliedern viel zu wenig Ordnung beobachte. Es ist schön gekleidet; dunkelblau, stark mit Silber. Die Trompeter scheinen weißgekleidet, so stark sind sie mit silbernen Tressen besetzt. Die Pferde sind sehr schön. Und also in Ansehung des äußerlichen Staats wohl mit die schönste Garde in Europa. Sie geht aber nicht zu Felde, anders als mit dem Könige. Wie sie abmarschirt war, folgten Wir nach, hin zum Platze Trou d'enfer. Wir hätten hier noch mehr Menschen erwartet, als wir wirklich fanden, doch waren genug da, um uns zu hindern, viel zu sehen. Wir fuhren also bald wieder zurück, bis in eine Allee, wo wir ein wenig still hielten, bis erst die Königinn, Madame, Monsieur und dann der König vorbey fuhren. Gesehen habe ich also diese Personen; aber nicht genug, daß mir ihr Bild deutlich geblieben wäre; dazu fuhren sie in ihren achtspännigen Carossen zu schnell. Vielleicht sehe ich sie noch ein mal länger in Versailles. Wir fuhren von dieser Stelle nach der Stadt. Herr von dem Bussche noch aux Italiens und ich nach Hause. Ich bin durch die schöne frische Luft, und die reine Natur nebst der Bewegung auf den gepflasterten Wegen sehr gestärkt und erquickt. Der Gestank der Stadt ist umso widriger, aus je reiner Luft man kommt. Das Champs elisée war sehr voll von Spatzierern welches einen sehr angenehmen Anblick machte. Heil dem, der den Gedanken hatte, es zur Erfrischung der armen Menschen zu pflanzen, die den ganzen Tag die mephytische Luft einathmen müssen. Möchte es doch keinem Projektemacher einfallen, auch hierher Häuser zu bauen, um den Steinhaufen mit verpesteter Luft zu vergrößern!!! den 30. Des Vormittags haben Wir folgende Kirchen gesehen. Notre Dame. St. Genevieve, welche seit 26 Jahren im Bauen ist, und in 6 Jahren, wie man sagt, vollendet seyn soll. Sie hat ein herliches Peristil von Chorintischen Säulen. Es ist die einzige Kirche, die ich noch hier gesehen habe, welche so frey steht, daß man sie sehen kann. St. Sulpice. Die Abend Seite hat herliches Peristil von dorischer Ordnung die untersten Säulen und von Ionischen der zweyte Stock. Die beyden abgestümpften Thüren sind von Chorintischer Ordnung, und das Ganze würde einen gar vortreflichen Effekt machen, wenn es nicht mit kleinen Häusern verbauet wäre. Hier in St. Sulpice (viel kleiner, als Notre Dame) ist der kleine Altar hinter dem Maitre autel gar schön. Ueber diesem kleinen Chore ist eine Kupole, worin der Plafond mit ungemeiner Täuschung gemahlt ist. Ueber dem Altare, jenseits der Kupole ist eine Heilige Jungfrau, auf einer Weltkugel stehend und das Kind auf den Armen habend, aus weissem Marmor gehauen. Da spielt mir ein Stümper auf der Violine fast das Gedächtniß aus dem Kopf. Notre Dame ist ein großes Gebäude. Inwendig ist das Schiff, der großen Regularität wegen, vom Hauptaltare sehr angenehm anzusehen. Dieser Altar hat eine Abnahme vom Kreuze von weissen Marmor. Der todte Körper ist ungemein schön gemacht. An der linken Seite dieses Altars kniet LouisXIII und an der rechten Louis XIV. von Marmor und bieten ihre Kronen dar. An den Seiten stehen sechs Engel mit den Instrumenten der Passion, von Bronce, schwarz angelaufen; welche alle sehr schön gemacht sind. An jeder Seite des Chors stehen 4 Tableaux, worunter Presentation im Tempel das beste ist. Die Wände des Chors sind mit Bas reliefs verziert. Die Arbeit ist gut, nur zu reich verziert. Die Kirche hat 45 Kapellen, die meisten derselben sans de fondation und haben Grabmäler und Monumente. Das Monument des Comte d'Harcourt, der 1769, und seine junge Gattin 11 Monat nachher starb, ist von Pigal. Ich meine es in Kupfer gestochen gesehen zu haben. Harkurt im Sarge, die rechte matte Hand nach seiner Gattin ausstreckend, die zu seinen Füßen in einer betrübten aber sehr edlen Stellung steht. Der Tod steht zum Haupte des Sarcophags, und zu den Füßen desselben, im Hintergrunde, ein Genie der eine Fackel auslöscht. Die Allegorie wäre artig genug; nur ist die Figur des Todes, trotz dem Gewande, das ihr der Künstler umgeworfen hat, Hideux, und läßt sich mit nichts Schönem vereinigen. In einer andern Kapelle befindet sich ein ganz außerordentlich schönes Gemälde von Carl van Loo. Der Cardinal Baromée reicht zur Pestzeit einer Kranken das Abendmal. Ich beziehe mich bey der Kürze meiner Bemerkungen auf den Guide des voyageurs à Paris. Heute Nachmittag besuchten Wir Monsieur Bondy. Receveur General. Der Mann empfing uns gar höflich, und wir sahen seinen superben Saal, und damit gut, daß sie alles vergessen, entschuldigen sie mit ihren großen Geschäften. Bondi sagte, Savalet habe ihm erst um halb 3 sagen lassen, wie er vergessen habe, daß er mit ihm essen wollen. Aux Italiens sahen Wir le Soldat magicien, und dann Nina. Ich hätte es nicht erwartet, daß mich eine französische Actrice so rühren würde! Aber man kann mit nicht mehr Wahrheit der Natur spielen, als Nina (Madame < > ); und meine Thränen flossen unfreywillig. Die Partitur dieses sehr hübschen Melodramas habe ich für Ihre Durchlaucht die Herzoginn Amalia, um 18 Livres gekauft. July 1ten. Heute Morgen Besuch beym holländischen Gesandten von Berkenrode; und gleich darauf bey seinem Aumonier Monsieur d'Armand. Dieser Mann sagt unendlich viel für den Magnetismus. Er hat uns Curen erzählt, die er selbst bewirkt habe, welche ein jeder andrer für Wunder erklären würde. Er aber leitet alles aus physischen Gründen her. Freylich nimmt er einiges als axiomatisch an, was viele andre noch kaum für hypothetisch möchten hingehen lassen. Wenn er indessen aus eigner Erfahrung einerley und dieselben Effecte entstehen siehet; bey jeder Kur allen Gebrauch von Medicin bey Seite setzt; keine Geld oder Ambitionssache daraus macht; kein Fanatiker ist: so verdient das, was er sagt, angehört und seine Versuche geprüft zu werden. Unter seinen Kuren ist die an der Kindermagd der Frau von Dieden, genannt Schmidten, durch Zeugnisse bestätigt. Die Kur an dem Pferde, des preußischen Ministers von Golz, die er erzählte, war mir die Auffallendste, indem sie mit dem, was mir Wucherer erzählte, ganz zutrift. Daß ihm, Wucherer nämlich, der Mukus aus Mund und Nase gefloßen sey, wie hier dem Pferde. D'Armand sagte Etwas, was ich schon im vorigen December nach Bremen geschrieben habe, nämlich: wenn der Magnetismus animalis ohne Formeln von Seegensprechungen und dergleichen, jene Wirkungen sicher hervorbringt: so ist der Aberglaube noch nie härter angegriffen worden. Er giebt zur Ursache aller Erscheinungen einen höchst feinen flüssigen Aether an; welcher alle Bewegungen der Natur bewirke. Newton und andre Physiker haben schon einen Aether gemuthmaßet, der 7000 mahl feiner sey, als die Luft. Dieser Aether durchströme, gleichsam wie Bündel Fäden die Körper, und so lange wie er frey allenthalben strömen könne, sey der Körper gesund. Finde dieser Strom Hindernisse, sey der Körper krank. Dieses Hinderniß hebe man, wenn man durch Leitung vieler Fädenbündel auf den Ort des Hinderniß, die frey Strömung, und das Aequilibrium dieser Magnetischen Materie wieder herstelle. Armand sagt, es steht bey ihm, nach seiner Behandlungsart, den Patienten die Convulsionen zu ersparen. Epilepsien will er gewiß heilen können, ob er epileptische Patienten gleich nicht in Rapport mit andern bringen möchte. Er heilt auch Contusionen. Große Schnittwunden hat er noch nicht unternommen. - Man muß selbst sehen. Mittags hatte mich Pomaninsky aufgesucht und schleppte mich zu einer Loge d'Adoption au Fauxbourg St. Denis au Local de la Loge L'amitié. La grande Maitresse war Madame Angibauh, und die vernünftigste von allen. Ueber die großen Buchstaben! Musique militaire und Symphonie. von 5 Hautboisten, die kein InvalidenBataillon schlechter haben kann. Die guten Leute!!! Wenn ich eine Stelle als Ausschreyer geben möchte, der sollte hier erst T. v. rb. werden. Ich war neugierig, Franzosen ihre Tänze tanzen zu sehen. Sie hüpfen genug. Und so, wie ihr Gesang, so ihr Tanz. Es ist ein drolliges Volk. Es schwebt in der Luft wie Pflaumfedern. Ich war bey Zeiten zu Hause. Noch muß ich der durchlöcherten Servietten, und der Messer, worauf im eigentlichsten Verstande, dicker Rost saß, erwähnen. den 2ten. Gegen Morgens war Monsieur d'aubremenil bey mir; Ein sehr verständiger Mann. Ueber den Magnetismus sprach er gerade, wie d'Armand, den er nicht kennt. Er hält es für eine neue Entdeckung, einer bisher übersehenen physischen Kraft. u.s.w. Sonderbar, wäre es: wenn es seine Richtigkeit damit hätte. Herr von dem Bussche der Gestern Herrn d'Armand noch gesprochen hat, sagt mir, d'Armand habe ihm erzählt, er sey stark von Körper gewesen, wie ich, dadurch aber, daß er sich habe magnetisiren lassen, habe er den Ueberfluß verloren; und das würde auch mir gut seyn. Von 11 bis 1 Uhr sind wir über le nouveau Boulevard gefahren - Ueber Pont royal, an der Seine herum, bey den Bains (hier einige schöne Gebäude) bey den Invaliden und so über Pont neuf, Louvre - wieder nach Hause. von dem Bussche ist nicht recht wohl. Er wird sich wohl Gestern Abends, au Palais royal erkältet haben, denn es <schauerte> um 11 Uhr, und er kam erst um 1 Uhr zu Hause. Invitation von der Loge à l'age d'or auf Morgen. Da aber heute Morgen Monsieur Bondy selbst da gewesen ist um mich auf Morgen Mittag zu bitten: so werde ich das Letztere vorziehen. Beym Restaurateur haben Wir vorige Woche Essen zu bezahlen 105 Livres. Wenns nur nicht schlecht gewesen wäre! Heute Mittag bey dem holländischen Ambassadeur von Branzen. Bey Branzen ward die Nachricht zuerst erzählt, daß Monsieur Callonne aus dem Reich entflohen, weil er etwan an 30 Millionen nicht zu berechnen gewußt; - daß le Comte de la Motte in London ermordet, und seine Papiere, womit er gedrohet, in Sicherheit gebracht worden. Von da nach dem Theatre italien, wo Richard coeur de Lion gegeben wurde. Ein Stück, das durch die Musik, Dekoration und Spectacle (wobey die Franzosen besonders das Gruppiren verstehen) einen großen Effekt macht. Beym Herausgehen, auf der untersten Treppe ward ich mit einer Nadel in die Wade gestochen. Da ich mich umsah, ward ich gewahr, daß ein Frauenzimmer eine Nadel in die Modeste steckte. Ich fand aber besser sie nicht darüber anzusprechen. Promenade au Palais royal Die Mädchen sind sehr frey bis zur Frechheit. Drey wohlgekleidete boten mir Partie an! Wie gefährlich ist das für junge Menschen! Abend supirten Wir, Herr von dem Bussche Graf Ludolf und ich bey Barriere. den 3ten. Morgens früh bey Mr. de Langes, auf dem Archive. Hier suchte ich mir einige Memoires, zum Durchlesen aus. Wogegen ich Empfangschein gab; auch vom Archive des Misa du renis nahm ich 6 Hefte, gegen Schein. Aubermesnil Ging zu Fuße nach Hause und kleidete mich um, um bey Monsieur de Bondy zu essen. Der Bruderd'Aubremesnil Conseiller au Conseil à Perpignan, laß mir einen Aufsatz, die Reform der Frei Maurerei betreffend vor, mit der ich im ganzen sehr zufrieden bin. Wir haben Correspondenz abgeredet; besonders über Illuminatenideen. Mittags beym Herrn de Bondy. woselbst Savalet de Langes und d'Aubremesnil mit seinem Sohne war. Diese Männer waren mehr als höflich; sie waren brüderlich Cordial. Ich habe das Vergnügen zu sehen, daß ich nicht vergebens gearbeitet habe. Man hält meine Geschichte für wahr, und hat meine übrigen Ideen und Vorschläge so wichtig gefunden, daß sie sehr wünschten ich möchte auf ihre Kosten hier bleiben bis den Winter über, um mit ihnen zu arbeiten. Da ich ihnen dieß, ganz natürlich abschlug, bestanden sie darauf, ich möchte im November oder December wiederkommen, auf ihre Kosten! / - Auch das möchte aber wohl nicht gehen. Indessen habe ich gerne und wahr versprochen, daß ich durch Correspondenz arbeiten will, was ich kann. Vom Aberglauben an Science occulte und sublime sind diese drey Brüder glatterdings zurückgekommen, und ganz vorbereitet, Ideen der reinen gesunden Vernunft aufzunehmen. Aller 3 Brüder Charakter ist gut und bieder. Ihre Biederkeit selbst ist Schuld, daß ich sie (wie ich heute aus manchen ihrer Aeußerungen glauben muß) bis jetzt fast für unhöflich gehalten habe. Heute Abend Spectacle au Palais Royal des Enfans. Ein sonderbares Ding. Dem Entreprenneur ward Anfangs das Privilegium gegeben, mit Marionetten zu spielen. Er wollte es schön machen; und gab Mario<ne>tten von 4 und mehr Fuß hoch. Das war abscheulich, weil es, ohne Natur zu seyn, der Natur zu nahe trat. Weil das wirklich hübsche Theater gebauet war, und der Entrepreneur sich in viele Kosten und vermuthlich auch Schulden gesteckt hatte: so erhielt es die Freyheit, ein Spectacle von Kindern zu geben, jedoch hat die Academie royale de Musique ein so großes Privilegium, daß kein ander Spectacle, ohne Ihre Einwilligung mit Musik oder Gesang gegeben werden kann. Da aber dieß Theater dennoch Operet geben wollte: so hat man den sonderbaren Ausweg gefunden, daß in Operetten die Acteurs auf dem Theater weder sprechen noch singen; sondern beydes geschieht hinter der Scene. Sie haben es aber in der Kunst so weit gebracht, daß selbst ich zuweilen getäuscht bin, und geglaubt habe, die Personage auf dem Theater singe. Die Tänze von Kindern sind scharmant. Ein Ballet, das ein Ringen und darauf eine Klopffechterei vorstellte, brachte außerordentlich schöne Zeichnungen und Stellungen hervor. Das Orchestre ist hier nicht eben zahlreich, aber sehr gut miteinander eingespielt. Herr von dem Bussche hat sich Gestern und Heute über Kopfschmerzen und Uebelkeiten beklagt. Unnatürlich kommt mir das freylich nicht vor; weil er eben nicht sehr für seine Gesundheit sorgt. Aber ich wünsche doch herzlich, daß er hier nicht krank werden möge. Dabey freue ich mich auch für mich, über meine eigne Gesundheit. Wenn Ordnung und Enthaltsamkeit dazu beytragen können: so hoffe ich auch, wieder Gesund nach Hause zu kommen. Ich kann hier nicht umhin, zu bemerken, daß der Luxus unendlich hoch getrieben ist. Das Haus des Monsieur Bondy ist im größern Geschmack möblirt, als ich bisher für fürstlich gehalten habe. Eine Uhr auf dem Kamine allein, kostete, wie mir Bondy sagte, 3200 Livres. Es ist eine Weltkugel, auf einem Piedestal von Bronze, woran die Gürtel beweglich sind, und rund laufen; die Minuten in einer Stunde, und die Stunden in 12 Stunden; eine Figur verde<âtre>, einen Gèometre vorstellend zeigt mit dem Zirkel die Minuten und Stunden, die unter dem Zirkel durchlaufen. Unten am Piedestal steht die Zeit mit der Sense. Die Vasen die auf beyden Camine stehen sind von Crystal, Marmal Transpar<e>nt und Jaspis. Der Saal hat selbst noch 4 Figuren in LebensGröße welche Cornes d'abondance halten, auf denen die Girandolen angebracht sind, und an beyden Caminen stehen Figuren, als Grazien, im Demi relief. Die Gardienen sind blau Damast mit goldenen Tressen und Quasten, wie die Lonagers und Stüle. Die Spie<gel> gehen bis auf die Erde. Die Superportes sind haut reliefs: Genies, die Urnen begleiten. faste que tout cèla. Und doch ist Bondy un homme extremement simple und raisonable. Aber gute Nacht! Ihr bessern und simplern Menschen in Sachsen und Thüringen!!! den 4ten. Heute bin ich den ganzen Tag zu Hause geblieben um Papiere zu lesen. den 5ten Vormittags gelesen. Um 12 Uhr zu Herrn Sieber um Monsieur Duport auf dem Violon Cello zu hören. Er ist sehr brav. Mittags bey Monsieur de Bondy; mit ihm aux Italiens in seine Loge. Es ist hier ziemlich der Ton, auf ein Spektakel zu bewirthen. Nach dem Schauspiele Concert bey Monsieur Savalette de Langes und Souper. Alle Instrumental Musik von Boccherini. Eine Mademoiselle Desmaris, Liebhaberinn, sang ein Paar italiänische Arien recht brav. Aber das sehe ich kaum ein, wie die Todi hier hat gefallen können, wo man erst glaubt es werde gesungen, wenn gekrischen wird. Um 1 Uhr bin ich nach Hause zu Fuße gegangen. den 6ten. Vormittags gearbeitet. Mittags das Hôtel des Invalides besehen. Diner avec Messieurs de Langes, Bondy, Tassin. Nachmittags Opera Tarare. Abends mit Graf <von> Ludolf und von dem Busche. den 7ten Morgens gelesen. Nachmittags Bois de Boulogne. Um 7 Uhr zu Hause; und Gottlob, Briefe von Weimar.!/Gottlob, Gottlob!! Abends zu Hause Toccodille. <Briefe> von Frau Gräfinn <Bernstorff>, Hufeland, Voight, Ludecus den 8ten Romilly horloger, rue poupée St. André aux Arts, macht die Barometre, davon Monsieur Bondy eins hat. Monsieur Bondy veut bien se charger d'en faire, avec ce qu'il y a ajouté. Du moulin, der erste Arzt von Paris, seiner Zeit, sagte, als man ihm auf seinem Sterbebette bezeigte, wie sehr er vermißt werden würde: ne regrettez rien! Je laisse aprés moi deux bons medecins, ce sont le bon régimen et l'eau car on ne m'a jamais appellé de nuit pour un malade qui n'avoit point soupé. Den ganzen Tag zu Hause. Nämlich Vormittags am Schreibtische, und Nachmittags mit Monsieur des Langes gearbeitet. den 9ten. Heute Vormittags um 11 Uhr zum Legationsprediger der holländischen Gesandtschaft, Herrn Armand, der Uns auf diese Stunde zu einer magnetischen Lexion eingeladen hatte. Aber seine Anstalten waren noch nicht ganz fertig; und er hat uns auf den Donnerstag auf die Zeit wieder eingeladen. Des Gedächtnisses wegen, will ich um so mehr einiges hier aufzeichnen, weil mir diese Sache wichtiger für mich zu werden scheint, als sie mir es bisher gewesen ist. Es kam noch ein Chevalier de Moltke dazu, dessen Namen ich nicht weiß, welcher aus Einem Munde mit Armand sprach. Beide wollen beym Magnetisiren von keinen kabalistischen, magischen, theosophischen, oder auch religiösen Formeln wissen, sondern behandeln die Sache bloß physisch. Indessen heilen sie nicht nur viele Krankheiten, sondern erfahren auch durch ihre Sonambulen, und Chrysiasten, (wie sie es nennen) allerley Nachrichten, sowohl dieser Somnambulen ihre Krankheiten, wie auch fremder Krankheiten und deren Kurmethoden, Zeit der Genesung, u.s.f. betreffend. Von Vorhersage künftiger, oder in weiter Entfernung sich zutragender Begebenheiten; von Lesen und noch weniger Reden und Verstehen fremder, den Somnambulen unbekannten Sprachen, wollten beyde Nichts wissen. Doch sagte Armand, wenn man einer Somnambule, in der Crisis, ein deutsches Lied vorsänge würde sie es deutlich und rein, wie eine Deutsche nachsingen, wozu sie außer der Crise unfähig wäre. Der Chevalier sagte auch (ohne daß ihm Armand widersprach<)>, er habe in Lion ein Frauenzimmer gesehen, das durch undurchsichtige Körper, zum Exempel von einem Zimmer ins andre, durch die dichte Wand, hindurch gesehen habe. Sie nehmen Grade der Vollkommenheit in den Crysen an, deren nicht alle Personen gleich fähig sind, auch dieselbe Person nicht alle Tage. Armand sagte, zum Exempel er wolle wirklich den von dem Leibarzt Hoffmann, in Mainz ausgesetzten Preis sicher gewinnen, so bald sein Sohn und seine Frau geheilet wären, und er eine gute Somnambule hätte. Die 100 Taler wolle er als Reisegeld ansehen, weil er sonst kein Geld für seine Operationen nähme. Ich habe ihm, noch abermal Heute, meinen bisherigen dedicirten Unglauben an diese Sache nicht verborgen. Dieß, sagte er, reitze ihn noch mehr mich einzuladen, de poursuivre un peu la methode, weil ich überzeugt werden würde; und ich selbst magnetisiren, oder mich gegen meinen starken Körper magnetisiren lassen solle, und käme dabey auf meinen Glauben oder Unglauben nichts an; weil die Wirkungen bloß physisch wären, <(>seine eigenen Worte waren: cela paroit miraculeux, m'ais ce n'est pas miracle<)> miraculeux schienen, wie im Anfange die Electricität, aber ebenso natürlich wären, wie die Letztere. Unter andern Dingen die Armand noch sagte, wären auch folgende mir merkwürdig: die Crysiasten hätten eine ungemeine Zuneigung zum Golde, und einen ebenso großen Widerwillen gegen Silber. Mann könne damit eine gaukelnde Somnambule sicher probiren. Wenn sie nicht alles Silber, das man ihr etwan unmerklich in die Hand drückte, mit Abscheu von sich würfe, und dem Golde liebkosete, so sey es eine Betrügerinn. NB. die Rede ist immer mehr von weiblichen, als männlichen Somnambulen. Er sagte bey dieser Gelegenheit auch noch vom Golde, daß es die Kopfschmerzen heile. Man dürfe nur eine Louis d'or an die Stirne drücken: sie würde daran kleben, und erst von selbst abfallen, wenn die Schmerzen vorüber. An eine Stirn, ohne Kopfschmerzen würde sie nie kleben. Seidene Kleider zu tragen hielt er nicht nur bey der Kur für schädlich, weil Seide, wie bey der Electrizität, isolire, sondern überhaupt, weil solche das magnetische Fluidum zurück stoße. Seine Meynung über den Einfluß des Magnetisirens auf die Moralität des Menschen, indem sie das Gleichgewicht dessen, was man gewöhnlich Lebensgeister nennt, herstelle, war sehr ingenios, aber zu weitläufig, hier her zu setzen. Wenn aber die Voraussetzung wahr ist: so ist die Folge wohl eben nicht zweifelhaft. Die Einrichtung des Zimmers will ich hier kürzlich beschreiben, und nur bemerken, daß ich nicht anders, als mit den Augen ungefehr gemessen habe. Vielleicht finde ich es wichtig genug; alsdann kann ich ein richtigeres Maaß bekommen. In einem rechteckförmigen Zimmer, das mit den Fenstern auf eine sehr schöne Gegend von Paris, die mit den Fenstern auf Küchen Gärten, nach der Gegend von Montmartre hin stößt, ist in der Mitte ein Zirkel von verschiedenen Linien und Farben gezogen. (Die Farben, sagt Armand sind wi<ll>kürlich und nur zum Zierrath) Dieser Kreis ist mit etwa 12 Linien durchschnitten. Der Zirkel mag etwa 6 a 7 Schritt im Durchschnitt haben. Auf dem Centro steht ein Kreuz von dieser Figur Å . Dies Kreuz ist von fest geschmiedeten Eisen, hat ungefehr 10 Linien im Durchschnitt, ist verguldet (des Zierraths wegen) Die drey Spitzen oben sind scharf gespitzt, und der Querriegel steht genau auf die Pole, und correspondirt genau mit dem Hauptkreuze der Linien durch den Kreis auf dem Fußboden. Um diese Stange <(sie befindet sich> im Wasser und reicht bis auf den Boden<)> steht ein Kübel, der mit Wasser (nicht, wie das Baquet in Straßburg mit zerstoßenem Glase und Feilspänen) angefüllt ist. Dieser Kübel ist, des bessern Ansehens wegen, mit grünem Zeuge bekleidet, und mit einem Kranze von Posamentierarbeit bekränzt. Um den Kübel geht eine Scheibe von gutem Eichenholz, von etwas mehr, als Zoll Dicke, und als ein Stul beschlagen, ist dabey so hoch von der Erde, daß der Magnetiseur sich an jeder Stelle darauf, und mit jedem Patienten bequem in Rapport setzen und magnetisiren kann; weil die Lehnstühle der letzten rund herum, mit den äußersten Füßen, zwischen den Stralen des Zirkels, auf oder etwas innerhalb der äußersten Linie stehen, und also zwischen den Knieen der Patienten und der mittlern Scheibe grade soviel Raum ist, daß sich der Magnetiseur, zwischen den Patienten und der (festen) Scheibe oder runden Bank rundherum bewegen kann. Armand sagte, die Krayse und Durchschnitte würden, samt der Stange Å . (daran die Horizontal Stange etwa 7 oder 8 Fuß hoch, und die beyden Arme, jeder 18 Zoll lang seyn mag) zu erst magnetisirt, und dadurch werde bewirkt, daß das magnetische Fluidum sich beständig innerhalb des Kreises bewegen müsse, und sich nicht zerstreuen könne. Das Wasser in dem Kübel diene dazu, daß es nicht nur das Fluidum vermehre und verstärke (Denn das Wasser, als solches, sey ein todter Körper, aber ein mächtiges Vehiculum des magnetischen Fluid<i>, der darin sich gerne anhäufe) sondern es ziehe auch die Miasma, der Krankheiten, die in diesen Kreis kämen an sich. Ueber die Zirkulation des Fluidi sagte er noch, man könne diese Zirkulation des Fluidi der Feinheit der Materie wegen, mit gesunden Augen nicht sehen. Crysiasten aber sähen solche auf der Zirkel und Querlinien, wie einen Strom fließen; und sein Sohn könne in der Crisis über keine von den Linien treten, weil ihm solche erschienen, als ein Fluß, oder Bach, über den er nimmer mit beyden Füßen springe. - Was ich von alledem künftigen Donnerstag sehen werde, oder nicht? will ich ohne Vorurtheil erwarten, und hier nur noch anmerken, daß Monsieur de Langes, den ich Gestern über diese Materie sprach, der ein sehr aufrichtiger Mann, und President de la Societé harmonique hier ist, mir sagte: "er habe magnetisirt, und sich magnetisiren lassen, aber nie keinen Effekt, weder hervorgebracht, noch an sich verspührt." Ich will nicht glauben, sondern sehen und erfahren. Mittags beym Herrn von Bernstorff gegessen. Abends in die Comödie aux Italiens, wo eine schöne Operet Les promesses de mariages zum 3. Male gegeben ward. Die Musik ist von einem jungen Manne, aber sehr schön. Ich will suchen sie in Partitur für Bellomo zu bekommen. O, wie kurz ist mir die Zeit, für das, was ich zu thun habe, und für das, was ich doch wohl sehen möchte!! den 10ten Vormittags gearbeitet, und an den Prinzen Christian von Darmstadt geschrieben. Um 17 Uhr mit Graf Ludolf zu de Langes, um miteinander über das Illuminaten System etwas zu sprechen. Ludolf sagte mir im Hinfahren, er werde den Sonnabend mit der Diligence nach Straßburg gehen, welches ihm, mit dem Bedienten nur 4 Louis d'ors koste. Ich hatte und habe große Lust, mit ihm zu gehen, denn ich bin des Lebens hier satt. Das Gute, was ich für hier Itzt persönlich thun kann, ist ungefehr geschehen. Um den Magnetismus recht zu beobachten, würde der Graf wohl ein Paar Tage länger bleiben. - Als ich es aber Heute Herrn von dem Bussche von weiten zu verstehen gab, sagte er mir, ich könne mich darauf verlassen, er würde nicht länger bleiben, als es seine Cur erfodre. - So lange er es nicht übertreibt, ist es nicht mehr als billig, daß ich ihn auch auf der Reise, besonders als Kranken nicht verlasse. Aber das ist mein fester Vorsatz, gegen die Mitte August zu Hause zu seyn. Mittags bey de Bondy. Abend Oper. Armide von Gluck. Ich werde nach keiner Oper auf dem Pariser Theater wieder trachten; so schön auch Composition, Orchester, Decoration und besonders die Tänze sind. Denn das Schreyen der Singenden verdirbt alles. Ich habe dem Herrn von dem Bussche allemal vorher ein Zeichen gegeben, wann stark geklatscht werden würde; und das war, so oft eine Personage eine lange Note stark in der Höhe aushielt. Kurz, es sind die 18 Zoll hohen Buchstaben allenthalben in Paris. Nichts ist schlechtweg bon; sondern alles merveilleux; und man muß es gestehen, der Geruch in den Gassen ist merveilleusement mauvais: so wie das Essen und der Wein bey den besten Traiteurs und die Sitten in den meisten Ständen (den mittlern Kaufmann etwan ausgenommen) merveilleusement corrompü. den 11. ten Heute Vormittag Briefe geschrieben, und Hefte durchgesehen. an Prinz Christian von Hessen Frau Gräfinn von Bernstorff. an Hufeland. Hofmedicus. Madame Wiedemann. Mittags bey Misa du Renis. Abends aux Italiens. Le Comte d'Albert. worinn mich Madame Dugason, mehr als einmahl bis zum Weinen gerührt hat. den 12. Vormittags. Briefe: an von der Lühe. an Nagant. an Charlotte Greve. Mittags zu Hause gegessen. Post repedirt, und dann nach dem Theater aux Français. Dieß Theater ist hübsch eingerichtet. Eine Rotunde, oben mit einer Cupole en fresco gemahlt. Der 3/8 Bogen vom Zirkel hat 5 Reihen Bogen; und unter der ersten und zweyten Reihe läuft ein Balcon herum, welcher, da er vorspringt, einen artigen Effect macht. Der Platz hinter dem Orchester , der wohl auch Platea heißt, heißt hier Orchestre, und ist Prima Place, nach dem Balcon; hinter dem Orchester ist das Parterre, worin man steht, anstatt daß man im Orchestre sitzt. - Man gab L'Ecole des Peres, Comödie en vers. Einige pathetische Stellen des Stücks wären für mich noch schöner gewesen, wenn ich dabey den Klingklang des Verses und Reimes nicht gehört hätte; doch mich hat das Spiel des Vaters (von Hoven) und des Sohnes, sehr gerührt. Nachher Ecole des Bourgeois. Comoedie en 3 Actes. - So wie sich die Ecole des Peres sehr gut, und zwar besonders für Hamburg, deutsch machen ließe: So individuel ist l'Ecole Bourgeose für Frankreich. Monsieur Mathieu ward von einem Acteur gespielt, der noch stärker von Körper war, als ich, und dessen Gesicht breiter ist, als ich je eins gesehen habe. Hierauf war scheinbar Rücksicht genommen, und es that eine große Wirkung, als der persiflierende Marquis unter andern zu ihm sagte. Oh, Monsieur Mathieu, on ne se mocque pas d'un homme comme vous, qui êtes un homme de tête, un homme de credit ... und homme de poids! Die Zuschauer sind in diesem Theater bescheidener, als in den übrigen; und beklatschen noch öfters den Autor bey schönen Stellen, als den Acteur bey Contorsion. Ja ich habe Heute sogar ein Mal das Publikum, bey einer schönen Pantomime mit den verschämten Blicken der Tochter, da ihr ihr Vater ihren Liebhaber zum Bräutigam vorstellt, zum Applaudiren geführt. Wie the thrunkmaker in London. Abends soupirt im Palais royal, mit von dem Bussche Graf Ludolf und Gr. v. < > einem Mißvergnügten aus Brabant. den 13. Heute Vormittags Gelesen, und ein Paar Briefe geschrieben. Mit Graf Ludolf, an Baco di Verulam dem ich Elisens Brief mitschicke; und mit von Pomaniczky, an Schönborn in London. Geschrieben an Beyerle's Memoire. Mittags bey de Lange. Eben sagt mir vonBussche daß er eine Inschrift gelesen hat: Magazin de Dragées. Ferner: Jacquemin Maitre menusier, Auteur des Escaliers nouveau. Bey de Langes sahen Wir seine Schwester, welche 6 Kinder hat, die noch alle am Leben sind, und die sie alle selbst gestillt hat; dieß ist für eine französische, sehr wohlhabende Frau, ein höchst seltener und merkwürdiger Fall. Es ist eine gute Familie die de Langische! Abends Oper Tarare zum 9ten Male. Herr von Bussche hatte eine eigene Loge genommen, so, daß Wir doppelt Platz zum Sehen und Hören hatten. - Aber, so starke Züge die Salierische Komposition hat, so ists doch weiter Nichts, als eine Oper. 14.ter Vormittags gearbeitet. Mittags zu Hause gegessen. Nachmittags wollte ich auf den Boulevards emplettes von Kupferstichen, Messern und Scheeren machen. Es regnete aber so stark, daß ich wieder zu Hause fahren mußte, da ich dann meine Zeit zum Abschreiben verwendete. den 15. Heute sind wir nach Versailles gefahren, der Weg dahin, ist 11 Miles françaises, deren 5 auf eine deutsche Meile gehen lang; schön und beständig voller Menschen in allerley Fuhrwerken. Auf halbem Wege, zu Ponte seve, muß man einen großen Thaler bezahlen, wenn man nicht mit Hoffuhrwerk, oder mit eigner Equipage fährt. Weil eine Art von königlicher Post, oder Messagerie dadurch verliert, wenn man mit Wirthpferden fährt. Eben so ist der Fall auf dem Wege nach Marly, zu Nanterre. Wir sahen den König in die Messe gehen, vorne im Schweitzer Saale. Nachdem er kaum 10 Minuten da gewesen, kam er zurück, darauf ging die Königinn hin und kam in noch kürzerer Zeit zurück. Die Königinn zeichnete sich unter allen Damen aus. Pracht war nicht so viel da, als ich erwartete. Der König war in changeant Tafft gekleidet, und die Königin in gestreiften sehr symple. Wir sahen hernach die Kapelle, die Wir des Knieens wegen vermieden hatten. Es ist ein Gebäude von schöner Architectur. Der Garten am Schloße, oder Terasse de Chateau enthält einen Schatz von Bildhauer und Statuair Arbeit in Bronce und Marmor. Die Beschreibung davon findet sich im Almanach de versailles. L'orangerie ist hübsch, ich habe aber keine so starken Stämme darinn gefunden als Belvedere bey Weimar enth<ä>lt. Indessen nimmt sie sich, angesehen oben von der Terasse recht hübsch aus. Die ganze Terasse, die nicht klein ist, hat keine Handbreit Schatten. Das Schloß ist wirklich königlich. Ehe der König in die Messe ging, besahen wir l'oeil de Boeuf, und die große Gallerie pagina 24 im Almanach. Herr von dem Bussche befand sich nicht wohl. Er blieb nach Tische im Hôtel du juste / wo es sehr theuer ist / und Herr Blount Webster, Consul in Marocco, und ich gingen wieder ins Schloß, die königlichen Zimmer zu besehen. Pracht genug! Ob sichs in den ParadeZimmern besser schläft! Von allen Ameublemens hätte ich nur ein Paar Vasen von Porcelan de Seve haben mögen. Beym SpeiseSaale fiel mir die Einrichtung des Orchestres auf, weil sie à la française, das heißt mit Clinquant, im Local des Amis réunis nachgeahmt ist. Zwey Zimmer hinter dem Speisesale ist der Spielsaal, in welchem der runde Spieltisch eine königliche Größe hat. Im Schlafzimmer der Königinn, sind die Portraits der Mutter Theresia und Josephs des II angebracht, und sehr kenntlich. Des Goldes giebts hier genug, und des Ennuis, glaub ich, noch mehr. Des Beguckens der Kunst satt, fuhren wir nach Trianon, einem englischen Garten der Königinn, dazu uns Herr de Langes die Freyheit verschafft hatte. Hier hat die Kunst bey der schönen Natur Hebamendienste gethan. Hier erweitert sich das Herz! Der Pavillon, das Theater, die kleinen Hütten, Tempel der Liebe, Laitiere, moulin und mehr dergleichen zerstreute und zum Theil versteckte Gebäude, sind von außerst schönem, und meistens sehr edlen, simplen Geschmack, und beweisen, daß selbst die Großen der Erde die beste Ruhe in der schönen Natur finden können! Siehe Almanack de Versailles pagina 58 u. ff: Petit Trianon. Grand Trianon hab' ich nicht gesehen. Ich bemerke nur, daß ein Franzoß keine Sprache hat, die Schönheiten der Natur zu beschreiben! Wenns auf Kunst und künstliche Pracht ankommt, da ist er zu Hause. Der Gärtner, der uns den englischen Garten zeigte, sagte, daß sie 5000 auswärtige Baum- Strauch und Pflanzarten hätten. Ein wenig mag er wohl zu viel gesagt haben, aber viel ist gewiß da; und dann ist 5000 eine runde, aber freylich auch 18 Zoll lange, Summe. den 16ten. Frühe copiirt. Um 11 Uhr zu Armand. Aber das Baquet war noch nicht fertig. Er sprach so, daß ich zu diesem Manne viel Vertrauen gewinne. Ein Testimonium über die Heilung der Schmitt, ehemals bey Frau von Dieden, und einen dazu gehörigen Brief, habe ich mir von ihm zur Abschrift ausgebeten. Er ließ mich einen Aufsatz lesen, betitelt: De la Réunion des differentes Communions Chretiennes 1r Partie: Principes généraux de la Religion universelle 2de - Moyens de reunir les differentes Communions chretiennes, welche einen feinen Denker, und nichts weniger als einen Fanatiquer verrathen. Indessen, habe ich ihm nicht verborgen, daß, so gut mir seine Principes gefallen, seine Moyens noch nicht durchdacht genug sind. Ich hätte diese kleine Schrift gerne abschreiben lassen, aber die Discretion verbat mir es. Doch bekomme ich solche vielleicht noch. Ich habe ihm angerathen, mit de Lange und de Bondy, die er schon kennt, nähere Bekanntschaft zu machen. Mittags beym holländischen Ambassadeur extraordinaire von Branzen, ohne von Bussche der das Bette hütet; ohne eben recht krank zu seyn. den 17ten. Vormittags gearbeitet. Besuch von Monsieur de Baudrais. von Herrn von Bernstorff wegen Monsieur Marmontel. Mittags zu Hause gegessen. Nach Tische nach dem Louvre und Kupferstiche à 24 Taler. - Blumentöpfe - - 48 - - 3 Scheeren und 3 Federmesser - 18 - Herr de Langes, der zu Hause seyn wollte, war nicht da; Und das war nicht artig! Ich hätte gerne Heute die Menéchmen auf dem französischen Theater gesehen; da aber Herr von dem Busch eingenommen hatte, bin ich um 6 Uhr wieder zu Hause gekommen, um ihm die Zeit mit Tocadille zu vertreiben. - O he is a spoild Child! and more than he thinks perhaps, and shure, more as I ever thaught. den 18ten. Vormittags habe ich an Armand 2 Blätter, die er mir zum Abschreiben geliehen hatte, wieder geschickt, und ihm zugleich zum Lesen geliehen: a) Cahiers des Circulaires et 2 Proponenda, du Convent des Philalethes a Paris. b) E timbria de texte judico. Ich bin des Hierseyns herzlich müde! Und sehe nicht ab, wie ich, ohne Gewaltsamkeit, von hier kommen soll! In Epernay sagte mir Herr von dem Busche so ernsthaft, er wolle die in Frankfurth versäumte Zeit wieder einhohlen! Er versicherte mich sogar auf Parole d'honneur, er würde höchstens bis den 12 oder 15ten July in Paris bleiben, und ich solle nur an die Frau Gräfinn von Bernstorff schreiben, sie möchte nach dem 1ten July ihre Briefe nach Bruxelles, an das Hôtel Bellevüe addressiren. Wer sollte einer solchen Versicherung nicht geglaubt haben? Nun liegen dort vermuthlich Briefe! Und ich hier erfahre Nichts von dem, wie es in Weimar geht. Nun ist Herr von Bussche seit dem Montag freylich nicht aus dem Hause gekommen, und ist krank zu Bette: der Dr. Coulon aber sagt mir, es habe nicht das Geringste auf sich. Indessen, wenn ich nur ein Wort fallen lasse, das sich im Geringsten auf meinen sehnlichen Wunsch nach Abreise bezieht, so will er, nach seinem Favorit-Ausdrucke, die Schwerenoth kriegen! Was mache ich? Er ließ sich Gestern, nach seiner Art, im Ausfahren, entfallen, er könne noch nicht wissen, ob er den 27 August von hier reisete? Doch weiß ich, daß er in Auerbach seyn will, und seiner Affaire wegen, eigentlich seyn sollte. Er hat eine vortreffliche Art, zu quälen. Er kennt meine Erkenntlichkeit, und rechnet vielleicht darauf, daß ich keine Chaise habe, und auch keine starke Börse mehr: diese 3 Punkte sind aber folgender maaßen zu überwinden. Wenn ich merke, daß er gesund ist, aber außer den Dingen, die er raisonablement zu sehen noch willens seyn kann, noch trainiren, kurz bis über Heute über 8 Tage, das ist den 25ten (mein letzter Termin) bleiben will: so 1) darf ich glauben, daß mich die Erkenntlichkeit nicht so weit binden dürfe, um andre wichtigere Pflichten darüber zu versäumen: 2) Ich kann alsdann mit der Diligence nach Straßburg, und von dort mit Hautemen<t> nach Straßburg zu meiner Chaise gelangen. 3) kann ich allenfalls ein oder Paar Stück Nipes verkaufen, so ungerne ich solches auch thue, um unterwegs keinen Geldmangel zu befürchten. Und zwar muß ich dieses alles künftigen Sonnabend entschieden haben, um Anstalten zu machen; daß ich mit der ersten Dilligence nach dem 25ten abgehen kann. Mittags zu Hause gegessen. Nachmittags nach Fauxbour St. Antoine, bis an die Barriere und von da über les Boulevards, aux Italiens gefahren. Die Barrieren Gebäude haben jedes eine Säule von einer ganz neuen Architectur, die à la Rustique, aber höchst übertrieben ist, indem kein Stein liegt, wie der andre. Es ward auf dem Theatre le Comte d'Albert, mit der Fortsetzung gegeben. Das Stück, oder vielmehr die Stücke <haben> mir zum 2ten Male, so gefallen, daß ich es ins Deutsche zu bringen denke. Wenn ich nur so viel Zeit gewinnen kann, das Scenarium aufzusetzen. Abends mit Blount und von dem Bussche à l'hôtel de valois gegessen; und nachher noch bis 1 1/2 Uhr des Herrn von Z. Gesellschaft gehabt. den 19. Vormittags bey Misa du Renis gearbeitet; Mittags zu Hause und um 4 Uhr kam Herr Baudrais, und wollte mich zu Marmontel führen; da ich aber vernahm, daß Monsieur Baudrais mit Monsieur Marmontel Abrede genommen hätte, mich nach dem Saale der Academie zu führen, um dort 4 1/2 Uhr (etwas precise!) Herrn Quarante auf seinem Ausgange aufzuwarten: so meinte ich, es wäre besser, wenn ich so Etwas unterließe. Ich sagte also Monsieur Baudrais, daß ich ihm unendlich verbunden sey, aber, daß ich es mit deutschen Sitten nicht wohl vereinigen könne, nach Herrn Marmontels Winke, im Ausgange seines Pallastes aufzuwarten. Monsieur Baudrais meinte dann auch selbst: Il avait <commis> une bevue de jeune homme, qoique dans la meilleure intention du monde; und so behielt ich ihn bey mir bis zur Comedie, und nahm ihn dann mit aux Italiens, wo eben ein neues Stück in einem Act, mit Musik gegeben ward. Das Stück hat viel Gaieté, die Musik ist gut, und einige caracteristische Terzetts sogar schön: sie würden mir aber ohne den sehr zarten Gesang der Mademoiselle Renaud lange nicht so sehr gefallen haben! Das Stück heißt Renault D'assis. Abends fuhren Mister Blount und Herr von dem Bussche nach dem Ranelagh und ich nach Hause, an meinen Schreibtisch. den 20ten: Magnetisme. Um 11 Uhr zu Armand. Seine Bussole ist fertig und an die Querriegel der vergoldeten Stange Å hingen an jedem ein Thermometer. an dem nach dem Südpol ein mit Weingeist und an dem Norpol mit Quiksilber. Die Fenster stoßen auf einen unangebauten Platz, der mit Küchengewächsen hin und wieder bepflanzt ist. Das Fenster an der Westseite war offen, und an dieser Wand nahe am Fenster hing ein Thermometre mit Weingeist und auf dem Tische vor der Fensterwand lag ein andres mit Quecksilber. Wir fanden an Personen a) Mr. Armand, seine Frau, seinen Sohn von 12-13 und seine Tochter von etwa 9-10 Jahren. drey andre Männer und den Magnetiseur, Monsieur < > Die Stühle standen auf der äußersten Linie des Zirkels. Einige saßen schon. Herr von dem Busche äußerte, er wolle Heute nur noch besser Zuschauer seyn; Armand sagte aber, das ginge nicht an. Wir gingen also mit in den Zirkel, und der Magnetiseur legte uns, wie bey allen geschah und geschehen war, ehe Wir über den Zirkel traten, beyde Daumen auf die Herzgrube ungefehr und die Finger in die hohlen Seiten. etwa jeden 30 Secunden lang. Es blieben 5 Stüle leer, die übrigen wurden nach der Reihe so besetzt, daß der folgende immer dem vorigen vorbey ging und sich an seiner Rechten wieder setzte. Als wir alle im Craise waren, wurden die Stüle auf die innere Linie des Zirkels mit den hintersten Füßen gesetzt, so, daß hinter den selben noch drey Linien herum leer blieben. Nun setzten sich alle Personen in Rapport, und zwar folgender Gestalt: Madame Armand, die grade am Südpole saß, fing an, nachdem sie den Rapport vom Magnetiseur genommen hatte, dasselbe mit ihrem Sohn, der am Nordpole saß; (die Ostseite war leer) zu wiederholen, und Reihe rund zu gehen. Es ging, wie ein englischer Tanz; so, wie sie an ihren Mann kam, war ihre Tochter bey ihrem Bruder und so, wie einer in Rapport mit der ersten war, ging es den Cirkel Rechts durch, um sich mit den übrigen in Rapport zu setzen. Dieses in Rapport setzen geschieht so: die Personen legen die Linke Hand auf die Rechte Schulter der andern, und die Rechte Hand auf die Linke Seite des Leibes der Andern, in der Gegend der Herzgrube, (daß der Fuß vorgesetzt wird, ist nur um fest zu stehen) wenn man etwa 20 Secunden in dieser Stellung gestanden, ziehen beyde die linken Hände von der Schulter auf dem Arme sanft herab bis ins Ellenbogen Gelenke, worin sie mit dem Daumen ein wenig drücken; dann auf der letzten Hälfte des Armes weiter bis an die Spitze der Hand, zu gleich fährt man mit der Rechten Hand an der linken untern Hälfte des Armes herunter: so, daß beyde Hände, beyder Personen, zu gleich bis an die Daumen kommen, die sie sich zugleich berühren. - Nach dem der Letzte die Reihe rund gemacht hat, und jeder an seinem Platze ist, wird die Chaine gemacht. Das heißt alle Personen fassen sich mit ihrer Linken Hand, die Rechte ihres Nachbarn, so, daß sich alle die Daumen mit der Linken Hand anfassen und bey der Rechten anfassen lassen. Dieß währte etwan ein Paar Minuten. Nunmehr fing der Magnetiseur an, alle Personen, von der Linken zur Rechten, zu magnetisiren. So wie er vor den leeren Stülen im Osten vorüberging, fuhr er vor jedem etwa 3 Mal von Oben bis Unten mit beyden Händen herunter. Seine Operation war bey jeder Person anders. Bey Madame Armand und ihrem Sohne verweilte er am längsten. Ich muß mich hier auf Monsieur de Puiseguirs Axiomata beziehen, weil es mir schien, daß er darnach handelte, und hernach Armands Raisonnement bey bringen. Als er an mich kam hatte er schon 5 Personen operirt. Es ward während dieser Operation zwar allerley gesprochen selbst von dem Magnetiseur, so, daß sichtbarlich keine Formeln Statt haben konnten. Jedoch war es theils der Decens wegen, und theils, weil wir sehr aufmerksam waren, auf alles was vorging, sehr Stille, und diese Stille war ohne Zweifel Schuld; daß ein Paar Männer ganz sanft einschliefen, denn es ward auf diesen Umstand gar nicht appuyirt. Ich kann nicht sagen, daß ich etwas andres empfunden, als während der Operation an mir, eine kleine Art von Schwerfälligkeit an den Augenliedern, und eine eben fühlbare Wärme, wenn er mit seinen Fingerspitzen gegen meiner Stirne war. Herr von dem Bussche sagte mir beym Nachhausefahren, daß er eine andre sonderbare Empfindung unter der Operation an sich wahrgenommen. Die ganze Sitzung währete etwas über 2 Stunden: und ein jeder mußte an der Stelle wieder aus dem Kraise gehen, wo er hineingetreten war. Was ich noch wahrgenommen ist, folgendes: 1) Der Sohn der Armand, der schon seit verschiedenen Monaten in der Crisis ist, sprang alle mal mit beyden Füßen über eine jede auf dem Boden gezogne Linie der Boussole. 2) Zweytens die Verschiedenheit der Thermometer, wovon der Magnetiseur sagte, daß der an der Wand in Westen, von so feinem Spiritus sey, daß er mit dem an der Spitze im Süden, wenn sie an einer Wand hingen ordentlicher Weise differirten, und der erste um 1 1/2 Grad höher stünde, während der Operation aber der Letzte um ein Merkliches höher steige, als der Erste. Der Magnetiseur stieg auch einige Mal auf die innere runde Bank, um zu observiren, und merkte sein Steigen laut an. Diese sonderbare Erscheinung, welche, wie mich deucht, der deutlichste Beweis von vorhandener Materie in der Luft ist, und zwar von merklicher Verschiedenheit unter der Luft innerhalb und außerhalb des gemahlten Kraises, (woferne nicht die Lehnen der Stühle, die ziemlich, aber nicht ganz dicht an einander stoßen, diese Verschiedenheit bewirken können,) ward am Ende der Sitzung durch Herrn von dem Bussche verificirt, und befunden, daß das Thermometer am Südpole der Stange 16 3/4 Grad stund, und das an der Westwand 12 1/2. Das, mit Quecksilber, am Nordpole stund 12, und das auf dem Tische an der Fensterwand 12. Nach geendigter Sitzung ging Armand mit Uns beyden in seinen Saal, wo er mir erst viel Gutes über die Schrift sagte, die ich ihm mitgetheilt hatte, um ihn abzuraten mit seiner Schrift über die Religionsvereinigung hervorzugehen; mir auch sagte, er fände nun, daß ich Recht gehabt; riethe mir aber, ja die meinige bekannt zu machen, und gab mir die seinige zum Abschreiben. Herr von dem Bussche und ich thaten ihm darauf verschiedene Fragen, deren Beantwortung folgende Sätze in sich hielten: Das fluidum magneticum stellt sich Armand vor, als das Prinzipium aller Bewegung, und folglich alles Lebens und alles Wachsthums. Er meint, es könne im Grunde wohl Einerley Materie mit der Elecktrischen seyn; Nur, daß sie <als> andre Modification der Umstände sich anders manifestire. Alles nach seiner Meynung, was Körper ist, ist aimant, und hat seine Pole, die sich entweder freundschaftlich anziehen, oder feindseelich abstoßen. Wie bey der Electricität sich manifestire. So, wie nun bey der Letztern, die Positive am sichersten durch dargebotene Spitzen angezogen, abgeleitet und in Körper von negativer Electrizität verstreuet werde, die elecktrische Materie auch nicht sensible sey, wenn die Materie in Equilibre bleibe: so ströme aus das magnetische Fluidum am leichtesten aus einem Körper in den andern, entgegen gehaltnen Spitzen, und diese Spitzen seyen die Finger des Magnetiseurs. Die ganze Operation beruhe darauf, das Gleichgewicht, und die leichte, ungehemmte Circulation dieses Fluidi, in, und durch den ganzen Körper herzustellen, weil alle Krankheiten (scheint mir Etwas viel gesagt) nichts andres seyen, als ein körperliches Hinderniß der freyen und leichten Circulation dieses Lebensgeistes. Dieses Hinderniß sey um durch Nichts leichter und sicherer wegzuschaffen, als wenn man den Strom der magnetischen Materie größer und stärker dagegen anleite, damit er es, wie etwan das Wasser einen Damm, anfangs durchsickere und endlich gar durchbreche und wegschwemme. Um zu erklären, wie man diese Materie nach dem Willen des Magnetiseurs leiten könne, sagte uns Armand folgende Vorstellung von der Sache. Dieses Fluidum, Prinzipium aller Bewegung in allen 3 Naturreichen, habe Zweyerley Bewegungen, eine Verticale, die durch den Scheitelpunkt gehe, und eine Horizontale, die scheinbar von Pole zu Pole, eigentlich aber nur, sich zwischen dem Pole bis zu dem Aequator bewege. Der Mensch habe also auch verschiedene Pole. Die verticale in Kopf und Füßen, wenn er stehe. Daher man jedem Epileptiker, um ihm transitorische Erleichterung zu verschaffen, nur auf die Erde, oder ein andres Lager auszustrecken habe, wodurch seine Pole und also die Durchströmung des Fluidi verändert würden. Daher auch, weil die beyden Achseln, oder überhaupt die beyden Seiten eines Menschen, die beyden Horizontalpole vorstellten, wenn man die magnetische Materie nach einer Seite lenken wolle, man seine eine Hand auf die entgegenstehende legen, und mit der andern die lenkende Bewegung zu machen habe. Daher auch sey es so sehr gesund, seine Bettstelle in der Richtung von Norden nach Süden zu stellen; und daher auch könne sich der Mensch, besonders wenn er schon einige male magnetisirt worden, sich selbst, bey Seitenstechen, oder andern dergleichen Schmerzen selbst magnetisiren, indem er die Hand der entgegen stehenden Seite auf den Ort des Schmerzens legte, und die andre Hand darüberwärts auf die andre Seite. Das vorstehende mag für andre Leser noch nicht deutlich genug seyn; aber es soll auch nur dienen als ein Leitfaden für mein eigenes Gedächtniß. Des Mittags zu Hause gegessen. Herr von dem Busch ist wieder Gesund. Abends Theatre Français, Philoctet, und le Barbier de Seville. Beydes Gut. Ich, zu Hause, um zu schreiben. Herr von dem Bussche aus zum Souper, und als er zu Hause kam, noch mit ihm bis 1 1/2 Uhr im Gespräch zu gebracht. Das thut er gern; hohlt es aber auch des Morgens in Ansehung seines Schlafes, wieder ein. Meine Füße aber, besonders, befinden sich nicht ganz wohl dabey. den 21ten. Vormittags bis 10 1/2 Uhr copirt, an den mystischen Heften. Hernach zu Armand. Wir fanden in seinem Versammlungssaale an Personen, die ich noch nicht kannte. Monsieurund Madame de Montchevreuil mit ihrem etwan 6 a 7 jährigen Sohn (der einen Schaden am Arme hat.) und die Gouvernante dieses Kindes, die eine Somnambul ist, außerdem noch Einen, neuen Mann, die übrigen wie Gestern. Monsieur Ferrier, der Magnetiseur, war schon beym Baquet (Ich muß es so nennen, ob es gleich von dem in Straßburg verschieden ist.) Nach einigen kurzen Gesprächen, nahm Monsieur Armand, Monsieur und Mademoiselle de Montchevreuil und einen Mann von Gestern mit sich hinaus, nach dem Baquet, damit sie, wie er sagte, sich zum Magnetisiren anschicken möchten; hernach wurden die übrigen Frauenzimmer gerufen, und dann Herr von dem Bussche, ich und noch zwey neue Männer. (Diese Ordnung war, wie mir hernach Armand: sagte, bloß, um die Confusion in dem fast kleinen Zimmer des Baquets zu vermeiden. Alles Uebrige war wie Gestern, ausgenommen, daß bey dem mettre en rapport, Monsieur Ferrier, Monsieur und Madame Montchevreuil, und ein 4ter Mann sich so angefaßt hatten, und gleichsam das machten, was man bey der Electricität, Batterie nennt, Indem Ferrier, so wie wir hereintraten in den Zirkel jedem die Hände auf das Plectrum solaris legte. Der 4te Mann., sich hart an seinen Rücken gestellt, und den Monsieur Montchevreuil dieselbige Operation machte, unter dessen Madame Montchevreuil an ihres Mannes Rücken sich lehnte, wie der 4te Mann an Ferriers Rücken. - Auch daß diese 4 sich mit Uns übrigen nicht en Rapport setzten; sondern unter dessen, daß dieses vorging, auf die innre Bank stellten . Nachdem die Kette gebrochen worden, setzte sich Ferrier so, daß Madame Montchevreuil gegen die Somnambule, die Gouvernante ihres Kindes zu sitzen kam, die sie auch magnetisirte. Der Deutlichkeit wegen, setze ich hierher, wie die Personen saßen. 1) Madame Armand, grade im Südpol, nach Osten 2) erst ihre Tochter 3) die Somnambule, linken Stirne im Osten, 4) Monsieur Armand le jeune, im Nordpol 5. Monsieur Armand Pere, 6. ein mir Unbekannter 7) ich. 8) Herr von dem Bussche im Westen, 9. ein Fremder. 10) ein dito 11) der kranke Knabe, Monsieur Montchevreuil. Die 4 übrigen, als Monsieur Ferrier, der erste Magnetiseur, dann Monsieur Montchevreuil, dann ein Unbekannter, der aber Gestern da war, und endlich Madame Montchevreuil, gingen immer, nach der Ordnung der Zahlen um das Baquet im Zirkel, indem die 2te die linke Hand auf die rechte Schulter der 1ten, und so fort legten, herum, und also, gegen den Lauf der Sonne. Beym eigentlichen Magnetisiren saß Madame Montchevreuil gegen ihrer Gouvernantinn, Ferrier gegen Madame Armand: der Unbekannte ließ zwischen seinen Partner den Nro:. 11) und magnetisirte Nro 10) und Madame Montchevreuil magnetisirte Nro. 9). Die Gouvernante fiel bald in Schlaf. - Nach aller möglichen Wahrscheinlichkeit war hierbey kein Betrug. Sie zeigte Bewegung von Krämpfen, die bis zur Epilepsie gränzten. Sie foderte Wasser mit Zucker versüßt. Foderte es mit heftigen Trotz. Sagte von ihrer Herrschaft, die sie magnetisirte: cette femme ne fera jamais du bien. Ein andermal: ha! qu'elle est bête! (NB. Es schien mir eine hübsche und auch verständige Frau zu seyn.) Auf die Frage, die ihr ihre Herrschaft that: was ihr gut seyn würde? antwortete sie, sie müsse zur Ader gelassen werden. - Ein ander mal sagte sie spontanement, ah, cette vapeur donne un mouvement très regulier à son bras. (NB. sie sprach nun von sich in der dritten Person) Auf die Frage ihrer Herrschaft sagte sie : elle auroit une crise à huit heures (Ich werde Montag erfahren, ob es eingetroffen!) Sie tutoyirt auch ihre Dame. (zur Erklärung eines Satzes in dem Schreiben der Bremer,<)> Nachdem die 4 Magnetiseurs, wie Oben mit ihren 4 Patienten fertig waren, magnetisirte Monsieur Ferrier die übrigen alleine. Ich muß gestehen, was ich an mir zu empfinden geglaubt habe: 1) So oft der Magnetiseur seine Hand gegen die linke Seite meiner Stirne führte, oder über meinen Kopf, jedoch ohne einen unmittelbaren Contact, fühlte ich eine merkliche Wärme, Schon während, daß er die übrigen magnetisirte, fühlte ich im linken Arme , wo ich den Cathair habe, eine merkliche Pulsation. Nachher ward ich warm bis zum Schweiße am ganzen Oberleibe, ob mir gleich die Füße und Beine kalt blieben. - Herr von dem Bussche äußerte nun den äußersten Ennui, den er empfände, welchen ich, wegen meiner Aufmerksamkeit auf das, was vorging nicht fühlte. Als die Magnetiseurs bald fertig waren, ließ sich die Somnambule durch Madame Montchevreuil wecken, welche lange auf den Augen reiben mußte, ehe solche aufgingen. Als solche geöfnet waren, sagte die Somnambule: ha! c' est drôle, ai je dormis? Und nun war sie ganz gebürlich bescheiden, anstatt, daß sie vorher sehr heftig und trotzig gewesen war. (NB. die Somnambule in Straßburg war immer, schlafsanft: fast immer lächelnd und spaßhaft bey ihren Antworten.) Das Ende der Session war wie Gestern, und wir gingen bald darauf weg, ohne weiter mit Armand sprechen zu können. Mittags aß ich alleine bey de Langes, seiner Schwester und deren beyden Töchtern, und einer sehr hübschen Person, von der er mir nach Tische sagte: c'est ma femme, sans qu'elle porte mon nom! Er machte mich auch nachher, im beyseyn seiner Schwester unter diesem Character mit ihr bekannt. Er entschuldigte sich, daß er mich seit einiger Zeit nicht habe sehen können, weil er Zeit Lebens noch nicht in solchem Wirrwar gewesen, als eben jetzt. Er wisse, sagte er, daß ich unwillig auf ihn sey, und ich hätte Recht. Aber es seie dennoch nicht seyne Schuld. Er habe den de Bondy seit vorigen Dienstage 8 Tagen, nicht einmal wieder sehen können. Er war außerordentlich Confident et amical, und als ich ihm diese Ergießung des Herzens, meinen Embarras nur von ferne merken ließ, worin ich über meinen langen Aufenthalt hier wäre, sagte er: Ne soyez absolument dans la moindre peine Je vous fournirez une voiture pour votre voyage, car je sçais, que vous avez laissez la votre à Francfurt, et tout l'argent dont vous pouriez avoir bésoin; car je me mets à votre votre place et dans vos autres obligations que vous pouriez et devrez avoir, et je les respecte. Ich werde von diesem Anerbieten Gebrauch machen, wenn und inwiefern es nöthig seyn möchte, denn Morgen über 8 Tagen muß mich, Krankheiten ausgenommen, nicht mehr in Paris finden. Er führte mich in die Comedie, aux Italiens, in seine hübsche Loge vis à vis du Theatre im 2ten Rang (NB. im Ersten Range geht nicht leicht jemand von Damen andere, als les filles,) und brachte mich hernach nach Hause. Jetzt habe ich vorstehendes von Heute geschrieben da Herr von dem Bussche um halb 12 zu Hause kommt, und über Krankheit klagt, davon er die Schuld auf das Steinpflaster in Armands Baquet schiebt. Der Mann von 30 Jahren! Und ich!!! von 57? Haha!! Julius. den 22ten. Heute Morgen von 5 1/2 Uhr bis 9 Uhr geschrieben. Um 10 Uhr, mit Herrn von dem Bussche Master Blount und Mister Hawkins nach Bagatelle. Maison de plaisance am Ende vom Bois de Boulogne <gelegen>, welches der Comte d'Artois, Bruder des Königs vor ungefehr 6 Jahren, innerhalb 6 Wochen hat bauen und ausmöbliren lassen. Am Garten wird noch gebauet. Auf Beschreibung kann ich mich wegen Mangel an Zeit, Geschicklichkeit und auch Lust nicht einlassen. Also nur einige Anmerkungen, fürs Gedächtniß. Man kann es nicht anders, als auf ausdrückliche Erlaubniß, die nur an Sonn- und Festtagen gegeben wird, besehen. Und Herr von Bondy verschafte mir einen solchen Schein. Der Schweitzer wohnt am Garten im Bois de Boulogne. Man geht den Schlängelweg durch den Garten, und kommt zuerst an das Wirtschaftsgebäude, das zu Inscription hat :Parvased apta. Ein Beweis, daß die Benennung Bagatelle, mehr sagen soll, als: mon Bijou. Die Façade des eigentlichen Pavillons ist edel aber auch prächtig; und man geht verschiedene Stuffen hinauf. Diese Terrasse ist mit einer Mauer eingefaßt auf welcher große Vasen mit lebendigen Blumen stehen, und auf welcher hart an den Stuffen 2 Sfinxe liegen. Man tritt in einen Innern Vorplatz oder Atria, der mit Statuen besetzt ist, und vor dem Treppenstule steht eine Figur en platre, deren Postament ein Ofen ist, der von Unten geheizt wird, und dem ganzen Treppengange, der eine Wendeltreppe von Holz ist, Wärme giebt. Das große Zimmer unten zur Linken Hand vom Eintritt, ist, wie das Vorzimmer und hat Tapeten à l'arabesque, und große Gemmen entrelassé, à la grecque. Es finden sich darin einige sehr schöne, gratieuse Tableaux, unter andern, eine Bacchantinn, die, gar wenig bekleidet, in der Stellung der äußerst angestrengten Wuth, rücklings einem hinter ihr stehenden Faune in die Arme gesunken ist. Der Spiegel des Camins ist von einer Breite und Höhe, dergleichen ich noch nie gesehen habe<,> 8 Fuß hoch und 6 Fuß breit. Alles, sowohl hier, als in den obern Zimmern, athmet einen sehr feinen Sybaritischen Luxus. Verschiedene Betten stehen in Alcoven, die an allen 3 Seiten mit Spiegeln ausgemacht sind. Seide und Gold in Ueberfluß, versteht sich von selbst. Besonders sind die sogenannten feux (Die Zierrathen an den Camin- und Feuerbecken) ausdrücklich für jedes Zimmer, nach dem übrigen Ameublement von Bronze und Or moulû, stark überguldet, und schön gemacht. In dem Zimmer, zum Exempel Blumen, in dem andern sich schnabelnde Tauben, in dem Zeltzimmer BombenMörser u.s.w. Besonders ist mir der Bizzare Geschmack eines Schlafzimmers im zweyten Stocke aufgefallen, wo die zarteste Weichlichkeit mit kriegerischen Ideen vermählt ist. Das Ganze Zimmerchen, stellt ein Gezelt vor, und ist so ausgeschlagen, daß die Tapeten, von außerordentlich feiner Indienne, oben in der Mitte zusammen en festons gebunden sind. Die Stangen stellen fasces mit Bogen und Pfeilen vor, auf denen ein Helm ruhet. Das Kamingesimms ruhet auf Canonen, und die feux haben Haubitzen und Mörser. Der Treppenstuhl ist oben, des Lichts wegen, mit einem Gläsernen Dache. Es giebt der Künstlichen Schönheiten eine Menge in diesem Hause, der man, wenn man gerne vergißt, was sie gekostet haben, gerne Bagatelles mit nennt: aber die Lage des Pavillons ist unique, vielleicht in ganz Europa. Die Westseite von Paris ist mit einem sehr weiten Zirkel von Anhöhen umgeben, worunter Mont Calvaire schon ein kleiner Berg heißen kann, an diesen Hügeln drängt sich die Seine herum, und scheint sich in diesem, sehr reich mit Lustgärten, Pallästen, Schlössern, Dörfern, und Gehölzen bestreuten Thale sehr gerne zu verweilen. Der, welcher uns die Zimmer zeigte, brachte uns zuerst Oben in Eins, aus dem man eine in dem Park angelegte äußerst schöne Landschaft erblickte, der man die Kunst nicht ansah, sondern mit innern Gefühl der sanftesten Ruhe gerne glaubte, die Natur habe selbst, den schönen Rosengrund zwischen ziemlich hohen Bäumen, die sich äußerst manigfaltig gruppirten, im Hintergrunde Wald zu werden scheinen, das Wasser bey dem zerstreute Felsenstücke lagen, dann den kleinen in sehbarer Entfernung sich schlängelnden Bach, in ihrer frölichen Laune hervorgebracht. Man konnte sich von dieser Aussicht nur mit Mühe losreißen. Von der Seite über die Façade sieht man in den leeren Hof. Hinten von der Treppenseite sieht man herunter in ein eben nicht weitläuftiges Parterre mit Sonnenblumen, das an den Seiten mit Vogelberbäumen besetzt ist, welche mit ihren sich eben röthenden Beeren, einen zwar simplen aber sehr angenehmen Effect machen. Aber - wie wird man hingerissen, wenn man aus der westlichen Seite, den calvair mit seinen reichen Gegenden, und an der nördlichen, das fast unabsehbare Thal, untermischt mit Gehölzen, Fabriquen und im entfernten Hintergrunde, die Spitzen von Hügeln sich im Horizont verloren erblickt. Es ist über alle Beschreibung schön, groß und Majestätisch. Der Park ist mit vielem Geschmacke angelegt, und hat allerley pittoresque Parthien. Bagatelle Calvair St. Cloud. Unter andern eine schöne rustique Brücke über ein Bächlein, und ein Tourniquet, nach einem Eremiten Gärtchen, welche die Armuth selbst erfunden zu haben schienen. Eine Gruppe von Felsstücken, durch welche man zu einem Wasser hinunter steigt, hat alles Rauhe und Wilde, das man sich vorstellen kann, und zeugt von der Imagination, des Baumeisters. Die Wege sind zwar geschlängelt, aber nicht außer der Natur. Kurz der Park ist in der schönen Natur, der man die Kunst nicht aufgedrungen sieht. Bey Ueberlegung findet man aber, daß er viel Geld gekostet haben müsse. Die Aussichten aber, sind, in allem Verstande unbezahlbar. Und also das Ganze, eine prächtige Bagatelle. von Bagatelle aus, noch besser aber von St. Cloud sieht man die sehr berühmte, aus 5 sehr flachen Bögen bestehende Brücke von Neuilly. Von dieser Brücke sprechen wenigstens die Franzosen, als der ersten in der Welt. Und sie ist wirklich, bey ihrer Länge, oben ganz horizontal. Von hier fuhren wir bis in das Dorf, Surenne, am Fuße des Calvairs, und welchen ich, ungeachtet seiner ziemlichen Höhe, und des fast heißen Wetters zu Fuße hinaufstieg. Aber, wie reichlich wird einem diese Mühe belohnt! Er liegt wohl eine kleine Meile von Paris, das man von hier im Hintergrunde, wie einen unendlich großen Steinhaufen, das dazwischen liegende Thal aber, wegen der unendlichen Menge von Gebäuden, (NB. die Dörfer sind hier alle von Stein gebauet und mit Stein gedeckt) welche Paris bis an den Fuß des Berges auszudehnen, und also jene an sich schon ungeheure Stadt, noch um einige <Meilen> zu vergrößern scheinen. Vor seinen Füßen sieht man die Seine, als einen großen Bach fließen, ob sie gleich ganz wohl den Namen eines Flusses verdient. Zur rechten Seite, eine fast unabsehbare, immer sanft sich hebende Fläche von Weinbergen und Kornfeldern. In Nordwest, das ganze Thal von St. Denis. Eine Abwechslung über die Andre. Kurz, man möchte mit mehr Rechte, als jener das Paradies nach Schweden versetzte, sagen: Hierher müsse der Versucher Christum geführt haben. Ich konnte der Aussichten nicht satt werden, ob ich gleich zuletzt doch, den Just in der Minna von Barnhelm von Lessing nachahmte, und bey mir selbst sagte: Paris, deine Gegenden sind vortreflich, aber du bist doch eine stinkende Stadt. Vor allen Capellen, deren auf diesem Berge, Gott weiß eigentlich, warum? 6 kleine und eine große sind, saß ein Weib und bellete die Geschichte der Passion ab, deren Andenken, diese Capellen gebauet sind. Auch daraus ist ein armseliges Brodtgewerbe gemacht! Wir suchten unsern Wagen wieder, und fuhren nach St. Cloud. Hier fanden Wir bey dem Schweitzer à la Grille, das Erste Mal in einer hiesigen Auberge gut Essen, und guten Wein. Nach Tische machte ich, ungeachtet der gehabten Fatiquen noch eine Promenade, durch den kleinen, an der Seine gelegenen Park, und ging dann noch den Weg hinauf zu Monsieur Ponto, dem ich, weil seine Frau nicht <zu> Hause gewesen war, die mich doch, wie Er sagte, gar gerne sehen möchte, versprochen habe, daß ich sie, woferne ich, wie es leider möglich scheint, noch diese Woche hier bleiben muß, noch einmal besuchen werde. St. Cloud ist ein artiger Ort, den die Königinn von dem ehemaligen Duc de Chartres, jetzt, Duc d'Orléans gekauft hat. Sie läßt hier bauen. Und wirklich ist die Lage des Parkes so beschaffen, daß hier sehr was Schönes gebauet und angelegt werden kann. Um 8 1/2 Uhr waren wir wieder in der Stadt. Ich sehr angenehm müde, indem ich heute mehr gegangen bin, als wissentlich an einem Tage, seit 6 Jahren. Herr von dem Bussche ging noch aus; ich aber blieb, um aufzuschreiben. den 23ten. Heute Morgen, arbeite ich bis 9. Ging dann zu Misa du Renis, blieb dort bis 11 Uhr. Um diese Zeit wollten Wir bey Monsieur Armand seyn. Allein Herr von dem Bussche hatte wohl zu lange geschlafen, denn bey meinem Ausgehen schlief er noch. Er hatte also, da ich um 11 Uhr in den Hof trat, keine Lust nach Monsieur Armand zu fahren, und ich war bereit, seine folgende Promenade mit zu machen. Also fuhren wir. Hallen 1) Nach den Hallen. Ein großes Gebäude! eigentlich um darin den Kornmarkt zu halten, und nebenher dem Herrn Johann Hagel, bey feyerlichen Gelegenheiten fêten zu geben. Es ist wohl, nach vieler Meynung, die Erste Kuppel von Holz, oder eigentlich Planken, und Glasfenstern in der Welt. Kaufmann en Bronze: Vincent. Wir gingen bey Monsieur Vincent, Marchand en Marchandises de Bronze, et autres Meubles. Hier bedauerte ich wirklich, daß meine Börse mir nicht erlaubt, einige schöne Stücke für das Boudoir der Frau Gräfin <Bernstorff> einzukaufen! - Von hier nach Luxembourg. Der Garten ist von keiner Bedeutung, als für die Pariser in der Art von Wäldchen in etwas besserer, als der Stadtluft, spatziren zu gehen. Von hier nach dem Louvre. Hier kaufte ich noch einige kleine Kupferstiche für die Frau Gräfin <Bernstorff> - Dann ins Cabinet du Roi des Antique: An Antiquen ist hier nicht soviel als bey Weitem, als in Mannheim. Dagegen aber findet man hier sehr schöne neue Statuen, die vielleicht den Alten nichts nachgeben. Denn außer dem schönen Amor von Bouchardin, wovon eine Kopey in Petit Trianon steht, findet man hier, von weißem Carrarischen Marmor erstlich ein Basrelief in ditto Marmor, ovalrund, von 2/6 Fuß ungefehr hoch, den Uebergang Ludwig XIV über den Rhein darstellend; wobey dieser bescheidene Monarch einen Fuß auf den Schenkel des erstaunten und erschrockenen Gottes dieses Flusses setzt u.s.w. Dieß Stück ist für die große Gallerie in Versailles bestimmt. Es wird aber wohl seiner Schwere, und des Umstandes wegen, daß seine Nachfolger seltener über den Rhein gehen, hier, oder in der Nähe bleiben. Denn es ist ein schweres Ding. Was mir am besten gefallen hat, sind die Statuen in Lebensgröße, einiger, um die Nation sehr verdienter, wenigstens sehr berühmter Männer, in Lebensgröße von weißen Carrarischen Marmor als da sind: Turenne. Catinot. Trimouille, der die Seeschlacht bey Hague gewann. Louis XV. als junger König. Corneill, (Cid). La Fontaine. Pascal, Descartes. Vauban. D'aguesseau. Marquis de l'hopital.Montesquieu, und Andre. Von hier nach der Academie de peinture. Da mich deucht, daß Madame de la Roche in ihrer Reise hierüber geschrieben, und es, meinem Gedächtniße nach richtig befunden habe, so lasse ich es hierbey gut seyn. Mittags zu Hause gegessen, und bin zu Hause geblieben und habe gearbeitet. 12 Uhr. den 24ten. Vormittags bis 11 Uhr gearbeitet. Nun sollten wir zu Monsieur Armand fahren. Durch das Schlafen des Herrn von dem Bussche aber ward es spät: so, daß ich, <obwohl ich> den Frère trieb hinzufahren, kam, da man schon ganz eingetreten war, und ich also nicht mehr eingelassen werden konnte. Ich fuhr von da rauf den Boulevard und kaufte noch einige kleine Kupferstiche, und eine Garnitur Knöpfe. Hierauf besuchte ich Monsieur Baudrais, und da ich den nicht zu Hause fand, nach Hause und schrieb noch ein Paar Stunden. Mittags im Hotel de Valois am Table d'hote gegessen. Herr von dem Bussche sprach von Projeckten für Paris auf die andre Woche; und dennoch spricht er, daß ers hier satt habe. Es ist kaum auszustehen, daß ich auch nicht ein Wort von der Abreise sagen darf, ohne daß er auffährt und flucht. Wenn nur Heute der Herr von Grimm wieder zu Hause kommt, daß ich durch ihn einen Paß von dem Minister, erhalte, und allenfalls erfahre, ob er aus Gotha Briefe für mich hat: so mag Herr von dem Busch, der jetzt gewiß nicht mehr krank ist, alleine hier bleiben: so lang' es ihm gefällt, und ich reise Sonnabends mit der Diligence! Ich konnte Heute im Pallais Royal und bey dem Engländer Sykes nicht wiederstehen, einige hübsche Sachen zu kaufen. Die Sachen sind zu anlockend!! Um 5 Uhr nach Hause, um zu arbeiten. Gottlob, daß ich gesund bin! Heute sehe ich bey Sykes Allerley sehr schöne englische Waaren.
unter andern einen Abdruck von dem Kupferstiche, General Wolf. Der 30
Luis d'or kostete. bey Sykes steht auf jedem Stücke der Preis,
und wird nicht gefeilschet. den 25ten. Morgens gearbeitet. Um 11 Uhr zu Monsieur Armand. Die Gesellschaft im Compas hatte zwey neue Damen, und 4 neue Mannspersonen. Mich selbst foderte Monsieur Armand auf, mich unter die Magnetiseurs zu mischen. Das hat mir Gelegenheit gegeben, die Operation ganz von Anfang zu sehen; und da habe ich folgendes bemerkt. Der 1) Magnetiseur tritt beym Südpole ein, setzt sich mit den übrigen Magnetiseuren nach und nach in Rapport. und diese nach und nach unter sich. Alsdann, um die wirklichen Patienten zu empfangen, sieht der 1 Magnetiseur aus dem Krayse bey Süden nach Norden, der zweyte Magnetiseur stellt sich mit dem 1ten Rücken an Rücken, und mit dem 3ten en face in Rapport. Der 4te stellt sich mit dem Rücken an den 3ten. und in dieser Stellung, die ich die Magnetische Batterie nennen möchte, setzt der 1te sich mit den Weiblichen, en Rapport. Sind diese en Rapport, so gehn die Magnetiseurs, der Zweyte die Linke Hand auf der rechten Schulter des 1ten, durch den Osten nach dem Norpol, öfnen da, und empfangen die Mannspersonen auf eben die Art. Wenn alle Patienten sitzen, stellen sich die Magnetiseure auf die Bank um das Baquet, so lange die Sitzenden die Chaine machen. Nachher nehmen die Magnetiseurs jeder einen Patienten in die Operation. u.s.w. NB. Die Umgänge geschehen regelmäßig von Süden durch Westen nach Norden u.s.w. und jede Person bleibt in der ein mal angenommenen Ordnung. Mir fiel ein Mensch zu, der Montag zum Ersten mal die Chur gegen ein starkes, mit Schmerzen begleitetes Zittern am Linken Arme, angefangen hatte, und der schon merkliche Linderung spürte. Nur Heute Vormittag hatte er noch einige Zuckungen gemerkt, die aber jetzt aufgehört hatten, und nur unter dem Magnetisiren fühlte ich im Obern Gelenke des Armes einige kleine krampfartige Bewegungen. An der Ehrlichkeit des Menschen konnte ich nicht zweifeln; denn es war ein deutscher Schneidergeselle, aus Wiedrunkel gebürtig, der kein Französisch verstund. Ihm und mir ward während der Manipulation merklich heiß. Jedoch kann dieß bey Ihm die Ursach haben, daß er wohl in seinem Leben noch in keiner so ansehnlichen Gesellschaft gewesen war; und bey mir, daß ich die Arme so lange von mir ausgestreckt halten mußte. Monsieur Armand hat mich nach geendigtem Traitement zum Essen, au pot de hazard, auf eine so verbindliche Weise eingeladen, daß ich es nicht ausschlagen konnte. In der Zwischen Zeit sprach ich mit Monsieur Ferrier und machte ihm Objections, 1) über den möglich schlimmen Einfluß des Magnetism, auf die schwache physische und moralische Gesundheit der gegenwärtigen, energielosen Generation. Diesen Punkt hob er mir so ziemlich zu meiner Zufriedenheit, ob er auch gleich ziemlich mit sich, und den tres interressanten Entdeckungen zufrieden seyn schien, womit er Monsieur Mesmers Decouverte unendlich bereichert hätte, und auch dabey sehr prolixe war. 2) Gab ich ihm meine Besorgniß zu erkennen, daß die Magnetischen Curen, vielleicht nur palliative und transitorische wären, auch vielleicht nur verrücket würden. Er versicherte mich, daß er von allen Patienten, die er in 3 Jahren geheilet, keinen Rückfall erlebt habe. Doch gestand er mir ein, daß er nicht alle, die ganze Zeit über unter Augen habe behalten können. Ueber den Umstand, der ihm mit 3 oder 4 Somnambülen vorgekommen, welchen während der Cryse alle opaque Körper diophan gewesen, sprach er insoweit vernünftig, daß es zwar ein seltener Vorfall sey, den man nicht oft sähe; allein er wäre dennoch bloß physisch, indem er unter der Hand eines ganz unwissenden Magnetiseurs entstehen kann, und man keine Formeln, als das simple Verfahren mit den Händen über der Oberfläche des Körpers, ohne ihn zu berühren, dabey brauche. Als ich ihn das Gefährliche der erregten Imagination und erhitzten Leidenschaften bey jungen Personen anführte: Erzählte er mir eine merkwürdige Geschichte von einem hysterischen jungen Frauenzimmer. Behauptete aber, der Einfluß des Magnetisme nach der Regel, sey zum großen Vortheil der Moral; indem er calmirte, und die Lebensgeister in harmonisches Gleichgewicht setze. Ob das so ganz wahr? das lasse ich noch dahin gestellt seyn! Denn bey Tische hatte ich Gelegenheit zu bemerken, daß bey Monsieur Ferrier die Leidenschaften so gar calmirt nicht seyn mochten. Er wollte etwas vorliebig für seinen Magnetismum, vermittelst der genau zu berechnenden Stärke und Schwäche der Bewegung, mit le Normand dem Universo Gesetze geben, und gleichsam Schöpfer seyn können. Als ihm Monsieur Armand, der sich hier sehr, wie immer, sehr vernünftig zeigte, und ein Paarmal auch ich, das Fehlerhafte in seinen Schlüssen zeigen wollten, ward er leidenschaftlich genug. und ließ mich glauben, daß er wohl, ohne Lenkung eines ruhigern kältern Mannes, Fanatiker und Charlatan seyn könnte. Monsieur Armand zeigte mir ein Buch vom Dr. Würtz über den Magnetismum, das er eben aus Straßburg erhalten, vor welchem eine sehr schmeichelhafte Approbation von einem Arzte, und einer Magistratsperson aus Straßburg stund. NB. des Major Meiers Buch, wollte dort die Censur nicht passiren. Die Crysis, welche sich die Somnambule vorigen Sonnabend voraussagte, ist nach der Versichrung, die mir 6 Personen gegeben, um 8 Uhr Abend eingetroffen. Weil sie aber in derselben gesagt: sie würde hinführo, wenn sie wieder nach der Boussole ginge nicht mehr ihren Nourisson magnetisiren, sondern Madame Armand, mit der sie mehr und angenehmern Rapport habe: so wolle Madame de Montchevreuil sie, aus Besorgniß für ihren Sohn, nicht mehr hinbringen. Als Madame Armand sagte: je n'eusse point cru quelle eut un si bel amour pour moi, erwiederte ihr Monsieur Ferrier: ce n'est que très naturel! Und die Art, wie er dieß sagte, war mir auffallend, obgleich nicht Herrn Armand. Nach Tische, da ich keinen Wagen hatte, und der Weg sehr weit ist, von Monsieur Armand bis zum Logis, ging ich unterwegs aux Italiens. und sah da zwey schon einmal gesehene Stücke. Um 9 Uhr brachte mich Herr von dem Bussche den ich in der Comedie fand nach Hause, wo ich noch ein Paar Stunden arbeitete. Ich erfuhr, daß Herr von Grimm vorige Nacht nach Hause gekommen sey. Und Herr von dem Bussche also seine Briefe bald bekommen wird, wenn welche für ihn und mich da sind, und Er denkt nun Gottlob auch an die Abreise. den 26ten. Heute Vormittags Misa du Renis, wo ich viele Hefte, bis auf 3 wieder abgeliefert habe. - Bey de Langes. Hernach zum Concert bey Herrn Sieber, wo Ponto, Fiorello, und der recht brave Violoncellist Levasseur waren. Ich habe einige Sachen fürs Clavier für Ihro Durchlaucht die Frau Herzoginn Amalia ausgesucht. Auch einige Quartets und Trios von Fiorello, die vortreflich gesetzt sind. Sieber wird meinen Coffre nach Frankfurth besorgen. Mittags zu Hause gegessen, hernach zum geheimen Legations Rath von Grimm, der nicht zu Hause war. Der Mann mag wohl so viel zu thun haben, daß er Uns ganz vergißt. Ich will also suchen, ihm mit meinem Passeport keine Mühe machen zu dürfen. Die Herren hier mögen gegen Damen sehr poli seyn, denn Madame de la Roche rühmt sie in diesem Punkte nicht wenig. Ich kann das von keinem sagen, Monsieur de Lange ausgenommen. Denn Monsieur de Branzen und Sieber sind Fremde. Abends nochmals Renaud d'Aste gehört. Mademoiselle Renaud singt das 3 gestrichene F sehr hell und deutlich; und heute Abend hatte sie sogar die Kühnheit, das 3 gestrichene G, in einer Passage c. e. g. g. zu wagen. Es blickte aber nur eben durch. Es ist die äußerste Höhe, die man noch von einer Menschenstimme, bey solcher Sanftheit zumal, gehört hat. Abends gearbeitet. Ich sehe mich eigentlich, seit einiger Zeit, als todt für die Sehenswürdigkeiten von Paris. Denn ich sollte nicht mehr hier seyn; und dann sähe ich auch nichts mehr; und meine Sehnsucht nach Hause wächst mit jeder Stunde. Nur durch anhaltende Beschäftigung kann ich sie ein wenig einwiegen. Wenn Herr von Busch diesmal Wort hält: so reisen wir spatestens den 30ten, und in 6 Tagen finde ich die sehnlichst gewünschten Briefe in Brüssel! den 27ten Vormittags zu Hause. Erst copiirt, dann Briefe geschrieben, an die Frau Gräfinn von Bernstorff und von der Recke. Mittags mit de Langes im Pallais Royal gegessen. Nachher führte mich Monsieur de Langes aux varietés. Das ist ein Theater, das gar nicht viel sagen will. Indessen versicherte mich mein Freund, daß der Harléquin den verstorbenen Carlin so vollkommen imitire, daß es eben so gut sey, als ob man den Verstorbenen noch selbst sähe. De Langes hat mir ganz ernsthaft gesagt, daß er mich 1789 in Deutschland besuchen wolle. Aber, ich glaube, so Etwas läßt sich vergessen. Beym Zuhausekommen sagt mir Müller, Herr von dem Busch sey zu Hause gewesen und habe ihm aufgetragen, mir anzuzeigen, Er habe Heute einen Anverwandten, oder Bekannten angetroffen, wodurch es ihm unmöglich würde, in den ersten 14 Tagen zu reisen. Wenn dieß Ernst, und nicht wieder ein Einfall ist, wie in Darmstadt: so reise ich den Mittwoch mit der ersten Dilligence nach Straßburg, und bin von da in 8 Tagen zu Hause. Dieses Bley ist von de Langes. den 28ten. Gestern Abends kam Herr von dem Bussche noch, nach seiner Gewohnheit zu mir, da ich, nach meiner Gewohnheit schon ein weilchen geschlafen hatte, um seine Abendpfeife bey mir zu rauchen, und noch ein bißgen zu plaudern, da sagte er mir dann bald, daß der Spaß mit, 14 Tagen noch, nur eine Nische gewesen. Heute Mittag auf den Boulevards, beym Restaurateur des Italiens gegessen. Von da ins Spectacle, welches ich alleine nicht besucht hätte. Abends zu Hause. den 29ten. Diese Nacht kam Herr von dem Bussche um 2 Uhr zu Hause, und ob ichs gleich verbeten hatte, kam er dennoch und rauchte seine Pfeife bey mir, und schalt sogar, daß ich nicht gleich ganz munter wäre. Um zwölfe mit Herrn von dem Bussche und Mister Blount nach Choissy le Roi, das Schloß ist demeublirt. Hat sonst Zimmer genug für die königliche Familie. Es hat eine gesunde Lage, hart an der Seine zwey gute Stunden Wegs von Paris. Der Garten ist ganz im Linien Geschmack. Die Parterre mit Buchsbäumen Zierrathen, und jedes Ding darin hat seiner Herr Bruder. Die große Gallerie hat 4 Große allegorische Gemälde von Monsieur Pierre, welche recht gut sind. Noch sind in einem Zimmer 2 Stücke, die sehr hübsch sind. nämlich ein StillLeben, und Cerf à la mort. In einem andern Zimmer befinden sich, zwey Tableaux wo die königliche Familie von Ludwig XIV mit Genien untermischt ist. und seine Nachkommen haben, deucht mich, den Mahler eine hübsche Ohrfeige für die Verschwisterung gegeben. Aber es ist in demselben Zimmer, die Vermählung der heiligen Elisabeth mit dem Christkinde auf seiner Mutterschoße, das eine vorzügliche Stelle, in einem guten Cabinett verdiente. Der Cicerone wußte aber den Meister nicht. Vermuthlich weil es kein Franzoß ist. Wir hatten ein sehr mittelmäßiges Diner und eben so magern Wein, die Person zu 1 1/2 Laubthaler. Wir gingen hier über die Seine in einer Fährte, durch eine angenehme Campagne, nach Bois de Saintmandé, woselbst die Pariser im Freyen Tanzten und spatzirten und sich Truppweise auf den Rasen lagerten, wobey sie ihre Flaschen Wein tranken, und herzlich zu seyn schienen. Von hier fuhren wir durch eine Waldallee nach Chateau Vincennes; hier ist ein Donjon für Staatsverbrecher. Eine Qualité mit der man, wie ich glaube, hier gebohren werden kann, ohne, daß mans weiß. Wir fuhren über den Hof des Schlosses, ohne es zu besehen. Wir fuhren auch durch ein noch junges Eichenwäldchen, das zur Hirschjagd mit Alleen durchschnitten ist. Wir sahen einige Stücke Rothwildprett. Um halb Neun Uhr waren wir endlich wieder nach Hause; und ich herzlich müde von dem langen Fahren auf dem Steinpflaster, und von dem unendlichen Fragen, in so schlechtem Französischen als man in Africa sprechen kann, des Herrn Blount, nach Dingen die er gewiß in der dritten Minute nachher wieder vergessen haben müßte, wenn man sie ihm hätte beantworten können. Und wenn ich sie ihm zuweilen beantworten konnte, so hatte er immer seine Zweifel dawieder. Wenn ich noch so jung wäre, daß es mir um das besser lernen der französischen Sprache zu thun wäre, so würde ich Herrn Blounts Gesellschaft nur wenig suchen, und mir lieber von Narren, die gut französisch sprächen, vorschwätzen lassen, um doch einen Nutzen vom Umgange in Paris zu haben. Aber freylich müßte man seine Muttersprache schon gut wissen, um nicht aus beyden Sprachen einen potpourri zu machen. Sprache möchte man aus dem Umgange mit Franzosen, in kurzer Zeit auch wohl eben nicht lernen, einige populare Wendungen ausgenommen; denn die meisten, die ich gehört habe, sprechen incorrect genug, und geben der Gramattic manche Ohrfeige, aber das, was man gewöhnlich Accent nennt, und besser Recitatif nennen sollte, und welches man von der Poissarde so gut hört als vom Acteur, das sollte man hier fleißig beobachten, und, ohne Affectation, nachzuahmen suchen. Die meisten Menschen sprechen hier so schnell, daß sie sich großen Theils schon aus der Flexion der Stimmen errathen. Uebrigens aber scheinen sie mir aber eben nicht darüber sehr verlegen zu seyn, ob sie sich ganz verstehen oder nicht. Denn sie sprechen gerne zugleich. Denn, wenn einer seinen Gedanken, oder auch wohl nur seine Phasis, noch nicht halb vollendet hat: so ist der andre schon mit der lauten Antwort fertig. Auch scheinen sie das Erschöpfen einer Materie, oder auch nur eines Gedankens, gar nicht zu lieben. Gleiche Beständigkeit im Gespräch, wie in der Liebe!! den 30ten Vormittags am Flambeau mystique copiirt - Mittags zu Hause gegessen. Geschrieben an HerrnSieveking. Vom Herrn von Busch geliehen 30 Reichstaler Carolinen. Geschrieben ferner an: Nagant. Nach Mittags war de Langes bey mir, um allerley noch mit einander abzureden. Nachher zu Sieber, den ich nicht zu Hause fand. Herr von dem Bussche meint de Lange, und ich fange es an zu fürchten, werde seinen Passeport mit Fleiß erst später begehrt haben, um unter diesem Fürwande noch hier zu bleiben, und mich von Tage zu Tage hinzuhalten. Es wäre mehr, als unfreundschaftlich, da ich ihn Heute Mittag bey Tische so nachdrücklich gebeten, und bey allem was heilig ist, beschwor, er möchte es mir sagen, wenn er länger, auch nur diese Woche aus, zu bleiben gedächte, damit ich in dem Falle mit der Diligence gehen könne. Ich würde es nicht unnatürlich finden, wenn es ihm hier gefiele, und solle es meine dankbare Freundschaft nicht im Geringsten mindern, wenn ich es nur bey Zeiten wüßte, so, daß ich mit der übermorgenden Diligence gehen könnte! Und er mir darauf ernsthaft sagte, den Tag darauf, da er seinen Passeport erhielte, wollten Wir gehen; er sey es hier so satt, als ich. den 31.t Die Sachen zum Packen ein gerichtet, und nachher geschrieben. Mittel in Feuersbrünsten. Beym Lesen Heute Morgen finde ich: Jetez dans un Pompe contenant cinquante à soixante seaux d'eau, huit à dix Salin ou de Potasse, & cette eau ainsi inpregnée éteindra merveilleusement les progrès du plus furieux incendie. Monsieur de Langes mag doch wohl Unrecht gehabt haben, denn eben ruft mich hier von dem Bussche und zeigt mir den Brief, an den Legations-Sekretair, worin er auf seinen Paß dringt. Durch einen Kauf, den er mir zeigt, finde ich auch, daß die Bizarrerie in den Farbenmischungen, die man an den Kleidungen fast durchgängig sieht, auch schon aufs Porcelan geht. Das Dejeuner, welches aus 5 Piecen besteht, nemlich einem Thetopf, gelb. Zwey Tassen, eine Rothbraun, die andre blau mit goldnen Sternchen, die Zuckerdose grau mit Gold, und die Milchkanne ganz bunt, in antiquen Formen und <das> 126 Kreuzer kostet. scheint vom Trödel gekauft zu seyn. Indessen hat es die Königinn so, und ich besinne mich bey de Langes und de Bondy eben solche Mischung beym Caffé gesehen zu haben. Freylich wird ein solches Service nicht wohl incomplett, weil man jedes Stück von ähnlicher Form dazu stellen kann; aber es beleidigt, wenigstens mein Auge; und sicher wird diese Mode nicht lange dauren! Und hierin scheint mir der ganze Pfiff zu stecken! Denn die Fabrik gehört der Königinn. Das Nummeriren der Tassen wäre bey großen Tischgesellschaften in Paris, bey der großen Ungewißheit der Gesundheit, weit nützlicher, wenn man auch die Verschiedenheit der Tassen deswegen unvermerkt hätte einführen wollen! - Herr von dem Bussche ist Heute Morgen hin Bicêtre zu besehen. Ich danke für das Vergnügen, Unglückliche zu sehen. Desto schlimmer für sie, wenn sie den Platz verdient haben! Sobald ich die Wahrscheinlichkeit sehe, daß ich Hospitäler werde zu bauen haben, oder dabey meinen Rath zu geben, will ich Tollhäuser, Armenhäuser, Spitäler und Lazarette sehen, soviel ich nur kann, und mir ihre kleinsten Einrichtungen bekannt machen; Aber die bloße Neugierde wird mich an keinen dieser Orte führen! Ich lese zuweilen, um mich vom Bücken am Schreibtische auszuruhen, Merciers Tableau de Paris; und bewundre die Richtigkeit seiner Gemählde! Ehedem meinte ich, er habe seine Palette zu dunkel gehalten. Ich bitte es ihm ab. Sein CL.XII Capitel handelt vom Palais Royal, und sagt: Là sont les filles, les courtisannes, les Duchesses et les honnettes femes et personne ne s'y trompe: il (Lavater) s'y tromperait peut-être lui même, ce grand Docteur avec tout sa science: car ces notions dépendent de nuances qu'il est très facile de saisir: mais il faut les étudier sur les une femme de Condition d'une fille entrétenüe; et le moindre clerc, echappé de l'etude, sans avoir tant medité sur cet objet, en saurait plus que lui. Das kann nun recht wohl seyn, denn, wenn die filles entretenües, öffentlich Weiber, und die Damen heimlich entretenues sind, so ist da nicht viel zu unterscheiden. Die Courtisannens sind indessen so ziemlich, durch eine Art von bunten, aufs höchste getriebenen Putz, dem man bald das Aermliche ansieht, und durch eine gewisse Frechheit im Auge, unverkennbar. Im Wauxhal, den 24ten Juny hätte ich sie beym Scheine der Illumination für Damen gehalten. Aber diese Täuschung dauerte keine Zehn Minuten, da ich solche durch beyde vorbesagte Kennzeichen verlor! Mittags gegessen bey de Langes. Tête à tête. Als ich ihm sagte, daß ich es nicht länger aushalten könnte hier, weil eine Person seit meiner Abwesenheit kranck gewesen wäre, der ich die größesten Pflichten hätte, drang er mir 2 halbe Bouteillen Constance Wein auf, um solche für diese Person, an die ich so unendlich attachirt wäre, mit zu nehmen. Wohl! ich verbat es, weil ich wirklich nicht weiß, wie ich solche fortbringen soll. Er zeigte mir seine Etage, die nicht nur prächtig, sondern mit großem Luxus meublirt ist. Aber, was geht mich das an? In diesem, und andern Zeuge von Nippes von Brillanten und der gleichen war ostentation, wie in dem Sprechen von seinem Wohlthun. Auch konnte ich mich nicht enthalten ihm zu sagen: Mon Frère Les bienfaits sont, ou devraient être des filles jeunes, qui rougissent quand on les fixes; et non pas ces serpentes, dits baudants; qui forcent les visandes. (les louanges) de tomber dans leur gueuiles. Er verstand mich, und sagte: vous faites des Epigrammes. In seinem Hause habe ich besonders gefunden, daß die Baumeister hier jeden Platz in einem Hause zu benutzen wissen. Kunst, die den deutschen Baumeistern noch gar sehr fehlt. Ich habe des Langes versprochen auf folgende Dinge für ihn zu denken: 1) Auf UngerWein, und zwar Tockayer, der ihm weniger als 2 Carolinen komme. NB. Uetzay oder Spleny. 2) Auf deutsche lebendige Vögel, vom Harz oder Thüringer Walde. 3) Johannesberger Wein, will ich ihm zum GegenPresent schicken. Ob er mir, in Ansehung des Recepts wie man Artichocken grillirt, Wort hält, will ich erwarten. Von ihm ging ich nach dem Spektakle aux Italiens. Er gab mir einen Bedienten mit, der à la saison gekleidet war, und von dem ich also nicht wußt, ob ich ihn Monsieur oder mon ami nennen mußte. Ich, wenn ich Pferde im Stalle hätte, wie de Langes, ich hätte keinen Freund, von meiner Taille, einen so langen Weg, im warmen Sommer zu Fuße gehen lassen, so bescheiden er es auch verbeten hätte. Aber Paris, ist immer Paris. Das Spektakle bezahlte mir die 6 Livre nicht, und noch weniger, dem langen Weg. Es war 1) Thom Jones. 2) la Negresse. beydes Elend geschrieben, und elend vorgestellt. Als ich mit Herrn von dem Bussche nach Hause kam, zeigte er mir den Brief vom Herrn Legations Sekretair, der ihm sagte: er bekäme vielleicht seinen Passeport erst zu Anfangs künftiger Woche. Was soll ich davon denken, da von Grimm, der mir in diesem Augenblicke nicht so viel Einfluß beym Minister zu haben scheint, mir den meinigen schon Gestern geschickt hat? Ist es Einverständniß mit dem Herrn Tinne, so ist es von Herrn von dem Bussche höchst unfreundschaftlich. Ist es wirklich so wahr, so sind die holländischen Minister nur bey ihrer Tafel höflich. August den 1ten. Noch hier! Wer hätte das gedacht! Aber Geduld mit fermeté. Vormittags gelesen und gearbeitet. Mittags im Sallon aux Italiens mit Herrn dem Bussche und einem guten, lieben Engländer, Namens Hawkins, gegessen. Dieser Hawkins kennt Herrn Raspe sehr gut, weil er einer der Interessenten der CornWalliser Bergwerke ist, bey denen man Raspe angestellt hat. Hawkins hat mir versprochen, dahin Conacra Federmesser Klingen, an die Addresse von Wiedemann in Braunschweig zu schicken, wogegen ich ihm eine Uebersetzung von mir schicken soll. Abends in die Comedie aux Italiens, wo die Promesse de Marriage, und la suite de 3 fermiers gegeben wurde. Beyde Stücke sind artig, und das Letzte, besonders, durch das glückliche Spiel der Dugazon. Indessen scheint mirs doch, daß sie nur so ziemlich eine Manier, für alle Rollen haben. Zwischen den Acten des Zweyten Stücks, rufte man im Parterre: Donnes de l'air! :/: Eine Foderung, die bey heißen Wetter, und wenn dieser Platz so gedrängt voll ist, eben so wenig ungerecht, als ungewöhnlich ist; und man macht dann gewöhnlich in den obersten Ranglogen, die Thüren selbst oder die Scheiben in den Thüren auf. - Ob dieses Heute gar nicht, oder nicht bald genug für das lechzende Parterre geschah: genug, bald darauf beklagte sich eine nachgeahmte Weiberstimme, aus dem Parterre, über beschwerliche Hitze. - Das Parterre, dem diese Posse gefiel, schrie und schrie: Bis! Bis! Endlich ließ sich die Stimme wieder hören: J'ai tellement chaud, que je ne puis point crier. Nun ging das Geschrey um frische Luft von Neuem an! Zu diesem Spectacle sind täglich 51 Mann von der französischen Garde Commandirt. Die Hälfte ist im Theater und außen vor den Logen gestellt, und die andre Hälfte, um Ordnung unter den Kutschern, und die Ersten, im Theater zu halten. Natürlich ist es, daß man die Dialogen oder auch nur Monologen im Parterre nicht gerne sehen kann. Bey der Lauten Klage der vorbesagten Stimme, geht also eine inwendige Schildwache nach der Gegend im Parterre hin, wo sie ihr her zu schallen scheint. Im Theatre Franzois habe ich wahrgenommen, daß eine Schildwach sich ein Paar Personen näherte, die den Huth aufgesetzt hatten, und ihnen höflich sagte: Messieurs, il faut mettre les chapeaux bas! und man nahm sie, ohne Widerrede ab. Ob das Parterre hier mehr Rechte zu haben glaubt, oder ob die Schildwache nicht so höflich sprach - kurz, es ward ein heftiges Gelärme im Parterre. und die Schildwach ward jämmerlich gedrängt, wie ein Nachen im stürmischen Meere, und möchte hübsche Stöße bekommen. Es eilte also der Sergeant mit noch etwa 5 Mann, so viel ich sehen konnte hinzu, um ihrem Cameraden zu helfen. Aber, auch die kamen in ein heftiges Gedränge, und wurden, wie in tobenden Wellen in dem gedrängt vollen Parterre Rück- und vorwärts geschoben; endlich aber war es doch, wie aus dem Erfolg erhellt, (denn unterscheiden konnte man im Balcon, das heißt in der Loge im ersten Range über dem Orchester, deutlich Nichts) der Wache gelungen, ein Paar von den Schreyern in Arrest zu nehmen. Aber, dadurch war das Geschrey und unendliche Getöse nicht um ein Haar gestillt. Es mochte wohl eine halbe Stunde gedauert haben, da das Orchester, wie ich, aus sehr dumpfen Tönen schloß, und aus den Bewegungen der Geigenbögen schloß, ob ich gleich hart über demselben saß, die Einleitungs Musik des 2ten Act anfing; es kamen 3 Acteurs aufs Theater, die man sprechen sehen konnte. Das Getöse aber hörte nicht auf. Die Acteurs wurden endlich interdit, und hielten die Hüte vor die Augen. Das Getöse und tumultuarische Geschrey ging fort. Endlich ließ sich die Lieblings Actrice, die Dugazon sehen. Man hörte Klatschen und rufen: Dugazon! Dugazon!! Aber, wer wußte, was sie damit sagen wollten. Einer von den drey vorigen Acteurs (die übrigen hatten sich hinter die Coullissen geschlichen) nahm die Dugazon bey dem Arm, und wollte sie, gegen ihr Sträuben, auf die Vorderbühne ziehen. <Das> Lärmen dauerte fort - Endlich hörte man schreyen: les prisoniers! Les prisonniers! - Hierauf ließ der Acteur die Hand der Dugazon und eilte vom Théatre. Nun wurde, bey unausstehlichem Getöse geklatscht! - Nach einer Weile wollte das Orchestre wieder anfangen: aber, beym vorigen Getöse und Lärmen, das so heftig war, daß man den Staub, wie eine Wolcke über dem Parterre schweben sahe, schrie man heftig Silence! Silence! les prisoniers! les prisonniers! Endlich hieß es: Les voila! Das Parterre drängte sich zusammen, und ließ in der Mitte einen kleinen leeren Platz. Nach einer kleinen Weile kamen die beyden Prisonniers wieder frey ins Parterre. Mann hob sie im Geschrey auf den Armen in die Höhe, und sie machten mit den Händen Zeichen der Dankbarkeit, für ihre Befreyung. Nachdem dieses Triumphgeschrey, mit Klatschen, Toben und Pochen eine ziemliche Zeit gedauert hatte, fing man endlich an, zu Zischen und Paix! Paix zu rufen, und als es nach und nach stiller wurde, rief eine Stimme, recommencez l'acte! und legten sich die tobenden Wellen, ausgenommen, daß man der Dugazon, als sie nach ihrer Role erschien, als der vermuthlichen Befreyerinn der Prisonniers unendlich zuklatschte, so stille und ordentlich, als ob gar nicht vorgefallen wäre. Wer kann sich hier, ohne auf Recht und Unrecht Rücksicht zu nehmen, enthalten, folgende Bemerkungen zu machen. 1) 51 Mann Wache scheinen Ostentation, wenn man solchen Tumult nicht gesehen hat. 2) Doch wären 25 Mann genug, wenn, wie Mercier sagt, diese Garde mit Pulver und Bley versehen sind, die Hälfte genug, wenn ein vernünftiges Gouvernement, das die Spectacles nöthig hält, und sie also durch tragische Scenen (Menschlichkeit läßt sich allenfalls, als das beste, auch annehmen) nicht öde machen will; - 3) Die Multitude ist immer stark, selbst gegen Main forte, wenn man Ursach hat, die Multitude nicht aufzureiben. Und wer kann sagen, wo in Paris die Multitude aufhört, denn eine ordentliche Garnison hat es nicht, wenn die Flamme des Tumults aus einem Schauspielhause herausschlüge, und sich weit umher verbreitete. 4) Daß man Unrecht hat, dem Menschen verhindern zu wollen, wenn er, aus Noth, um frische Luft schreyet, da das Ersticken wirkliche Todesgefahr ist! 5) Daß in solchen Fällen Recht und Unrecht selbst von dem großen Haufen, gefühlt wird. Und daß: 6) Der übermüthige Söldner der souverainen (andre würden sagen despotischen) Macht, diesem Gefühle, oder dem Gefühl der Obermacht des großen Haufens, willig oder unwillig nachgeben muß. Doch hätte: 7) Die Wache besser gethan, sich die Prisonniers nicht abtrotzen zu lassen. Lieber nicht nehmen, oder gleich wieder los lassen, als sich gleichsam dazu zwingen lassen. Wer Macht zeigen will, lasse sich ja nicht zwingen, nachzugeben, sonst verräth er die Schwäche, wo man ihn anfassen kann! den 2ten. Nun wäre ich eben denn so weit wieder, wie in Frankfurth. Nämlich, hier habe ich meine Geschäfte rein geendigt; zu copiiren kann ich nichts nehmen, weil ich nicht weiß, welchen Tag Wir reisen. - Heute Morgen hat Herr von dem Bussche den Paß noch nicht! Gestern Abends habe ich ihn abermals aufs freundschaftlichste darüber gesprochen, und gebeten, aufrichtig zu seyn, damit ich, wenn er noch länger zu bleiben Lust hätte: (Denn er thut, wozu er Lust hat, ohne sich zu geniren) so möchte er, mich die Diligence für mich bestellen lassen. Aber, er versicherte mich, er sey selbst pressirt abzureisen um zu rechter Zeit in Auerbach zu seyn. Und wollte er den Tag nach Empfang des Passes gleich abreisen. Ich bin gewiß in einer sonderbaren Verlegenheit. Fast Wie ein Mensch, der im Hafen, an Bord eines Schiffes auf guten Wind wartet, bey einer Reise, die er auch zu Lande machen könnte. Der Schiffer vertröstet ihn vom Morgen bis Abend, und vom Abend bis Morgen. Wird der Reisende ungeduldig und entschließt sich zu Lande zu gehen: so kann sichs treffen, daß er kaum seinen Wagen bestiegen, als der Wind gut wird und das Schiff eine geraume Zeit früher, als er zu Lande, an den Ort der Bestimmung gelangt. Doch, eigentlich sind es zwey Ursachen, die mich alle meine Geduld daran setzen lassen: 1) Den Schein einer Brouillerie zu vermeiden. 2) Die Dilligence selbst. 60 Meilen von hier bis Straßburg in 4 bis 5 Tagen, in einem Wagen zu machen, der nicht bequem für meinen Körper seyn kann: diese Zeit über vielleicht eine höchst unangenehme Gesellschaft - das schreckt mehr ab, als die Kosten. - Hätte ich nur die Briefe, die ich in Bruxell so sehnlich erwarte, und wären die erwünschten Innhalts - so möchten 14 Tage geopfert werden! Aber so! - Es ist ein Schicksal, das ich mir durch mein Urtheil nach mir auf andre zu gezogen habe. Da ich es zur Regel habe, selbst einem Bedienten genau Wort zu halten, ich konnte nicht vermuthen, was ich nun weiß. Aber Erfahrung lehrt spät!! Mittags zu Hause Tête à Tête gegessen. Nach Tische, da Wir eben saßen und eine Partie Tacca-dilly spielten, kam von Grimm, und war im Saale, ehe wir ihn absagen konnten. Er war dann im höchsten Grade Poli, oder wollte es scheinen, (Denn alle, die ihn hier kennen, sagen, er sey falsch, wenigstens, die ich über ihn gesprochen habe) Macht mir die agreablesten Vorwürfe, daß ich, geblieben wäre, nicht hätte bey ihm essen wollen, u.s.w. was denn der Jargon giebt, da man mir hauptsächlich sagt: er sey ein Kundschafter für mehr als einen Hof: so habe ich ihm mit Fleiß einige Brocken hingeworfen, die ich keinem Menschen, außer ihm gesagt habe; finde ich also solche auf einem andern, als seinem Teller: so weiß ich, wer sie ausgetheilt hat. Comisch für mich, und auch für Herrn von dem Busch, war es, daß er seine Erzählung so zu vermischen wußte, als ob sie genau zusammen hinge; Nämlich, er habe Heute einen Courier von der russischen Kayserinn empfangen, und - da er sich gegen sie beklagt, daß er zuweilen hypochondrisch sey, so habe sie ihm geschrieben: er solle die Deutsche Uebersetzung des Tristram Shandy lesen. Seyn Billet vom vorigen Mittwoch an mich, ist in eben dem Tone, indem er sogar von Homage an mich spricht. Wer so sprechen kann, dessen seinen Ausdruck kann man nicht messen. Also, A Dio! Seigneur Grimm! Abends aux Italiens, Herrn von dem Bussche zu gefallen, und hernach im Pallais Royal mit Mister Blount, Hawkins und Herrn von dem Bussche supirt. mit einer Dame, die der Königinn wegen der wirklich großen Aehnlichkeit mit ihr vorgestellt ist, und die sie also, durch das Diminutif la Reinette, genannt hat. Uebrigens ist nichts daran! Sie hat nicht einmal ein bißgen Witz. Ihr Satellit hatte hinter dem Schleyer der Naïveté mehr, als sie!!! den 3ten. Gestern Abend, als Herr von dem Bussche zu Hause kam, und ziemlich guter Laune war, sagte ich es ihm abermals ganz freundlich und ernsthaft, wie ich aus allem ersähe, daß er mit dem Legations-Secretair Tinne aus einer Karte spielen müßte, indem es sonst unbegreiflich wäre, daß er seinen Pass noch nicht hätte. Er wollte es leugnen, aber ging sehr stockend zu. Ich stellte ihm die Gründe klar vor Augen, die mich nöthigen müßten, meinen ohnehin schon verspäteten Aufenthalt abzukürzen, und mit der ersten Diligence nach Straßburg zu gehen. Er stellte mir dagegen vor 1) wie es scandaleus <aussehen> lassen würde, wenn Wir uns vor Ende der Reise trennten! 2) Daß es in der Diligence sehr unbequem reisen sey, besonders in der Hitze. Als ich ihm bewies, daß ad 1) Er mich ja dazu zwänge; und wir dennoch gute Freunde blieben; ad 2) daß man auch mit Unbequemlichkeiten Wort halten müsse, und ich versprochen habe, schon gegen Ende July wieder in Weimar zu seyn: so erwähnte er der Briefe, die ich vermuthlich in Brüssel vorfinden würde: ob ich denn vorbey reisen wollte. Er meinte hiermit ein starkes Argument vorgebracht zu haben: so hob ich ihm das dadurch daß ich ihm sagte: ob er mich versichern könnte, daß ich mit ihm eher in Brüssel, als für mich allein in Weimar seyn würde? Er möchte sich erklären! So erwiederte er: Er habe in Paris nichts mehr zu sehen, wollte selbst gerne weg! Ich sähe aber wohl, daß es nicht bey ihm stünde: ohne Paß aus dem Reiche zu reisen. Er könne mir also auch darum nichts Gewisses versprechen, weil er aus der Erfahrung wüßte, wie sehr ich ihn mit gegebenem Wort plagen konnte. Wiederhohlte aber, ich möchte doch noch einige wenige Tage Geduld haben. Heute Morgen habe ich Ueberschlag mit dem Beutel gemacht. Und finde, daß mir der Unterschied auf 20 Carolinen machen wird. Indessen habe ich nach der Post geschickt, die aber auf Morgen schon besetzt war. Ich habe also, so sauer mir es wird, meinen endlichen Entschluß, bis auf Morgen aufgeschoben. - Der Paß muß doch endlich kommen, und soweit kann ers doch nicht treiben, daß er das Datum des Passes ändern sollte. Traurig, daß man zu so Etwas den Willen nur für möglich halten kann. Zum Abbé de l'Epée um 11 Uhr. Seine Methode, seinen Tauben und Stummen Schreiben und Lesen zu lehren ist sehr tief gedacht. Anfangs, da seine Eleven nach seiner Gebärdensprache schrieben, kam es Herrn von dem Bussche und mir vor, als ob die Eleven zwar wohl mit gewissen Zeichen, wieder gewissen Buchstaben Bilder, und umgekehrt, auf eine conventionelle Weise verbinden könnten, ohne deßwegen mit uns einerley metaphysische Ideen dabey zu denken. Allein, als er von einer Dame ein Buch, aufs Geratehwohl, aufschlagen, und einer Eleve eine willkührliche Stelle zeigen ließ, welche diese durch Zeichen einer andern dictirte, und diese solche richtig, und geschwind auf die Tafel schrieb: de l'Epée darauf einen jungen Stummen aus einem andern Zimmer holen ließ, der solche Wort für Wort, durch Gebärden Uns deutlich machte: so fiel dieser Zweifel weg. Denn die Stelle enthielt eine kurze Betrachtung über das Glück einen Gott zu erkennen, und war also nichts weniger, als bloß sinnlich. Er zeigte Uns darauf, wie ers anfängt, seine Eleven Lesen und Schreiben zu lehren; Und versicherte, Wir wären nun der Sache ebenso gelehrt, wie er. So kurz diese Lection war, so deutlich war sie mir und begreiflich. Sie aufzuschreiben, würde viel Zeit und Raum erfodern. Ich gewann den alten 75jährigen Greiß sehr lieb; und es that mir sehr leid, daß ich durch die Frage: ob er nicht Schüler gezogen habe, die diese wohlthätige Wissenschaft, auf die spätesten Zeiten fortpflanzen würden? Anlaß gab, gar zu deutliche Spuren der Eitelkeit sehen zu lassen. Denn nun fing er an, zu erzählen, wie er 15 Instructoren gezogen. Wie der Kayser, ihn besucht und verlangt, er möchte eine taub und stumme Person von hoher Geburt unterrichten. Da er dann gesagt, er wolle das Gerne auf die eine oder die andre Art thun, jedoch mit Voraussetzung, eines ihm unveränderlichen Gesetzes, nie eine reconnaisance anzunehmen, thun. Und wäre er mit dem Kayser einig geworden, daß er ihm einen Mann schicken möchte, der die gehörigen Dispositions dazu hätte, dem wolle er seine Methode lehren. So sey es auch mit dem päpstlichen Nuntius, mit dem Churfürsten von Mainz, undanderen mehr gegangen. Als er mit dieser Erzählung fertig, ging er vor einen Wandschrank, und zeigte ein Geschenk, das ihm der Nuntius geschickt, und wie er sich standhaft geweigert, es anzunehmen. Indessen hätte ihm einer seiner Eleven, dadurch überredet, daß er ihm gesagt: es sey Pechez, wenn er ein Geschenk von diesem Inhalte nicht annehme. Es war Blumenwerk von Silber, von keinem sonderlichen Werth, worin ein Stück vom wahren Kreutze gefaßt war. Er bemerkte aber, er und sein Bruder, der mit im Hause wohne, haben die Einfassung machen lassen, die eben so viel gekostet, als das Uebrige werth sey. (Für einen Chatoliken muß indessen ein Stückchen vom wahren Kreutze unbezahlbar seyn. Hieran dachte nun eben Monsieurl'abbé nicht) - Darauf ging er hin und hohlte aus einer Schreiblade ein Paar goldne Dosen, die ihm der Kayser, und noch vor 6 Monaten dessen Bruder geschenkt hätten, und die er, ungeachtet seines unwiederruflichen Gesetzes, angenommen hatte. Er sagte: du frere de ma Reine je ne pouvais pas refuser! Aber er sagte es mit Selbstzufriedenheit, auch hatte ihn kein Mensch aufgefodert, die Dosen zu zeigen. Noch ein andrer Zug schien seinem unwiederruflichen Gesetz, eine andre Auslegung möglich zu lassen. Als er nämlich erzählte, der Kaiser habe seinem hingeschickten Lehrer, ein eigenes Haus gegeben, um darinn mit seinem Tauben und Stummen zu wohnen, und habe ihm ein andres dazu geschenkt, um von dessen Revenuen mit seinen Tauben und Stummen zu leben, und eine belle Campagne, um darauf den Sommer mit seinen Tauben und Stummen über vergnügt zu leben, setzte er hinzu: Mais voilà comme l'on fait en Allemagne, und wiederhohlte das mit einem Tone, der seinem Vaterlande in den Ohren Gällen mußte! Nachmittags, nachdem Wir. Herr von dem Bussche Mister Hawkins und ich bey dem Schweitzer aux grille<s> de Tuileries gegessen hatten, besuchten wir den Park des Herzogs von Orleans. genannt Mousseau. Herr von dem Bussche gestund selbst, daß die kalte Küche bey Weimar viele Vorzüge vor diesem Park (ehemals genannt les follies de Monsieur de Chartres) habe. Er besteht aus ziemlich breiten krummen Gängen, einigen zwey Schritt breiten und noch schmälern Wasserbächen, die in steinernen Ufern geschnürt sind, und einer Ruine über der Andern. die jede, für schön und pittoresk genug, aber in dem kleinen Platze zu gehäuft sind. Einige andre kleine Landschaftliche Parthien sind hübsch genug, aber es hat alles zu sehr das Gepräge von Gespielten. Selbst ein kleiner aufgeworfener Berg worauf ein Tempelchen von hölzernen Säulchen steht, wäre fast lächerlich, wenn man nicht von da, das ganze große Paris, als eine große, fast unabsehbare, mit Thürmen und Kupolen gezierten Felsenmasse vor sich - zur Seite Montmartre, hinter sich den Calvaire und die in den sehr weiten Horizont sich verlierenden mit Wald und Gebäuden vermischte Hügel liegen sähe. Wir fuhren von hier aus aux Franzais, wo Wir den George Dandin sahen. Es war mir lieb, ein Stück von Moliere auf der französischen Bühne in Paris zu sehen. George Dandin spielte im Mantel, sowie Monsieur et Madamee de Sottenville, im Costume von Molieres Zeiten, die übrigen aber in heutiger Modetracht; und Monsieur et Madame aux Français mögen mirs verzeihen, wenn ich das ein wenig à la sot-en-ville finde. Uebrigens waren sehr wenige Zuschauer da; und das that mir anfangs für den Geschmack der Pariser leid, weil ich glauben kann, daß es heute in der Oper Tarare sehr voll gewesen sey! Doch muß ich bekennen, daß mir selbst die Zeit ein wenig lang wurde. Es kann aber auch wohl daher gekommen seyn, daß heute eigentlich die Dubles spielten; und die nicht einmal vor einem kleinen A<u>ditorio, und mit dem alten Moliere, die ihnen mögliche Kunst anwendeten. Gerade, als ob nicht Moliere ihr Stammvater gewesen, und als ob nicht jeder seinen Platz eben so gut bezahlt hätte, als ob das Haus gepfropft voll gewesen wäre!! Aber eine Gesellschaft, davon die regulairen Percipienten an 32 000, und die Pensionisten oder Expectanten 12 bis 1500 Taler haben, ist zu wichtig und vornehme, um sich nicht über solche Kleinigkeiten hinwegzusetzen. Und bey Thoren, die Alles im Gelde finden, hat sie Recht, wenn sie ihrer Einkünfte dabey sicher ist. Wann werde ich erlöset aus diesem Paris!!!!!!! den 4ten. Gestern und heuten an einem Briefe an Madame Hess geschrieben. Wir wollten heute Vormittag noch einmal zu Monsieur Armand fahren. Aber ich konnte Herrn von dem Bussche nicht vor halb elf uhr aus dem Bette bringen, also wards zu spät. Indessen hat er wieder an Tinne um den Passeport geschrieben, und es scheint ihm Ernst zu seyn! Aber, aber! Die liebe Stetigkeit! Geschrieben an die Frau Gräfinn von Bernstorff. Mittags zu Hause. Wie wahr ist das, was Mercier Tom. III. pag 308 sagt: Nos ayeux aspiraient à la gloire toute nue: ce n'était pas, si l'on veut, le siecle des lumieres; mais c'était celui de l'honneur. - Auf ein Billet, das heute Morgen Herr von dem Bussche an den Legations Secretair Tinne schrieb, kommt die Antwort: daß der Ambassadeur uns beyde auf den Montag zum Dinner bitten läßt, und daß er gegen dem im Stande seyn werde, Herrn von Bussche die Passe Ports auszustellen. Gut! - Ist Herr von Branzen des Mittags dazu noch nicht im Stande: so bestelle ich des Nachmittags, (es komme daraus, was da wolle) die Diligence auf den Mittwoch; und dabey bleibts, und hier setze ich darauf Foy d'honette homme!!! - Mein Geschäft ist geendigt. Ich sollte nicht mehr hier seyn; sehen mag ich also nichts mehr. Um nicht müßig zu seyn, will ich versuchen ob aus dem Comte d'Albert ein Stück für unser deutsches Theater zu machen ist. Zur Operette läßt sichs hernach immer noch machen, wenn mir de Langes die Musik schicken kann. Der Vergleichung wegen, will ich hier noch her setzen. 1) Die Kirschen, die Wir bis etwan vor 4 Tagen gehabt haben, sind um nichts besser, als in Weimar. Die sogenannten Guines, sind gewiß schlechter. 2) Seit etwa 6 oder acht Tagen sind Abricosen am Markte, aber noch sind sie nicht reif: ob sie gleich etwas größer im Durchschnitte nach sind, als in Sachsen und Niedersachsen. 3) Die großen Erdbeeren sind ungefehr, wie in Weimar und gewiß später und schlechter, als in der Oberpfalz. 4) Heute habe ich die erste Melone zum Frühstück gegessen, aber, vorzüglich schön war sie gewiß nicht; und Herr von dem Bussche fand sie sogar schlecht. Ein Stück kostet 15 sols. 5) Prunes de Monsieurs, die wir zu 1ten Male bey Tische hatten, waren von Ansehen hübsch, aber noch sauer; so, wie die Reine clode, die man uns Gestern und Ehegestern zum Dessert gab. Birnen habe ich schon gesehen. Nicht gekostet. August, den 5ten. Heute Vormittag gelesen, und am Comte d'Albert übersetzt; denn ich will nichts mehr in Paris sehen, weil ich nicht mehr hier seyn sollte. Mittags mit Herrn von dem Bussche zu Hause gegessen. Und ihm rund meine Meynung erklärt, daß ich nicht länger hier bleibe als bis Mittwoch. Daß ich Morgen meinen Coffre vorausschicke, wenn er auch mit seinem noch nicht fertig wäre. Indessen muß ich sehen, ob er Morgen vom Minister, bey dem wir zu Mittage sind, seinen Paß erhält. Denn er hat mich versichert, daß er Morgen Vormittag mit allen seinen Geschäften in Paris fertig würde. Abermals auf sein Ehrenwort versichert. Aber ich bin auch gewiß nicht abermals die Düpe von diesem Ehrenworte, wie in Epernay. Es ist Heute sehr warm. Und ich gehe eben so wenig aus dem Zimmer, wie Gestern. den 6ten. Vormittags Gelesen: Histoire d'un Detention de 39 ans dans les prisons d'Etat. Ecrite par le Prisonnier (de la <Tude>) lui-mème. Die Haare stehen einem dabey zu Berge. Mercier führt folgenden schönen Vers an: L'esprit d'un seul s'épuise et non L'esprit humain. et il dit après de son propre chef: L'espèce entière ne fait pas ce que fait tel Individû à l'oil d'aigle. Auch sehr wahr, aber dieser einzige mit FalkenAugen, ist dann auch nur ein Theil der Menschheit. Als Heute Morgen Herr von dem Busche zu Hause kam um sich anzukleiden, war er voller Freuden, daß die Zeitungen in Holland Krieg verkündigten und sagte, er müsse eilen, nach Brüssel zu kommen, um zu sehen, ob er nicht dahin Briefe bekommen habe, die ihn zur Armee riefen; in welchem Falle er gleich von da nach Nimwegen abgehen würde. Sollte diese seine Freude über den Krieg wohl wirklich wahr seyn? Ist es möglich, daß ein sonst vernünftiger Mensch, der NB. leben kann, ohne abhängig zu seyn, in fremden Diensten Krieg wünsche? Wie ist es möglich, daß ein Mensch, der so sehr alle Arten von Bequemlichkeit, sogar den Schlaf fast übermäßig liebt, Krieg wünschen kann, der nicht zur Vertheidigung des Landes geführt wird, worinn er sein Eigenthum hat. Welch ein Egoismus, seiner Brüder Blut zu vergießen, die ihn so gar nie persönlich beleidigt haben, um allenfalls einst Herr Obrist oder Herr General zu heißen? Denn wer um der Beute Willen in den Krieg geht; ist etwas ärger, als ein Miethling, und würde mit allen Reichen einzelnen Krieg führen, wenn nicht criminal Gesetze es hinderten. Aber Weichlichkeit ist Schwachheit, und Mercier bemerkt, daß die Pariser Damen, am spätesten ihren Blick von der entsetzlichen Execution Damiens abgewendet haben!!! Mittags beym holländischen Ambassadeur von Branzen. Dieser gestund mir nach Tische, daß Herr von dem Bussche den Paß, den er ihm heute zugestellet, nicht früher habe haben wollen. Gott, wie izt Herr von Bussche mit mir umgesprungen ist, da ich es ihm nicht verstellt habe, und wenn ich das gewollt, es nicht gekonnt hätte, daß meine Seele über den langen Aufschub traurig war, und seyn wird, bis ich aus Ungewißheiten gerissen seyn werde, die einem vernünftigen Menschen nicht gleichgültig seyn können. - Herr von Branzen ließ sich nach Tische in ein sehr vertrauliches Gespräch mit mir ein; und diese Höflichkeit hätte ich dann freylich Herrn von Grimm zu verdanken, weil er manches zu meinem Lobe erzählt hatte. Von Grimm war nicht zu Tische, und macht mir sehr freundschaftlich den Krieg, daß ich alles so verstellter Weise mit meiner Oper vorgegeben hätte, um nur nicht bey ihm zu essen, er habe sich also - wie er in Gegenwart des Wirthes (wie mich deuchte etwas übereilt) sagte, bloß meinetwillen bey einer andern Gesellschaft loß gesagt, um in der meinigen bey Herrn Ambassadeur - zuzubringen. Als wir nach Hause fuhren, sagte mir Herr von dem Busche, er wolle die Briefe von Brüssel hier kommen lassen; und wenn ihn solche nicht nach Holland ruften, so wolle er, da diese Briefe den Freytag hier wären, gleich hernach den geradesten Weg, über Straßburg oder Landau nehmen, und sich bis Darmstadt gar nicht aufhalten. Ich erwiederte, mein Plan sey endlich einmal ganz fertig gemacht. Ich würde Mittwochs mit einem Cabriolet, das mir des Langes überließe abgehen. Nun fing er an, mir allerley Vorstellungen zu thun, die darauf hinaus liefen, was man davon sagen würde, wenn wir einzeln, und zwar so nahe hinter einander zurück in Deutschland kämen. Dieß beantwortete ich dadurch, daß ich mich nicht in Straßburg, Carlsruh, Heidelberg und Auerbach aufhalten, sondern über Speyer, Mannheim und Mainz gehen könnte. Er meinte aber, man würde es dennoch erfahren. Und legte es aufs Bitten, besonders deswegen, weil er alleine auf der Reise zu viel Langeweile haben würde. Auf meine Einwendung, daß ich umso weniger von meinem Entschlusse abgehen könne, 1) weil ich von ihm gewöhnt worden, mich auf sein Wort nicht zu bauen, und er also künftig hin wie bisher, mich von einem Tage zum andern täuschen und hinhalten könnte; und zweytens müßte ich ja dennoch, wenn er nach Holland gehen müßte den Weg alleine machen, und wäre also der Zeitverlust bloß auf meiner Seite. Er versprach mir dann bey seinem Ehrenworte: künftigen Sonnabend mit mir über Straßburg oder Landau abzureisen, und sich vor Heidelberg nicht aufzuhalten, sondern mir vielmehr seinen Wagen bis Frankfurth zu geben, und sich zu jener Reise einen andern zu kaufen. Ich habe nachgegeben, weil ich auf eine oder die andre Art dennoch <früher> in Weimar seyn werde, als wenn ich mit über Brüssel ginge, wegen der Ruhetage auf jenem Wege, und auch, weil ich auf diese Weise die Briefe von Brüssel noch früher bekomme, als wenn ich Uebermorgen weg gegangen wäre. Ich hatte Heute Morgen an des Langes geschrieben, und er hatte versprochen, heute Abend zwischen 7 und 9 Uhr zu mir zu kommen. Er ist aber nicht gekommen. So genau hält man auch in Paris auf sein Wort! Denken denn die Menschen nicht daran, wie viel in der menschlichen Gesellschaft darauf ankommt! Wenn nicht Heute Nachmittag die andre Abrede genommen wäre, so hätte mich dieses Nichtworthalten des Monsieur des Langes einen ganzen Posttag zurück werfen können. Heute Mittag habe ich auch Herrn Hawkins, eine Addresse gegeben, wohin er mir ein Dutzend Federmesserklingen schicken wird, nämlich: entweder an Nagant, oder an Madame Wiedemann. Weil Hawking Herrn Raspe recht gut kennt. den 7ten. Meinen Coffre spedirt Heute Morgen habe ich durch Herrn Sieber meinen Coffre an Sieur Abraham, Commissionaire des Voiture par Routiers, unter Addresse an Herrn Dyk im rothen Hause zu Frankfurth abgeliefert. Herr des Langes kam um halb 8 Uhr zu mir und entschuldigte sich, daß er Gestern nicht gekonnt habe. Er war erböthig, mir sein Cabriolet sehr wohlfeil, wie er sagte, zu 20 Louis d'or nämlich zu überlassen, und es in ein Paar Tagen dermaßen in Stand setzen zu lassen, daß ich damit bis Petersburg reisen könnte. - Ich will das Ding, der Wohlfeilheit, und des Nothfalles doch sehen. - Geld sagte er, hätte ich bey ihm eine Million Credit, und ein Hundert Stück Louis d'or könne er mir gleich mit der größesten Bequemlichkeit geben. Ich sagte ihm, wie seit Gestern die Sachen stünden, und ließ alles so, bis auf Weitere Veränderung gut sein. Mittags bey Master Hawkins. Abends Oper Panurge, ou la fête de Lanternes. Eine Farce mit großem und prächtigen Specktackle, das aber auch bunt war. Die Ballette war schön. besonders aber ward am Schlusse des letzten Acts ein Pas de quatre, von zwey heroischen und zwey gracieusen Personen getantzt, dergleichen ich von force und souplesse noch nie gesehen habe. Auch wollten sich die Pariser dabey fast todt klätschen und schreyen. Gerade als ob man kein Vergnügen ohne Schreyen und Klatschen genießen könnte. Abends alleine, wie gewöhnlich zu Hause. den 8ten Wir wollten Heute noch Einmal zu Monsieur Armand gehen und ich war in der Loge des Amis réunis zum Mittagessen gebeten, und des Langes hatte selbst die Attention, um 2 1/2 Uhr seine Equipage zu schicken: Aber ich hielt es wegen einer Art Anwandlung von Magenkrampf für besser, zu Hause zu bleiben, und strenge Diät zu halten. Die Operett Nina hätte ich allerdings noch gerne Einmal gesehen. Aber, besser sich hier gepflegt, damit nicht ich an einer Unpäßlichkeit gegen Sonnabend schuld sey! - Ich habe bis 7 Uhr zwischendurch, im Bette im Tableau de Paris gelesen. Ich habe doch, wie mich deucht, manche Stelle gelesen, wo ich vergleichen kann; und wo es mir scheint, daß er ein wenig, auf Kosten der strengen Wahrheit nach epigrammatischem Witz hasche! - Aber folgende Stellen sind schön gesagt: Une Ame grande, active et forte est bonne á tout. Im 6 Tome: Chapitre: 720. pagina. 238. sagt er etwas von dem Para foudre ascendante, welches mir nicht nur überhaupt, sondern auch, wegen der Anwendung auf den Magnetismum animalem aufgefallen ist. den 9ten. Geschrieben an Baudrois, an Herrn von Bernstorff pour prendre Congé. Interressante Unterredung mit Mister Hawkins, Mitglied des Parlaments von England, über die beste Art, gemeinnützig zu werden. Ein Mann, der es verdient, erleuchtet zu werden. Unter anderen Dingen die Monsieur de Langes von mir zu haben wünscht, ist Johannisberger, und Tockayer, das heißt, von dem besten Unger Wein (wenn er ihm auch die Flasche 36 Livres kostete) auch die deutschen Vögel vom Harz und dem Thüringer Walde. Er wäre zufrieden, wenn ich ihm einen Expressen mit einer Ladung hiervon schickte. Allein, dieser brave Mann, soll sich über die Nische wundern, die ich ihm machen werde. Nämlich ihm die Vögel gezeichnet zu schicken und ihm, das, was die lebendige Envoie gekostet haben würde, mit 6 Monath Atzung auf Madame le gros anzuweisen. Ich habe Heute Morgen ein Billet vom Monsieur de Bondy erhalten, welches außer seiner übrigen Curiosité auch beweiset, daß ich seit 5 Wochen nicht mehr mit meinem Willen hier bin. Des Abends Um 5 Uhr ging ich (denn Herr von dem Bussche hat sich seit langer Zeit nicht mehr darum bekümmert, ob die Wege, die ich zu machen hätte, nahe oder ferne wären, deswegen ich dann auch gar nicht nöthig habe, auf ein Dedomagement der Remise gegen ihn, eben so wenig, als der des Valets de place zu denken) mit Müller aus, um noch einige kleine Empletten zu machen, und der Bequemlichkeit wegen, blieb ich im kleinen Theater de Monsieur de Beaujelois - NB. Herr von dem Busche wollte mich nach Paris hin, und auf seine Kosten wieder zurück führen. von diesem Accord, ohne den ich die Reise nicht gemacht hätte, ist der Herr Hofrath Voight völlig Zeugen. Aber er ist auch davon Zeuge, daß ich den 21ten May in Paris zu seyn, und höchstens dort 4 Wochen da zu seyn, mit Herrn von Bussche verabredete. Nach dieser Contractmäßigen Verabredung unter honetten Menschen, wäre ich am Anfang, oder spätestens in der Mitte des July, wieder in Weimar, und in meinen Geschäften gewesen. Herr von dem Bussche hat mich, wie er wird, weder leugnen können noch wollen, auf 6 Wochen, in meiner besten Zeit des Lebens, für mich und das Publikum getödtet! Bin ich ihm, oder ist er mir Satisfaction schuldig? Das soll der Herr Hofrath Voigt in meine Seele entscheiden. Und will es Herr von dem Busche nicht gelten lassen: so soll bey mir die Dankbarkeit gelten, und nicht, was sonst streng Recht wäre. Hält mich Herr von dem Bussche länger auf, als Uebermorgen, so bin ich von aller Dankbarkeit frey gesprochen. Denn alles hat seine Gränzen. --- den 10ten Nach einem Gewitter, diese vorige Nacht, hat sich die große Hitze, die wir hier diese Woche hindurch gehabt haben, ein wenig gelegt. Gourgouran. nennt man den gestreichten und modischen Kleiderstoff: von halb seide und halb Baumwoll. Heute habe ich 20 Carolinen von Herrn de Langes genommen, theils, um gegen jede Geldverlegenheit auf der Rückreise sich<er> zu seyn, theils, um ihm mein freundschaftliches Vertrauen zu beweisen. Ich werde ihn gleich von Frankfurth aus, durch Herrn Willemer bezahlen lassen. Alles, was ich noch bis Heute vom Herrn von dem Busche gesehen und erfahren habe, lehret mich deutlich, daß er bey seinen manchen andern sehr guten Eigenschaften eine hat, die ihnen auf der andern Schaale das Gleichgewicht hält. Und das ist sein Egoismus. Ich habe noch keinen Menschen gesehen, der mit der Zuversicht fodert, daß sich alles nach ihm richten soll und schreibe dieß nicht hin, daß es ihm ein Geheimniß bleiben soll. Hätte ich nur die Hälfte von dem vermuthen können, wie er sich besonders seit 14 Tagen gegen mich betragen hat, ich hätte ihn gegen 1000 Carolinen nicht nach Paris begleitet! Heute unter andern das Zaudern, das recht mit Fleiß Zaudern, um ja recht spät zu Tische bey Monsieur de Bondy zu kommen, da ich ihm doch ordentlich bittend gesagt hatte, daß ich durch einige Tage hindurch streng gehaltene Diät äußerst hungrig sey, hat mich in der Bemerkung bis zur Gewißheit bestärkt, daß er die Menschen gerne scheeren mag, es mag ihnen noch so wehe thun. - Ich fange an zu vermuthen, daß er Fürwand sucht, auch noch Morgen nicht zu reisen. Thut er das, so hat er meine Achtung auf immer verlohren. Und er mag dann erfahren, daß Achtung weder auf Reichthum noch auf Geburt, sondern auf einem guten Charakter ruhet, wozu Wort halten ganz nothwendig gehört. Abends noch mahls mit de Langes in der Oper. Glucks Iphigenia in Tauris, mit herzlichem Vergnügen gehört, und habe damit die Pariser Schaubühnen geschlossen. In der Oper des Langes mit Hawkins bekannt gemacht. den 11ten. Gestern Abend spät, da ich schon, wie gewöhnlich, einige Stunden geschlafen hatte, kam Herr von dem Bussche zu Hause, und rauchte vor meinem Bette noch seine Pfeife. Er war sehr grämlich, klagte gleichwohl über kein Leibesgebrechen, bloß hatte er sich ein sehr kleines Fleckchen Haut vom Schienbeine gestoßen. Für einen Soldaten war es nichts! Ich schloß aus diesem grämlich seyn, nichts Gutes für unsre Abreise! - Heute frühe setzte ich mich an meine Arbeit bis 11 Uhr, Herr von dem Bussche erschien nicht. Ich ging zu ihm und fand ihn im Bette. Auf meine Frage, wie er sich befände? Schlaf. Auf meine Anzeige, was die Glocke sey, unwilliges Umkehren im Bette! Immer die selbe Scene, von halber Stunde zu halber Stunde, bis 2 Uhr. Als mir endlich dieses Spiel die Geduld erschöpfte, da es so heilig abgeredet war, Heute Abend abzureisen: so sagte ich ungefehr folgendes: Lieber, kommen Sie nicht mit zum Des Langes? Antwort: die Schwerenoth! wie kann ich! ich liege hier, wie ein Hund an Krämpfen. Frage:. Das thut mir herzlich leid! - Es ist also wohl keine Hofnung heute Abend abzureisen? Antwort. In etlichen Tagen noch nicht. - (Pause, und <vor mir> Zeichen, des tiefsten Gefühls der Traurigkeit und des Unwillens.) Frage. Lieber Herr von dem Bussche Haben Sie noch irgend einen Grund, es mir übel zu nehmen, wenn ich, meiner andern Pflicht nach suche, bey dieser neuen, undefinirten Ungewißheit, mich nach dem Mittel der Diligence umsehe. Antwort. Wie könnt' ich Ihnen das Uebelnehmen! Wenn Sie einmal so pressirt sind. Aber ich kann doch nichts davor, daß ich krank bin! Ich: Mein lieber Freund wenn Sie wirklich krank sind, so glauben Sie nicht, daß ich der Schurke seyn könnte, Sie unter fremden Leuten, So krank zu verlassen: - Oh jetzt muß ich nach der Post gehen. Er. In Gottes Namen. Ich gehe also hin, in der Absicht, Trotz alle dem, was Hitze und andre Unbequemlichkeiten Abschreckendes haben möchten, mir und Müllern einen Platz auf nächsten Montag zu bestellen. Alle Plätze waren aber schon bestellt. Ich gehe also wieder nach Hause, und sage Herrn von dem Bussche diesen so erfreulichen Umstand. Es schien bey ihm weder Betrübtniß noch Theilnahme an meiner Lage zu erregen. - Ich verliere weiter keine Worte, ohne meinem Gesichte schweigen zu gebieten; und gehe mit seinem Complimente und Entschuldigung zu Monsieur de Langes. Zum Glück findet sichs, daß dieser ein Cabriolet hat, das die Reise aushalten kann. des Langes läßt es von einem Sattler Taxiren, und dieser Taxirt es auf 480 Livres. Ich lasse dieses gleich nach dem Essen nach dem Logis fahren, um noch heute Abend fortzureisen. Herrn von dem Bussche finde ich aufgestanden, aber klagend über Magenkrämpfe. Indessen verlangt er eine Parthie Taccadiglio zu spielen, und ich nehme die Parthie an. Bald darauf kommt das Cabriolet an. Er fragt: was kommt da für eine Chaise? Ich stehe auf, sehe in den Hof, und sage: das ist mein Wagen. Hierbey muß ich anmerken, daß es dem Herrn von dem Bussche weder aufzufallen, noch unangenehm zu seyn schien. Nur fing er an, ein halbes freundschaftliches, halb spöttisches Lachen zu äußern, und zu fragen: wie ich gedachte, es in einem so engen Wagen <nebst> Andre<n Personen> auszuhalten. Meine Antwort war: Da Sie es nicht übelnehmen, daß ich allein reise; so habe ich auf keine Art von Unbequemlichkeiten zu rechnen, wenn ich nur nach Hause kommen kann. Frage. Aber, wenn Sie denn so entsetzlich zu treiben haben, so nehmen Sie doch lieber meinen Wagen bis Frankfurth. (Hier kam sein Medikus, der nicht angenommen werden sollte. Als er sich aber eindrang, kein Wort von einer Krankheit des Herrn von dem Bussche zu hören bekam.) Es ward über mein Treiben zum Abreisen, und über den Kauf eines Cabriolets, das für mich und meinen Bedienten viel zu eng sey, brav gespottet, und Monsieur Coulon, hatte gleich eine Superbe Diligence für 30 Louis d'or, aus Freundschaft mir zu über lassen. Da dergleichen Freundschaften bekannt sind, blieb ich dabey, ich habe das Ding einmal gekauft, und so wolle ichs versuchen. Als Coulon weg war, fing <von> dem Bussche von Neuem an, mir seinen Wagen, als eine Schuldigkeit, wegen seines Versprechens vom vorigen Montage zu offeriren. Ich war so glatt, dieß Anerbieten anzunehmen, mit der Versichrung, des Langes sey genug mein Freund, um es nicht übel zu nehmen, wenn ich den Kauf, als mir nachtheilig wieder aufriefe. Nun war die Schwierigkeit, ob die Chaise auch im Stande sey. Wenn sie das nicht ist, war mein Wort, so behalte ich das Cabriolet: Ueber dieß Gespräch kam des Langes, um mich noch einmal zu besuchen. Ich sagte ihm: er möchte sein Cabriolet zurück nehmen, weil Herr von dem Bussche mir seine Chaise bis Frankfurth geben wolle. Er war dazu sehr bereit willig. Nun kam es auf den Unterschied der Pferde zwischen Cabriolet und Chaise an. Es erwieß sich, daß ich vor die Chaise, wofern ich den Coffre darauf behielte, nicht weniger als 4 Pferde bekommen würde. Dies machte verschiedene Louis d'or Unterschied in den Kosten. Endlich sagte Herr von dem Bussche er wolle den Koffer da behalten, damit ich gewiß mit 3 Pferden fort kann. - Nun entstand eine andre Schwierigkeit, wegen der Deichsel und Gaffel. An die Erste geben die Postmeister nicht anders, als 2 oder 4 Pferde. Ich würde also 4 Pferde nehmen müssen. Mein Ausweg war, so gleich eine Gaffel machen zu lassen. Und die Nachricht kam, das Werk sollte in einer Stunde, also um 7 - 8 Uhr fertig seyn: und nun gab ich Befehl die Pferde um 9 Uhr zu bestellen. Hatte Herr von dem Bussche diesen Ernst nicht erwartet, oder was sonst? Kurz, er ward nachdenkend und brach endlich seufzend aus: So! also werden Sie wohl 24 Stunden früher in Auerbach oder in Frankfurth ankommen, als ich. Denn wenn ich die Nacht erträglich gut schlafe, so fahre ich gleich den Tag darauf ab. aber ich muß mich dann betrinken, um die Langeweile des Alleinfahrens nicht zu fühlen. Ich: Müller! laß Er die Pferde noch nicht bestellen! Herr von dem Bussche mich treibt kein Eigensinn. Ich bin kein Kind, um bey meiner Börse, in Vergleich mit der Ihrigen, nicht lieber mit Ihnen, als alleine zu fahren. Nur endlich muß ein Ziel seyn. Können Sie Morgen Abend, oder Morgen Frühe fahren, ohne sich Unterwegs zu lang aufhalten zu wollen: Sie sehen, ich habe die Pferde abbestellen lassen, und will warten. Aber nur bis Morgen Nahmittag, da muß es entschieden seyn. Er.O ich denke wohl, es soll gehen! Es wäre doch besser. Nun war der Wagener mit der Gaffel fertig, und ich habe dafür 24 Livres gezahlt. Wir haben den Abend mit einander freundschaftlich zugebracht. Aus einigen, Herrn von Bussche entfallnen Worten hab' ich wohl gemerkt, daß es sein Ernst nicht sey, Morgen, auch bey der besten Gesundheit zu reisen. Mags doch! so reise ich! Auf sein Wort, auf seinen Schwur kann ich mich Leider! nicht mehr verlassen. den 12ten. Heute Morgen Herr von dem Bussche abermal bis 11 Uhr im Bette. Er beklagte sich zwar noch, aber als er aufgestanden, meinte er doch, es wäre ihm schon viel besser, als Gestern. Er fuhr zu Sykes um eine für ihn allerdings sehr nöthige Emplette zu machen, und von da wollte <er> nach dem Bade. Als er gegen 2 Uhr zu Hause kam, klagte er, daß er Sykes nicht zu Hause gefunden. Im Bade aber wäre ihm recht wohl gewesen. Er bot mir eine Parthie Toccadiglie an. Als wir uns setzten, fing er an: er könne mir freylich nicht mehr zu muthen, auf ihn zu warten, und wolle mir auch nicht, wenn ich darauf bestünde, alleine zu reisen, davon abrathen, aber er wolle mir nur bloß historisch sagen, daß er, wenn er sich Morgen so befände, wie Heute, im Ernste, wo nicht den Montag, doch den Dienstag abreisen würde. Ich ließ mich auf weiter nichts ein, als ich dächte noch, ich reisete entweder mit ihm, oder alleine noch Heute ab. - Résponse: er müsse es sich gefallen lassen. - (Sein Koffer ist wirklich gepackt. Kurz vor Tische kamen endlich die Briefe von Brüssel an. Ich erhielt vom 6 July, von der Frau Gräfin von Bernstorff. vom 9 - - Frau von Schardt - - - Herrn Ludecus - Hufeland 13 July - Ch. d. B. 20 - M. d. B. 3 Kreuzer Porto. Obgleich diese Nachrichten nicht so beschaffen sind, wie ich sie gewünscht hätte: so ist es mir doch viel besser um's Herz, als Gestern. Herr von dem Bussche der auch Briefe bekommen hatte, fing an: nun haben Sie doch Ihre Briefe, und sind in so fern aus ihrer Verlegenheit! Nun käme es Ihnen doch wohl auf ein Paar Tage bis zu meiner völligen Besserung nicht an! "Nun! sagte ich: - auf ein Paar Tage soll es mir aus dieser Ursach nicht ankommen! - Nun das ist brav" antwortete er ganz frölich - Ich habe Sie Heute nicht von Neuem darum bitten mögen. Aber Sie machen mir eine Freude; denn ich fürchte mich vor der entsetzlichen Langeweile, auf der langen Reise alleine zu fahren. - Recht überlegt, kommen die beyden Ursachen zusammen, daß ich ihm einen Gefallen thun, und daß ich selbst dadurch wenigstens 20 Louis d'ors erspare. Die kann ich in der Zeit nicht verdienen, und der Frau Gräfin kann ich wenig nützlich sey, so lange sie nicht, außer dem Hause spatzieren Gehen oder Fahren kann! -- Heute Nachmittag scheint er doch wenigstens ernsthafte Anstallten zu machen! Ich hoffe, er soll Wort halten, denn bis Donnerstag Mittag halte ich mich jetzt gebunden! Also die letzten Lexions in der Geduldschule ausgehalten. den 13ten. Des Vormittags gearbeitet bis 2 1/2 Uhr. Darauf kam Herr Hawkins, der mich des Morgens besucht hatte, und meine Lage, die er merkt, zu bedauern schien, und hohlte mich ab, um bey einem Schweitzer in der Thuilerie zu Essen. von da gingen wir den weiten Weg über den Boulevard nach den Varietés, <(>das Stück im Serail war äußerst dumm lächerlich! über allen menschen Verstand hingeschritten<),> des Abend im Palais Royal soupirt. Herr von dem Bussche hat sein Bruchband zerbrochen. Als ich ihm Gestern von der schönen engländischen Invention sprach, verwarf er sie rund weg; indessen ist er Heute bey Sykes gewesen, bey dem ich solche vermuthete, aber keine gefunden! Er hat auch Coulon besucht, und, wie er sagt nicht zu Hause gefunden. Ohne einen neuen Bruchband sagt er, kann er nicht reisen, und das kann wahr seyn. Aber warum schläft er den ganzen Vormittag, und vertandelt den ganzen Nachmittag, ohne dieses Bedürfniß mit Ernst, in dieser großen Stadt, wo man dergleichen gewiß guthaben kann, aufzusuchen! den 14ten. Den ganzen Vormittag gearbeitet. Herr von dem Bussche schlief bis Mittag. Er drang hernach in mich, mit ihm nach dem Palais Royal zu fahren, um da bey dem Restaurateur Huré zu essen. Gewiß ist es, daß sein Appetit nicht den geringsten Anschein von Unbäßlichkeit verräth. - Ich mußte auf sein Ersuchen an de Bondy schreiben, ob der nicht jemand wisse, der gute Bruchbänder verschreibe. Herr von dem Bussche lief zeitig vom Essen weg, wo ich 10 sous für ihn bezahlen mußte, daß ich also nicht erfahren habe, ob er eine Nachweisung zum Bruchbande erhalten hat, oder nicht. Aber ich fange an, zu muthmaßen, daß es für ihn damit gar keine Eile hat. Ich fuhr mit Mister Blount nach der französischen Comedie, wo le depit amoureux, und le marchand de Smirna gegeben ward. Es war sehr leer, und auch mir ward die Zeit lang. Blount brachte mich zu Hause. Ich arbeitete noch an meinem Buche, und hörte Herrn von dem Bussche nicht zu Hause kommen. den 15ten. Heute ist des Geläutens kein Ende, weil es Marie Himmelfahrt ist. Alle Theater sind geschlossen, und dafür ist Concert Spirituel. Ungeachtet aber meiner Musikliebhaberey, werde ich, um Herrn von dem Bussche zu zeigen, daß ich bloß seinetwegen noch geblieben bin, so wenig da, als anderwärts hingehen. Um 11 1/2 Uhr liegt er noch im Bette, obgleich de Bondy mir einen Mann, den er sucht, angezeigt hat, und ich ihm den Brief um 10 Uhr gegeben habe. Er ist aufgestanden und will um 1 Uhr zu dem Manne fahren. Coulon war um 12 hier, da ließ sich Herr von dem Bussche verläugnen. Nun hat er freylich einigermaßen Recht auf ihn böse zu seyn, weil er auf Besuche und Billets seit dem Sonnabend nicht gekommen ist. Aber den Sonnabend begegnete er ihm auch so sonderbar kalt, oder vielmehr Unhöflich, auf meiner Stube, daß ich den Montag zum Herrn von dem Bussche sagte, wenn ich an Coulons Stelle wäre, käme ich ihm gewiß nie wieder. Indessen kam Coulon Heute zum 2ten Male wieder, da Herr von dem Bussche schon ausgefahren war. Es kommt mir vor, als ob Herr von dem Bussche nachdem ich ihm Heute Mittag ehe er ausfuhr, noch ein mal dringend, aber sanft, zugeredet habe, seine Abreise doch endlich zu beschleunigen oder fest zu setzen (worauf er mir antwortete, daß ihn Nichts mehr aufhalte, als das Bruchband.) mich scheue, zu sehen. Er kam um 2 Uhr zu Hause, stieg aus, ließ mich aber durch den Bedienten ersuchen, ich möchte doch mit zum Essen fahren. Ich bin aber zu Hause geblieben, und habe fast 2 gedruckte Bogen gearbeitet; bey starken Herzklopfen. Länger halte ich diesen Zustand nicht aus. Ich habe alle Anstalten gemacht. Entwischt mir Herr von dem Bussche Heute Abend, so werde ich Morgen früh seine positive Antwort fodern. Giebt er mir keine befriedigende, so kann ich nicht umhin, die Erste beste Stunde, da ich Pferde erhalten kann, alleine weg zu gehen. Auf einen Mann, der so oft sein Wort bricht, läßt sich weiter kein Vertrauen setzen! August, den 16ten. Den Vormittag recht fleißig gearbeitet. Es war sehr warm. Um 2 Uhr hohlte mich Herr von dem Bussche ab, um im Palais Royal bey Huré zu essen. Mister Hawkins. Hier fiel ein Auftritt vor - den ich gerne vergessen will - so bald ich kann - <Er> veranlaßte mich, daß ich früher nach Hause ging, als Herr von dem Bussche, und Pferde bestellen ließ um noch Heute weg zu fahren. Herr von dem Bussche kam bald nach mir zu Hause gefahren, fand mich bereits mit Einpacken fertig - indessen war das Resultat unsrer Unterredung, daß ich noch mit meiner Abreise bis Uebermorgen warten wollte, weil Herr von dem Bussche als dann wahrscheinlich fertig wäre. Gut!! Das ist also Abrede. Abends in den Varietés, wo der jüngere Pope aus Hamburg in die Loge zu mir kam. Also kann ich morgen nach Weimar schreiben, daß ich Uebermorgen gewiß abreise. Chalons sur Marne 1787 den 18ten August Abends 6 Uhr Gestern Vormittags arbeitete ich noch an meiner Uebersetzung des de la Tude. - Herr von Bussche fuhr um 12 Uhr aus wie er sagte, sich mit den Henichten über ein neues Band zu versehen, weil ihm das Erhaltene drückte. Er bat mich auch, mit Ihm, Blount und Hawkins in den Thuilerien zu essen. ich sagte es zu, wenn er mich, weil es weit und das Wetter sehr heiß, abholen wolle. Um 2 Uhr schickte er den Wagen. Er selbst kam erst gegen 4 Uhr. Eins von seinen Hauptvergnügungen Jedermann auf sich warten zu lassen. Bey seiner Ankunft unterhielt er mich mit seinen Aussichten daß er vielleicht künftigen Montag schon abgehen könnte, der Operateur wolle ihm gegen die Zeit alles fertig machen, und wenn das dann paßte, so - u.s.w. - Ich schwieg! Bey Tische schlug er vor, weil er nicht wisse, was er anfangen solle, wir sollten 1 Loge in der Oper nehmen; es komme Jeden nur auf 2 Laubthaler. Ich wollte, meines Plans wegen, nicht gerne <dahin>, ließ mich doch, in der Wahrscheinlichen Hofnung dazu bereden, daß keine mehr da seyn würde. Es ward darnach geschickt, und meine Hofnung hatte mich dießmal nicht getäuscht. Dennoch beredete er Hawkins und Mich, mit hinzufahren, da aber platterdings kein Platz mehr zu haben, fuhren wir drey wieder nach unserm Hause, wo sich Herr von Bussche zu einer Parthie fein ankleiden wollte. Ich hatte in den Thuillerien auf Herrn von Bussches Reden geantwortet: So? so können wir vielleicht erst Montags Nachmittags mit einander <abfahren>! Und er, versetzte, nach seiner gewöhnlichen Art. Ich hoffe ja! Um 6 1/2 Uhr kamen wir zu Hause; da Hawkins mit mir alleine auf meiner Stube war, fragte ich den (er war den Tag vorher mit bey der unartigen Scene gegenwärtig gewesen) was er mir, als ehrlicher Mann, in meiner Lage zu thun riethe. Er meinte, er müsse mich um so mehr rathen, alleine zu reisen, da er wisse, daß Herr von Bussche Heute Abend eine neue Bekanntschaft mit einer Madame Flaisch, zu machen im Begriff stünde, nach der er schon lange vergebens gestrebt hätte. Ich faßte mich also kurz, und ließ für um 8 Uhr noch, oder falls das nicht möglich, auf den folgenden Morgen um 4 Uhr Pferde bestellen, und packte vollends ein. Als Herr von dem Bussche angekleidet, und Mister Hawkins weggegangen war, kam er zu mir, mich zu überreden, ich möchte zu dem Naturkünstler im Pantheon gehen; er wüßte nicht, was er bis zur Zeit des Soupers machen sollte. Nach einigem Kurzen Bedenken, sagte ich's gerade heraus, daß ich die Pferde um 8 Uhr bestellt hätte. Aber Capituliren von seiner Seite; Bitten, ich möchte nur die Paar Tage noch bleiben. Lachen über mein Treiben. und der gleichen Ich sagte ihm, mein Entschluß wäre fest; aber, als Freund müßte ich ihm noch sagen, daß ich sein Engagement auf Heute Abend wüßte und, daß ich also fürchtete, er würde von Neuem in Schlamm fallen, woraus ihm nichts als Ekel und Ueberdruß, nach vielem Verlust an Geld und Wahrscheinlich an Gesundheit ziehen würde. Er protestirte: es wär nur ein juxiger Einfall. Wenn er, wie er noch hoft, Heut Abend triumphirte, so wolle er über Franzosen und Französinnen ins Fäustgen lachen, und daran gehen, in der frohem Ueberzeugung, daß man sagen würde, der Deutsche hat uns überlistet. Ich sagte ihm unter allerley daher gehörigen Dingen, auch folgendes: 1) Eine Frau, die sich den großen Staat, wie er mir von ihr rühmte, zu erwerben gewußt, würde ihre Charmes bey einem deutschen, reichen Baron, nicht gegen eine Fantasie aufs Spiel setzen, und wenn eine Dupe unter beyden entstünde, wäre meine Wette, daß ers würde. 2) Könnte ich selbst ihm nicht zulächeln, wenn er es, wie ers vermuthlich wünschte, erhielte, daß sie mit ihm ginge, und er sie dann an der Gränze, höchstwahrscheinlicher Weise sitzen ließe. Ich mochte diese Ehre nicht gerne mit ihm theilen, und glaubte wirklich, ihm einen Gefallen zu thun, daß ich alleine ginge. Nun begannen die Sollicitations, ich möchte nur bis Morgen Frühe warten, um den Erfolg von Heute Abend abzuwarten. Ich hätte ja, bis Morgen zu bleiben versprochen. u.s.w. Meine laute Antwort war nur: Ich hatte das nur versprochen, wenn Sie Sonnabends mitgingen So aber - -; ich verschwieg, als vergebens, meinen Abscheu auch nur zu Scheinen, ein Complice von einer solchen Intrigue zu seyn. Er fuhr mit dem Spaße weg: ich wäre zu gut, zu sehr Mann von meinem Wort, um Heute zu reisen; das Postgeld für die Pferde Morgen ließe sich mit 1 Laubthaler bezahlen, und nähm' er nicht à Dieu, ich sagt' aber, ich nähm' es. Gegen Neun Uhr fuhr ich, nachdem ich mein Gewissen durch Trinkgelder befreytet hatte, aus der Porte cochère, als er eben herein fahren waren: Unsre Begrüßung, war, des treibenden Postillons wegen kurz. Er: ists denn hol mich der Teufel Ernst? Ich: Natürlich! Er: Ich werde lachen! Ich. das ist mir lieb! besser daß wir beyde beym Abschiede lachen, als daß Einer von uns weint. Und damit fuhr ich ab, so froh, als vielleicht de la Tade es war, als er nach 39 Jahren die Bastille verließ. Hier sitze ich, um 6 Uhr Abends, und habe seit Gestern Abends 20 1/2 Meilen gemacht, voll süßen Vergnügens und Gefühls, über die oft großen, meistens reichen, immer abwechselnden Scenen der Natur; und wenn niemand mein Gefühl berichtigt: so schlägts auch niemand nieder, mit kaltem Wasser nieder. Gottlob! Ich glaube, daß jetzt Herr von dem Bussche von zweyerleyen Eins thun wird. 1) Wenn es ihm mit der Madame la Flaische nicht so geglückt ist, wie ers wünscht, und ihm Sonnabends und Sonntags keine neue Aventüre aufstößt, die ihn faßt und hält, wird er <nachkommen>, um sagen zu können, ich sey, aus bloßer Ungeduld nur ein Paar Tage weg gereiset, wie er. Endlich vergißt er dann, daß ich fast 5 Wochen, von Tag auf Tag, auf ihn gewartet habe; und also endlich einen Entschluß fassen mußte. Aber, wer nicht streng bey der Wahrheit bleibt, in dessen Reden findet man immer die Lücken. - oder 2tens: er findet den Freytag oder die beyden folgenden Abende Etwas, das ihm Spaß, oder wie er sagt Jux macht, und dann ist es wahrscheinlicher, daß er noch lange bleibt, wenn er nicht eine Gesellschafterinn in den neu gekauften Wagen, nach dem er längst umgesehen, ehe er mir seinen alten zur Reise anbot, finden kann. Kurz ich bin der Meynung, daß er entweder sehr schnell, um zu lachen, oder sehr spät, um sich auf seine Art lustig zu machen, nachkommen wird. Metz. den 19ten Sonntags. Nachdem ich Gestern von 6 bis 7 in Chalons das vom gestrigen Dato geschrieben, und ein wenig vorlegt, auch eine sehr vortrefliche Flasche Champagner getrunken hatte; reiseten Wir weiter und sind hier um 3/4 vor Ein Uhr angekommen. Das heißt, achtzehn Meilen in 18 Stunden gemacht. Der Unterschied unter den beyden Provinzen scheint mir merklich zu seyn. Das Land in der Champagne, ist, wo noch das meiste Korn gebauet wird, halb Wein- halb Kornbau. Diese WeinHügel machen ein reitzendes Ansehen. Aber der gemeine Mann ist höchst arm, wie fast durchgehend da, wo Weinbau die Hauptsache. und die Ursach ist bekannt. Doch ist hier der gemeine Mann, witzig, lebhaft, und mager. Er lebt kümmerlich, und trinkt ein Glaß Wein, obgleich den Schlechtesten. Sobald man, soviel ich bey ziemlich heller Nacht wahrnehmen konnte, bey Clermont en argonne in den Elsaß kommt, nimmt der Weinbau nach und nach ab. Die Hügel geben Hofnung, daß die Menschen in dieser Gegend noch einige Zeit länger als die in der Isle de France, und der Provinz Champagne, es werden aushalten könnten, ohne vor Mangel an Feurung, aus zu wandern oder zu verfrieren. Denn hier giebt es noch Waldungen. Freylich auch unangebauete Plätze. Aber, so lange noch kein neues, hinlängliches, dem Ackerbau unschädliches Supplementum des Holzes wird erfunden, und in Gang gebracht seyn, kann es bey Waldungen recht wohl ohne Lohnen nicht abgehen. Wenn man diesseits Verdun, (einen nach alter Art sehr festen, aber höchst armen Orte, dessen Einwohner, alle die ich, (es war eine große Anzahl, die früh um 5 Uhr nach der Messe gingen) gesehen habe, die Sprache auf der Stirne in den Kleidungen, und ungefehr auf der Zunge hatten: Monsieur donnez-nous l'aumone, car nous sommes les nobles sujets, du Roi le plus grand dans l' univers. In einem Dorfe, 3 Meilen weiter kam eine Menge dieser pauvres honteux, die zum Beweiße, daß es keine Bettler wären, sondern nur pour faire honneur à l' honnette étranger passant, voulaient en accepter un petit present: ihr Ave Maria im Latein hersagten. Nachdem ich gegeben hatte, was ich konnte oder wollte, kam noch eine alte Frau; der ich sagte, ich sey mit Geben zu Ende: Allez-au Diable, sagte sie: "que tout malheur vous arrive en chemin.<"> Ich war nun nicht so abergläubig, als Rebsung im Thom Jones, und ließ sie segnen, oder fluchen. - Nach einer Weile, (da hier das Anspannen etwas saumselig ging), kam sie dennoch mit ihro proposition honnette wieder da ich ihr sagte: ma bonne mere, votre Benediction je l'ai deja pour rien! <erwiderte> sie: comment pour rien? Ich: Vous m'avez deja donnez au Diable. Sie: C'est Mr. que ne m'avez rien donné. - Und das sagte sie, als ob sich das von selbst verstünde, und hiermit ging sie trotzig weg. - - Wenn man diesseits Verdun über die Anhöhe ist, kommt man in eine große Pläne, mit Kornbau, ungefehr so, wie die Pläne zwischen Weimar und Gotha. Der Einwohner aber ist, stärker, sieht gesünder aus, und ist, obgleich nicht witzig, wie sein Nachbar in der Champagne, aber, ofener, und Selbstvertrauender auf sich selbst. Wenn man von Gravelotte den Weg nach Metz nimmt, ist die Sicht von der Höhe ins Tal höchst reitzend. Der Steiger hinunter ist, ohne alle Sparniß, mit höchster Sicherheit etwa <schleifenförmig> gemacht. Und hat durchgängig Mauren an den Seiten, die selbst der schwindelnden Einbildungskraft zu ruhen gebietet. De la Chappe, mein alter Bekannter aus Wilhelmsbad ist nicht hier. Ich will dennoch diese Nacht hier ausruhen, weil ich, Ruhe nöthig habe, und, wenn ich auch noch Heute Abend weg, und die dritte Nacht durchreisete, doch nicht vor Dienstag in Mannheim seyn könnte, und das kann ich noch, wenn ich erst Morgen früh um 4 Uhr gehe. Also, geschlafen! Ach! wie süß schläft sichs doch nach 48stündigem Wachen!! 4 Stunden haben mich mehr erquickt, als oft sonst 8 - 10 Stunden ohne Schlaf im Bette zugebracht. Es ist hier eine Kriegsfestung. Man kann nach 8 Uhr nicht mehr, und vor 4 1/2 Uhr des Morgens nicht hinaus. Also Morgen früh 4 1/2 Uhr auf den Weg, hin in die Athmosphäre biederer Freunde!!! - den 20ten Ueber die Oerter gekommen, die das Buch. Postes de Frances besagt. Des Nachmittags ward es gewaltig heiß. Und besonders auf dem Wege von Hemig nach Sarebourg, habe ich die größeste Hitze in meinem Leben empfunden. Es war mir zu Muthe , als ob mir Flammen aus einem glühenden Ofen entgegen schlügen. Um zu wissen, ob es etwan nur eine individuelle Empfindung sei, fragte ich Müllern, wie ihm sey? Und die Antwort war: Entsetzlich heiß. Ich habe bemerkt, und Herr von Busch auch, daß in Paris es immer des Nachmittags gegen 5 Uhr am wärmsten geworden ist. Sollten wir Recht haben? Und warum so? Bey Chateau-Salins, wenn man es besonders von diesseits in dem höchst angenehmen Thale liegen sieht, kann man sich der großen Aehnlichkeit zu wundern nicht umhin, die seine Lage mit Blankenhayn, in Thüringen hat! - Saverner Steige Zabern Landau Mannheim August, den 21 und 22ten. Um 7 Uhr Abends waren wir in Saverne. Weil der Himmel mit Gewittern drohete, so wollte ich es erst abwarten, zu mal da ich den Tag über nichts gegessen hatte, und ließ mir daher Essen machen. (alles sehr billigen Preises) Um 9 Uhr, da das Wetter vorüber hin gezogen war, gingen wir weiter, den Weg nach Landau hin, und verließen die Straße nach Straßburg; weil ich mich dort unter ein Paar Tagen nicht hätte loß reißen können. Die Nacht war ziemlich dunkel, der Weg ungemacht, durch Buschgehölz und es hatte geregnet. Hinter Hagenau ward es indessen immer zunehmend besser; und um 7 Uhr fand ich endlich eine Tasse Caffe, die mich sehr erfrischte. Um halb 10 Uhr waren Wir in Landau. Ich weiß nicht mehr wie viele Schüsseln die Leute mir zum Diner aufsetzten; Und am Ende kostete alles den guten Rheinwein mit eingerechnet nicht mehr, als 4 Livres. Das glaub' ich bemerkt zu haben: in den französischen Orten, wo Garnison liegt, sind selbst die Gastwirthe zu billigen Preisen gewöhnt worden. Mannheim. den 21ten Abends Von Landau über Neuburg 4 Stunden; nach Mannheim 6 Stunden. Hier langte ich um 5 Uhr an. Da den Abend Comedie war, und ich hier, wie an einer Börse erfahren konnte, ob ichs vermeiden könne über Maynz zu reisen; so zog ich mich gleich um, und ging hin. - Der Coadjutor ist höchstwahrscheinlich in Aschaffenburg, weil sein hiesiger Bruder vor ein Paar Tagen dorthin gereiset ist. Das erspart mir zwar den Umweg über Maynz, wird mir aber desto mehr Federarbeit machen. Noch spät schrieb ich an den Graf Ludolf, ob er nicht nach Frankfurth kommen möchte. - Müde! Müde! den 22ten Heute früh sehr erquickt um 7 Uhr aufgestanden. Mein Plan ist gemacht: - Morgen in Frankfurth noch Einiges, und Donnerstags vollends alles zu verrichten. Damit ich Freytags über Wilhelmsbad und Hanau so gehen kann, daß ich Abends in Hanau die letzte Abtheilung meiner Route antreten und spätestens Montags, den 27ten in Weimar seyn könne. Gott gebe nur, daß ich Morgen in Frankfurth solche Briefe finde, wie ich sie wünsche. Mannheim Herrnsheim. Francfort. August. den 22 und 23ten. Ich besuchte um 9 Uhr Madame de Seckendorf. Nahm mit ihr Chocolade und blieb wohl 1 Stunde bey ihr. Sie war sehr gütig freundschaftlich gegen mich, und zeigte ein großes, Interesse an der Frau Gräfin von Bernstorff und der Frau von Schardt. In Ansehung der Letzten sagte sie ausdrücklich, ich möchte beständig ihr thätiger Freund bleiben, wenn mir auch ein gewisser Mann durch seine Eitelkeit und seinen sordiden Egoismum, dieß höchst schwer machen sollte. Sie bestellte auch Empfelungen an Madame de Lichtenberg und Herrn von Luck. Von da ging ich zu Schwaan. Gespräch mit ihm, über die Rezension der Incas in der Berliner allgemeinen deutschen Bibliothek. Seine Kritiken über diese Rezension, betrafen die Worte im Original: je deviens homme, - und Planer. welches ich durch umschweben gegeben hätte, da es doch überschweben heißen sollte. Wenn er auch Recht hätte, so paßt dieses Mikrometer für meine Augen nicht. Da ich gegen Tischzeit zu Hause kam, fand ich Herrn Böck, den ich gestern Abend zu Tische gebeten hatte, im Esszimmer, wo er sich selbst gebeten hatte! - Doch die ganze Rechnung in Mannheim betrug am Ende nur 14 Gulden Also - Madame de Seckendorf hatte mir es hier zuverlässig gesagt, daß die beyden Brüder, vom Coadjutor von Dahlber<g> in Herrnsheim wären, und mir dringende Gründe angeführt, warum ich sie dort besuchen müßte. Ich entschloß mich also dazu; und um es zu können, ohne meinen Plan zu verrücken, ging ich gleich nach Tische ab, so, daß ich bald nach 5 Uhr in Worms war. Als ich hier Pferde nach Herrnsheim haben wollte, sagte mir ein behaglicher junger Mensch im Posthause: die Herrschaften kämen Gewiß Heute Abend herein, um die durchreisenden raren Thiere zu sehen. Ich ließ also wieder abspannen. und um 7 Uhr kam man von Herrnsheim an. Herrnsheim Dies gab eine launigte Scene, und in Folge dieses bell' humeur bat mich Madame de Dalberg ordentlich dringend, ich sollte ein Paar Tage auf Herrnsheim bleiben. Ich nahm das Souper an; bestellte das Nöthige, und Hugo von Dalberg setzte sich zu mir in die Kutsche da wir dann über einige nicht uninteressante Dinge Abrede nahmen. Vor Tische sprach ich mit dem Presidenten und fand ihn über manch Ding sehr zurückgebracht. Er sagte, sogar, er könnte mir jetzt, (nur hätte er die Papiere nicht da) lesen lassen, wozu er 1784 noch nicht die Erlaubniß gehabt hätte. - Weg damit! - Bey Tische kam die Gelegenheit, vom Magnetismus zu sprechen, und ich ward aufgefodert, zu erzählen, was ich davon wüßte, und glaubte. Ich that's; nach Innhalt dieses Journals. Hierauf erzählte Madame de Dalberg auf eine höchst drollige Art, daß sie, (nach Pichlers Verbannung aus Maynz) selbst magnetisirt eine Somnambule gemacht; diese Beichten lassen. Sie habe das Abendmal von ihrem Beichtvater erhalten und sey - gestorben - diese Erzählung werde ich nicht vergessen und bald ausführlich aufschreiben. Frankfurth. den 23. ten Um 11 Uhr fuhr ich ab, über Oppenheim; fliegende Brücke; Groß Gehra und war um 11 Uhr in Frankfurth. Heiß! Heiß! Aber, welch einen sanften Thau ergossen über mein Herz, 2 Briefe, die ich vom 10 und 17 August, aus Weimar vorfand! Gottlob! Gottlob!!! Diese zwey Briefe können mich dahin bringen, auch meinem Körper hier einen Tag Erquickung zu verschaffen! Wir wollen sehen, wie ich Morgen Mittag meine Kraft fühle. den 24ten. Gestern Nachmittag machte ich noch einige Besuche: bey Dr. Hetzler. Ohne Erfolg. Madame Göthe. Ohne Erfolg. Madame Brentano hat mich sehr gebeten, ihr mein Journal mit zu theilen; fest hab ich's nicht versprochen. Aber, vielleicht mache ich einen Auszug für Freunde im Manuskript - Heute Morgen einen Brief vom Graf Ludolf. Auf der Stelle geantwortet, und ihm die Commission in Bonn für Monsieur Armand aufgetragen. - NB. Ich muß ihm auch nächstens über Fritz la Roche schreiben. Schon um 9 Uhr kam Mieg aus Heidelberg zu mir. Er spricht jetzt aus einem andern Tone über den Character des Spartacus und ist gar nicht mehr so eifrig für die Sache. Vielleicht hat er auch der besondern Lage wegen, worin er sich befindet, Ursach, auf seiner Huth zu seyn. Und, was das Pfälzische anbetrift so ist er verbunden seiner Landes Obrigkeit zu gehorchen. Indessen hat er doch auch mir Recht gegeben daß ich Wirksam bleibe, auf die beste Weise, und so lange ich kann. Ich ward zu seiner Schwester zum Mittagessen gebeten, und nach Tische fuhr ich mit Mieg und seiner Frau nach Offenbach zu la Roche. Hierhin kamen auch, Monsieur Grat<..> Madame Bernes, Herr und Madame Willemer und noch die beyden Herrn von Beroldingen; von welchen beyden letztern mir der Hildesheimer noch besser gefällt als der Domherr aus Speyer. Des Abends brachte ich an den Herrn von Brentano zwey goldene Schnupftobacksdosen, mit dem freundschaftlichen Auftrage: er möchte solche so hoch, als thunlich verkaufen und das Geld zu meiner Disposition fürs Erste dort behalten, welche ich machen wolle, wenn mir Madame Brentano geschrieben, was ich dafür erhalten. Dieses Geld ist bestimmt einige Lücken der Reisekosten aus zu büßen. Abends bey Tische traf ich wieder den Herrn Kriegsrath Lehmann aus Magdeburg nebst seinem Asser welche reisen, um Chausées zu besichtigen und kennen zu lernen. Es ist ein plattfüßiger Monsieur! Gestern Mittag hatte er mir schon unangenehm Schnupftoback dadurch vorgehalten, daß er erzählte, er habe in Fulda seinen Bedienten fortgejagt u.s.w. wobey er sagte: Man habe ihm von Obrigkeits wegen zu verstehen gegeben: er habe einen Unterofficier kommen lassen, deme Kerl 50 Prügel geben lassen, und ihm den Lohn, à Hieb 1 guten Groschen an seinem Gehalt abziehen können. Er schien mich necken zu wollen, und drang ordentlich darauf, daß ich mich neben ihm setzen machte. Ich thats. - Nun fing sein Gefärth an, von einem ZeitungsArtikel Gelegenheit zu nehmen, mich zu fragen, ob das Deutsch sey: zu sagen es kostet mich. Als ich ihm antwortete ich hielte es allerdings dafür, ob gleich noch mancher sagte und schriebe, es kostet mir; und die Sünde so groß eben nicht sey: fing Herr Kriegsrath Lehmann an gewaltig zu deraisonniren. - Ueber das Deutschverderben unsrer besten Schriftsteller sich nach seiner Meynung weidlich lustig zu machen, und ging endlich so weit, als einen lächerlichen Fall an zu führen, der seelige Lessing habe in seinen Werken geschrieben: "ich sehe mich in die Felle (statt Fälle) verwickelt". - Hier ward mirs zu arg, zum länger aus stehen, und ich sagte ihm daher: ich sey als Lessings Freund zu lange mit ihm und dessen Schriften bekannt gewesen, um ihn hier unschuldiger Weise in der Erde beunruhigt zu sehen. Ich sey erbötig, eine Summe, welche er wolle, als Wette mit ihm, zu deponiren, daß sich die Stelle in Lessings Schriften nie finden würde. u.s.w. Dies mischte Etwas Wasser in seinen Wein. den 25ten. Ging ich nach Wilhelmsbad um dort zu Mittag zu essen. Hier fand ich den Waldeker Hauptmann von Imhoff, mit einer sehr schönen Frau. Er wollte es nicht wahr haben, daß er den 21ten Juny in Nancy gewesen sey. Und ich ließ es gut seyn. Um 3 Uhr fuhr ich fort, die Nacht durch, ohne mich irgend aufzuhalten, bis ich den 26ten abends um 10 Uhr in Gotha anlangte. - Weimar. 1787 27ten August. Heute, nach dem ich mich von der Fatigue ziemlich erhohlt, noch aber immer die Coligue hatte, die mir kalte und stürmische Witterung von Wilhelmsbad her zu gezogen haben mochte; auch Herr von der Lühe und von Helmold abwesend waren, ließ ich die Herrn Becker und Wehmeyer zu mich bitten. Uebergab dem Ersten das Buch, Instruction du Peuple, und bat den letzten, mich bey Seiner Durchlaucht, wegen meiner Unpäßlichkeit zu entschuldigen, daß ich Selbigen mich heute nicht persönlich zu Füßen legen könnte: zu mal ich gehört, daß man hier die Weimarschen Herrschaften auf der Rückreise von Eisenach erwarte. u.s.w. Nach dem Mittagessen fuhr ich ab. Als ich in Erfurth während da<ß> angespannt werden sollte, nach Herrn Professor Bellermann schicken wollte, kam die Herzogin Amalie nebst dem Prinz Friedrich, Ihrem Bruder vors Haus gefahren. Sie befahl mir mit Ihr hinauf ins Zimmer zu gehen. Mit dem Prinz Friedrich konnte ich der Umstände wegen gerade nicht mehr sprechen, als ich wollte. Er war übrigens sehr gnädig! Um 7 Uhr kam ich endlich in Weimar an, und fand Gottlob, alles wie ichs wünschte. Gott sey Dank für die Gesundheit, die Kräfte und die Thätigkeit, die Er mir auf dieser ganzen Reise verliehen hat!! den 28ten Diesen Morgen schon ist der Prinz Friedrich schon von hier gereiset.
Diese Abreise hat mich aus einer gewissen Verlegenheit, des Erzählens
wegen, gezogen. Quelle: Sächsische Landesbibliothek Dresden © ars una 1994
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